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Presse-Stelle: | ECO-News Deutschland, D-81371 München |
Rubrik: | Politik Datum: 21.11.2003 |
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ATOMMÜLL-ENDLAGER IN SCANZANO JONICO |
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Die italienische Regierung hat am 14. November 2003 - ohne Verhandlungen mit der Region Basilicata und den Stadtverwaltungen - ein Dekret verabschiedet (Dekret N°314, 14 November 2003), das Scanzano Jonico und damit die gesamte Jonische Küste der Region Basilicata zum Friedhof für 80.000 Kubikmeter italienischen Atommüll machen soll.
Das Dekret, das am 19. November 2003 in Kraft getreten ist, und die Realisierung des nationalen Zwischen- und Endlagers bis Ende 2008 vorsieht, könnte das Todesurteil der gesamten Region bedeuten. Die Entscheidung, die ohne Zustimmung der regionalen Regierung gefallen ist - wird mit der "internationalen Krisensituation" und dem daraus resultierenden nationalen Risiko begründet, vor allem in Hinblick auf den seit Jahren in stillgelegten Kernkraftwerken gelagerten Atommüll und die noch aktiven Forschungseinrichtungen, darunter auch das Forschungszentrum ENEA in Rotondella/Basilicata. Das Dekret verstößt nicht nur gegen die Prinzipien der Demokratie, sondern auch gegen die Kriterien der Endlagerwahl, welche die SOGIN spa - von der Regierung "in der Nuklearsache" beauftragte Gesellschaft - selbst im März 2003 veröffentlicht hat.
Der von der SOGIN ausgewählte Standort Scanzano Jonico wird im Dekret mit den einfachen Worten "in Hinblick auf seine geomorfologischen Eigenschaften" begründet. Es ist bekannt, dass weltweit hinter der Wahl der Endlagerstandorte jahrzehntelange wissenschaftliche Untersuchungen stehen. Die Regierung macht keine Angaben zu den Untersuchungen, auf dene ihre angeblich "technische Entscheidung" beruht. Unter den Kriterien, die zum Ausschluss eines Standorts fuehren, nennt die SOGIN spa in ihrem Bericht vom März 2003 unter anderem "Nähe zu Wohngebieten, Überschwemmungs-, Erdbeben- und Naturschutzgebiete". Das CNR ("Centro Nazionale di Ricerca), wichtigstes nationales Forschungszentrum Italiens, hat die Entscheidung der Italienischen Regierung verurteilt und eine Erklärung über die Risiken, insbesondere Erdebeben- und Überschwemmungsrisiken, des gewählten Standorts veröffentlicht (La Repubblica, 19. November 2003).
Die italienische Regierung bedroht mit ihrer Entscheidung die Zukunft einer ganzen Region und riskiert, eine ökonomische, soziale und ökologische Katastrophe auszulösen. In der Basilicata leben 600.000 Menschen, die 60 Prozent ihrer Einnahmen durch Landwirtschaft und Tourismus an der Jonischen Küste erwirtschaften. Mit Hilfe von Fördergeldern der Region, des Italienischen Staats und der EU, vor allem in den Bereichen der Landwirtschaft und des Tourismus, hat sich die Basilicata erst in den vergangenen Jahren wirtschaftliches Gleichgewicht und Unabhängigkeit erarbeitet, einzige Region des Mezzogiorno, die im Jahr 2006 aus der sogenannten "Zielzone I" (depressive Zonen Europas) austreten wird. Das von der Regierung als "sicherster Endlagerstandort Europas" bezeichnete Grundstück befindet sich 200m vom Ionischen Meer entfernt, 500m von wichtigen Touristenstrukturen, 2,5km von Scanzano mit 7.000 Einwohnern, weniger als 10km von Policoro, Montalbano Jonico und Bernalda-Metaponto mit jeweils über 10.000 Einwohnern. Die 40km lange Küste der Basilicata gilt als eine der saubersten Europas, weite Abschnitte stehen unter Naturschutz, wie etwa der "Bosco Pantano", einer der ältesten und bedeutendsten Pinienwälder Italiens. In 40km Entfernung beginnt der kalabrisch-lukanische Nationalpark "Pollino", einer der größten Natur-parks Europas.
Die lukanische Bevölkerung weigert sich, zum Atommüllfriedhof Italiens abgestempelt zu werden. Seit das Urteil gefallen ist, demonstrieren rund um die Uhr Tausende von Menschen friedlich auf den Straßen der Basilicata, um zu verhindern, dass man ihnen nicht nur das wegnimmt, was sie sich mühevoll erarbeitet haben, sondern auch ihre Zukunft. Das komplette Verkehrssystem Süditaliens ist durch friedliche Straßenblockaden lahmgelegt. In vielen Orten sind die Geschäfte geschlossen. Apulien und Kalabrien unterstützen die Protestaktionen, die nicht abflauen sollen, bis die italienische Regierung das Dekret zurückzieht, um auf demokratischen Weg zu einer nationalen Lösung zu finden. Am 18. November hat die Regierung in einer Sitzung mit den kommunalen und regionalen Politikern ihre Entscheidung bestätigt und den Antrag auf eine "offene und transparente Diskussion" zurückgewiesen. Damit verschärft und erweitert sich der lokale und nationale Widerstand. Am 19. November hat sich die Region per Dekret zu "nicht-nuklearem" Gebiet erklärt; außerdem ist eine Verfassungsklage der Region gegen das Dekret in Gang. Am 20. November hat die Regierung den Art. 2 des Dekrets geändert und von einer Zwischenlagerung in den bereits bestehenden Strukturen gesprochen: bleibt das Problem, daß sich die ENEA in Rotondella dafür bestens eignet, und von dort nach Scanzano sind es weniger als 10km...
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