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Presse-Stelle:  natur&kosmos, D-81667 München
Rubrik:Naturschutz    Datum: 29.10.2001
Naturschutz nach dem 11. September
Gerd Pfitzenmaier, Chefredakteur von natur&kosmos, zur wichtigen Frage: Was ist der Sinn unseres Tuns?
Der 11. September 2001 hat die Welt gründlich verändert. Und unser Leben. Denn es gibt kein Tabu mehr. Undenkbares ist plötzlich möglich.

Ich frage mich, ob wir da wirklich noch wichtige Themen anmahnen, wenn wir nachhaken, wie ernst es Politiker mit dem Naturschutz meinen (Interview Seite 12). Oder ist es noch von Belang, über den Zugang der Menschen zur Ökologie zu philosophieren (Essay Seite 32)?

In Berlin diskutiert die Regierung seit Wochen vor allem über Sicherheit - auch über die Verwundbarkeit der Kernkraftwerke (Seite 21). Unsere Manager quält die Debatte, wie sie der neuen Bedrohung für die Gesellschaft begegnen und Terrorschäden noch versichern können. Wir jedoch fragen nach Haselhühnern oder Rothirschen und schreiben über Pinguine.

Wir könnten jetzt auf alte Studien verweisen, die badisch-elsässische Bürgerinitiativen bereits vor fast einem Vierteljahrhundert veröffentlicht haben. Das aber klingt rechthaberisch. Sie wiesen 1977 auf exakt jene Verletzbarkeit unserer Atommeiler durch Flugzeuge hin, die uns nun Angst einjagt. Damals wurde die Warnung vom Verteidigungsminister zynisch abgeblockt: Die Armee sei schließlich "auf Bewegungen im verstrahlten Gebiet eingestellt".

Wir bleiben also trotzdem bei unseren alten Fragen nach dem Schutz der Natur. Sie sind auch heute die richtigen, weil wir sie - gerade jetzt! - für unsere Seele brauchen. Bilder ungestörter Fauna und Flora sind es, aus denen wir Kraft schöpfen, um weiterzuleben. "Was sind das für Zeiten, in denen ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist", fragte schon Bert Brecht. Wie wahr! Und daher ist auch der fortwährende Diskurs über das Wie zum Erhalt der Umwelt in Zukunft für uns Verpflichtung.

"Nachhaltige Entwicklung", betonte in diesem Sinn jetzt zu Recht der Vorsitzende des Nationalen Nachhaltigkeitsrats und ehemalige Forschungsminister Volker Hauff, "kann in einer Zeit großer Unsicherheit Orientierung schaffen."

Was viele Akteure in eben dieser Zeit der Bedrohung nämlich vermissen lassen, ist die Fähigkeit, einen Schritt zurückzutreten und neu nachzudenken. Vielleicht helfen dabei die Gedanken unseres Fotografen Anselm Spring (Seite 6). Er hat Monate vor dem Attentat in New York wahrhaft visionäre Bilder vom World Trade Center aufgenommen. Sie könnten uns Argumente liefern für ein wichtiges "Gespräch über Bäume".

Gerd Pfitzenmaier
Chefredakteur
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(Dieser Text ist das vollständige Editorial des Novemberheftes. Geben Sie es weiter an Freunde und Kollegen im Naturschutz - zum Mutmachen! Alle Seitenangaben beziehen sich auf das Novemberheft. ECO-NEWS-Abonnenten können es wie immer kostenlos per Email bestellen.)



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