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Eines der gefährlichsten Pestizide heißt Baysiston. Es wird vom deutschen Chemie-Multi Bayer produziert und hauptsächlich in den tropischen Kaffeeplantagen, vor allem in Brasilien, dem weltgrößten Kaffee-Anbau und -Exportland, eingesetzt. Weil dieses Bayer-Pestizid in der Kaffeeanbauregion von Minas Gerais mehr als dreißig Bauern und Landarbeiter vergiftete und zwölf davon starben, ermittelte vor einigen Jahren die Staatsanwaltschaft gegen den deutschen Konzern. Laut Umweltgruppe Coordination gegen Bayer-Gefahren (CGB) schätzen Landarbeiterorganisationen die Zahl der durch Baysiston gesundheitlich geschädigten Brasilianer auf mehrere hundert. Die lokale Umweltschutz-Organisation Associação Mineira de Defesa do Ambiente (AMDA) habe deshalb Bayer in seine "Dirty List" der zehn gefährlichsten Unternehmen aufgenommen. Die übliche Ausrede der Pestizidhersteller: Die Arbeiter seien selbst Schuld, denn sie hätten entweder die Gebrauchsanleitung nicht richtig gelesen, oder die notwendige Schutzkleidung nicht getragen. Im Falle von Baysiston, das seit über 20 Jahren in Deutschland verboten ist, muss man tatsächlich entsprechende Schutzkleidung und Atemgeräte tragen. Doch die Realität in tropischen Ländern wie Brasilien ist, dass a) kaum jemand Geld für diese Schutzausrüstung hat und dass es b) faktisch extrem beschwerlich ist, wenn nicht sogar unmöglich ist, bei über 30 Grad Celsius mit schwerer Schutzausrüstung aus Plastik und Gummi in den Kaffeefeldern zu arbeiten. Die nicht gerade als industriefeindlich geltende Welternährungsorganisation (FAO) rät deshalb schon seit Jahren Pestizidhersteller in den tropischen Ländern auf den Verkauf von Pestiziden zu verzichten, wenn für deren sichere Handhabung teure Schutzausrüstung erforderlich ist. Doch der auf diesem Ohr taube deutsche Konzern zog es vor, so CGB, umgerechnet rund 70.000 Euro in einen Hilfsfonds einzuzahlen. Das gefährliche Umweltgift aus dem Hause Bayer ist indes weiter auf dem brasilianischen Markt und den Kaffeeplantagen im Einsatz. In einer Meldung des deutschen Konzerns über "Neue Fungizide für den Kaffeeanbau in Lateinamerika" heißt es: "Neben den bewährten Produkten wie Baysiston® und Folicur® stellen nun Silvacur und Horizon weitere ausgezeichnete Optionen dar. Die neuen Fungizide Silvacur® und Horizon® bieten eine wertvolle Ergänzung für den Pflanzenschutz im Kaffeeanbau in Lateinamerika. Es handelt sich dabei um Kombinationsprodukte aus den Wirkstoffen Tebuconazole und Triadimenol. Sie werden gegen Kaffeerost und andere wichtige Blattfleckenkrankheiten eingesetzt." Mit keinem einzigen Wort erwähnt die ganzseitige Meldung von Bayer die Giftigkeit seiner neuen oder bewährten "Wundermittel". Erst 2005 hatte der Konzern eine neue Werbekampagne zur Steigerung des Pestizidverbrauchs in brasilianischen Kaffee-Plantagen gestartet Die Kampagne Namens "Muito Mais Café (viel mehr Kaffee) pries die komplette Kaffee-Giftlinie der Bayer CropScience an: Baysiston, Temik, Sphere, Kit Café, Folicur und Thiodam. "Wir bieten ein nützliches Programm an und der Landwirt bezahlt direkt mit Kaffee", erklärte der Marketing-Direktor Gerhard Bohne. "Diese Initiative vereinfacht das Leben des Kaffeebauern, denn er bezahlt mit seiner Produktion ohne dafür Geld ausgeben zu müssen." Gentechnik für bessere Löslichkeit Parallel zu neuen chemischen Keulen investiert die Agrarindustrie seit Jahren auch in gentechnisch veränderte Kaffeesorten. So besitzt seit 2006 der global größte Vermarkter von löslichem Kaffee (Nescafé) Konzern Nestlé ein Patent auf Gen-Kaffee, der besser löslich sein soll. Andere Firmen experimentieren mit Gen-Sorten, die koffeinfrei oder gegen bestimmte Herbizide oder gegen Insektenbefall resistent sein sollen. 2004 zerstörten Gentechnik-Gegner in Französisch Guyana eine erste Versuchsplantage mit Gen-Kaffee. Für Millionen von Menschen in den Tropenländern besonders bedenklich sind genetische Manipulationen, um Gen-Kaffeebohnen zu erzeugen, die am Strauch gleichzeitig reifen und sich deshalb kostengünstig mit Maschinen ernten lassen. Sollte dieser Gen-Kaffee eines Tages zugelassen werden, würden Millionen von Kaffeepflückerinnen und Kaffeepflücker ihren Job verlieren. Bereits heute verdienen die direkt mit dem Kaffee-Anbau beschäftigten Menschen am wenigsten. In Brasilien bringt der Verkauf von Rohkaffee den Bauern und Plantagenbesitzern rund 100 US-Dollar je Sack ein, was etwa nur 0,6 Prozent des Endpreises von Kaffee in den Industrieländern entspricht. Folglich verdienen in erster Linie andere am Kaffee-Geschäft, was daran liegt, dass wir es hier mit einem Weltmarktprodukt zu tun haben. Es gibt keine direkte Verbindung vom Kaffeebauern zum Konsumenten. Die Konzerne zusammen mit ihren Zwischenhändlern und Weiterverarbeitern bestimmen den Preis und wer daran am meisten verdient. Gleichzeitig stehen die Produzenten unter einem - leider auch mit Hilfe von Entwicklungshelfern angeheizten - globalen Wettbewerbsdruck. So liegt der monatliche Mindestlohn für Kaffeearbeiter in Brasilien derzeit bei rund 170 US-Dollar, während im neuen, dank Entwicklungshilfe-Förderprogrammen aufstrebenden Kaffee-Anbauland Vietnam die menschliche Arbeitskraft nur etwa 40 US-Dollar im Monat kostet. Deshalb: Wer mit ruhigem Gewissen Kaffee trinken möchte, sollte ausschließlich zu Biokaffee möglichst direkt vom Produzenten greifen. Es gilt den Konsumenten näher an den Produzenten zu bringen: Wer seinen Kaffeeproduzenten kennt, möchte nicht, dass sich dieser mit Pestiziden vergiftet; und wer seinen Konsumenten persönlich kennt, wird ihn umgekehrt kaum ein mit Gift belastetes Produkt anbieten. Voraussetzung dafür ist natürlich ehrliche Aufklärung! Dies gilt nicht nur für Kaffee, sondern ebenso für andere Produkt wie Tee zum Beispiel. Norbert Suchanek Gesundheitliche Folgen von Baysiston "Für die Leute, die das Mittel ohne Schutzkleidung ausbringen, besteht ein hohes gesundheitliches Risiko bis hin zur Lebensgefahr. Eine Vergiftung mit einem derartigen Stoff führt in der Regel zu Muskelkrämpfen, zu Muskelzittern, zu tiefen Bewusstseinseintrübungen und zu Lähmungen der Muskeln bis hin zum Atemstillstand - dem Tod. Mit einem solchen Stoff umzugehen heißt, man sollte einen chemischen Vollschutzanzug tragen, also einen Anzug, der diesen Stoff nicht bis zu der Haut durchlässt. Und man sollte auch ein Atemschutzgerät tragen, damit Stäube nicht in die Lunge gelangen können." Rüdiger Hillmann, Toxikologe der Universitätsklinik Mainz
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