Ein Service von
www.ECO-World.de
 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Ökologisch-Demokratische Partei Bundesverband, D-97070 Würzburg
Rubrik:Politik & Gesellschaft    Datum: 16.06.2007
ödp diskutiert Zukunft der EU-Verfassung/Hochkarätige Referenten zeigten bei der ödp-Veranstaltung Alternativen für eine demokratische Verfassung auf
"Lobbygruppen beherrschen EU - Gewaltenteilung in der EU herstellen - Mehr Bürgerbeteiligung"
Frankfurt am Main. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) veranstaltete in Frankfurt eine Fachtagung zum Thema: "EU-Verfassung - Perspektiven und Alternativen". Dazu hatte die ödp hochkarätige Referenten aufgeboten, denn am 21./22. Juni 2007 findet in Brüssel der Europäische Rat statt. Dort soll auf Initiative der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Zukunft der EU-Verfassung diskutiert werden. Die ödp wollte im Vorfeld der Sitzung des Europäischen Rates gemeinsam mit den Referenten anderer Organisationen Alternativen für eine wirklich demokratische Verfassung für Europa aufzeigen. So fordert die ödp beispielsweise alle demokratischen Rechte für das EU-Parlament, die Streichung des Euratom-Vertrages aus dem Verfassungsentwurf, den Schutz von Ehe und Familie sowie das Verbot von Angriffskriegen analog zum Artikel 26 des deutschen Grundgesetzes. "Zu Europa gibt es keine Alternative, denn man muss auch positive Aspekte wie z.B. in der Friedenssicherung, der Überwindung des Nationalismus oder dem Umweltschutz sehen, wo viel für Europa erreicht wurde," so die ödp.

Der bekannte Staats- und Verfassungsrechtler Prof. Dr. Hans-Herbert von Arnim von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer betonte, dass die Skepsis der Bürger in Bezug auf den Zustand und die weitere Entwicklung der Europäischen Union groß ist. "Der EU fehlen die klassischen demokratischen Gewährleistungen tendenziell richtigen politischen Handelns. Würde ein Beitragskandidat derartige Defizite aufweisen, hätte er nicht die geringste Chance, in die EU aufgenommen zu werden", skizzierte von Arnim die Lage der EU. Um die Bürger zu beteiligen, brauchen wir eine europäische Diskussions- und Streitkultur. Derartiges kann nur durch europaweite, d. h. nicht auf einzelne Mitgliedstaaten beschränkte, Wahlen und durch Volksabstimmungen erreicht werden, was gleichzeitig europaweit agierende politische Parteien, die diesen Namen verdienen, voraussetzt. Der Verfassungsvertrag sieht die entsprechenden Institutionen bisher nicht vor, ebenso wenig die derzeit im Gespräch befindlichen "abgespeckten" Versionen. Von Arnim ferner: "Der Staat muss für die Menschen da sein, nicht umgekehrt."

Mehr Demokratie e.V. hat im März die Kampagne "Europa - Nicht ohne uns!" gestartet, so Mehr-Demokratie-Bundesvorstandsmitglied Dr. Michael Efler. Die Ablehnung des Verfassungsvertrages durch die Bürger in Frankreich und den Niederlanden hat gezeigt, dass die EU in ihrer derzeitigen Gestalt nicht mehr das Vertrauen der Bürger genießt und dass auch die EU-Verfassung nicht als ein überzeugender Weg aus der Krise empfunden wird. Ein Europa ohne Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wird dauerhaft keinen Bestand haben und forderte die Einführung von europaweiten Volksabstimmungen. Gemeinsam mit zahlreichen Organisationen der europäischen Zivilgesellschaft schlägt der Verein einen demokratisch gewählten Konvent vor, der einen neuen Verfassungsentwurf ausarbeiten soll.

ödp-Bundesvorsitzender Prof. Dr. Klaus Buchner skizzierte in seinem Statement die übermächtigen Lobbygruppen, die die EU umklammern. "Rund 75% aller neuen deutschen Gesetze sind lediglich die Umsetzung von EU-Vorgaben in nationales Recht. Diese Vorgaben werden zum größten Teil unter direkter Mitwirkung von Lobbyorganisationen großer Konzerne formuliert", erläuterte der Atomphysiker. Nur die EU-Kommission hat in der EU das alleinige Recht für Gesetzesinitiativen. Sie ist daher die "Exekutive", d.h. eine Art Regierung. "Damit gibt es in der EU keine Gewaltenteilung mehr" stellt Buchner klar. Dabei ist zu beachten, dass der kleinste Rechtakt der Kommission Vorrang vor dem deutschen Grundgesetz hat. Zudem schreibe der Verfassungsentwurf neben der oben beschriebenen Struktur auch eine "neoliberale Wirtschaftsordnung bindend vor". Dabei hat der Staat keine Verpflichtung mehr für die soziale Grundsicherung und nur eingeschränkte Möglichkeiten, Schulen und Infrastruktur kostenlos zur Verfügung zu stellen. "Nach dem Verfassungsentwurf entscheidet in Zukunft kein Parlament mehr über Krieg und Frieden."

Der Theologe Peter Schönhöffer von attac Mainz zeichnete ein düsteres Bild von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen: "Die Anpassung an den anglo-amerikanischen Shareholder-Kapitalismus mit (junior-)imperialer Absicherung geschieht zwar schleichend aber mit dem Anschein des Unwiederbringlichen." Der weltweite Widerstand dagegen wächst nicht weniger unaufhaltsam - nicht nur durch die von attac getragenen Aktionen. Schönhöffer setzte dem Kapitalismus-Modell ein "Soziales, demokratisches und nachhaltiges Europa" entgegen - und der laufende Diskurs der Zivilgesellschaft wird es noch markanter herauspräparieren. An die Adressen von Bundeskanzlerin Merkel und der konservativen Parteien in Europa sagte er: "Die Aufnahme des Gottesbezuges in eine solche EU-Verfassung wäre fast schon gotteslästerlich, da nur die Wirtschaft und das Geld Mittelpunkt dieser Verfassung sind."

Richter a.D. Hermann Striedl betonte für die ödp abschließend: "Nicht, weil wir Gegner eines vereinten Europas sind, sondern die Sorge um ein vereintes Europa, wie es der Traum vieler friedliebender Menschen seit Generationen war, erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit der EU, wie sie sich gegenwärtig darstellt, und vor allem mit dem Verfassungsentwurf, der für die EU gelten soll." Schließlich ist klarzustellen, dass die Grundrechte der nationalen Verfassungen nicht durch die derzeit vorliegende EU-Verfassung ausgehebelt werden können. Der pensionierte Richter: "Wo waren die Verfassungsrechtler, die ich noch als Student gehört habe?" Er zeigte sich allerdings angesichts der Uneinsichtigkeit der politischen Klasse ratlos, wie man Europa zu einer besseren Verfassung verhelfen soll.

"Daher hat der ödp-Bundesvorstand kürzlich der Bundeskanzlerin einen Forderungskatalog für eine bessere EU-Verfassung vorgelegt", betont ödp-Generalsekretär Dr. Claudius Moseler. Darin wird u.a. gefordert:

  • Die Menschenrechte stehen im Mittelpunkt.
  • Volksbegehren und Volksentscheide sind einzuführen.
  • Die demokratische Legitimation des Europa-Parlaments ist zu stärken. Dazu ist auch eine gleiche Gewichtung der Stimmen aller EU-Bürger erforderlich.
  • Das Europaparlament erhält alle demokratischen Rechte, insbesondere das Recht der Gesetzesinitiative und das volle Haushaltsrecht.
  • Die Gewaltenteilung ist streng einzuhalten.
  • Die EU-Kommissare müssen entweder direkt von den Bürgern oder vom EU-Parlament gewählt werden.
  • Das Subsidiaritätsprinzip gilt uneingeschränkt.
  • Der Euratom-Vertrag ist aus der Verfassung zu streichen.
  • Die Todesstrafe wird auch im Krisen- und Kriegsfalle abgeschafft.
  • Angriffskriege sind verfassungswidrig (analog Artikel 26 GG).
  • Die Pflicht zur Aufrüstung wird ersatzlos gestrichen.
  • Als Wirtschaftssystem ist die Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft festzuschreiben.
  • Das Tarifrecht ist anzugleichen.
  • Ehe und Familie müssen unter besonderen Schutz gestellt werden (analog Artikel 6 GG).
  • In die Präambel der EU-Verfassung ist ein Bekenntnis zu den christlichen und humanistischen Wertvorstellungen Europas aufzunehmen.
Unabhängig vom Inhalt fordert die ödp: "Die Verfassung muss von allen EU-Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam in einem europaweiten Volksentscheid angenommen werden. Dazu ist sowohl die Mehrheit der Mitgliedsstaaten als auch die der Bürgerinnen und Bürger erforderlich."




Lesen Sie weiter auf www.ECO-World.de, dem Portal für ein bewusst genussvolles Leben & ökologisch nachhaltiges Handeln.