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Azoxystrobin, Captafol, Cymoxanil, Dimetomorph, Dithiocarbamate, Dichlofluanid, Fosethyl, Myclobutanil, Quinoxyfen, Tolyfluanid und 45 weitere Pestizide aus der Giftküche der chemischen Industrie stehen zwar nicht auf der Liste des legendären deutschen Reinheitsgebots für Bier. Zur Bekämpfung der Hopfenkrankheiten und "Schädlinge" wie Botytis, Mehltau, Peronospora-Pilzen, Liebstöckelrüßler, Hopfenblattlaus und Gemeiner Spinnmilbe sind sie jedoch staatlich erlaubte, chemische Kampfstoffe, die je nach staatlichem "Spritzaufruf" auf die Hopfenkulturen zu verteilen sind. Doch nicht alle Hopfenbauern folgen dem Aufruf. Einige wenige, die aber stetig mehr werden, ignorieren ihn: Die Bio-Hopfenbauern. Sie produzieren den bitterwürzigen Pflanzenrohstoff, aus dem das Bier gemacht wird, das wirklich dem Reinheitsgebot entspricht. Denn Spitzmittel der chemischen Industrie sind ihnen verboten, genauso wie der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen. Dafür benötigen die Bio-Felder mehr menschliche Arbeitskraft je Hektar als die konventionellen Flächen. Zugegeben: Gen-Hopfen wächst noch nicht bei den Bauern in der Hallertau, in Tettnang oder im fränkischen Spalt, wo man schon 1538 den ersten Herkunftsnachweis, das so genannte Hopfensiegel einführte. Doch auch in Deutschland forscht man schon seit einigen Jahren an der Genmanipulation von Hopfen. Unterstützt mit Steuergeldern wachsen bereits seit Februar 2003 trans-gene Hopfenpflanzen in Gewächshäusern bayerischer Forscher. Ob der Gen-Hopfen ein (noch) gesünderes Bier oder wenig-stens mehr Jobs schaffen kann, darf bezweifelt werden. Daran glauben wahrscheinlich nicht mal die Gentechniker selbst. Im Gegenteil. Gen-Pflanzen könnten das deutschland- und weltweit seit Jahren andauernde "Bauernsterben" eher noch beschleunigen, befürchten Umweltschützer und alternative Wissenschaftler. Einfalt statt Vielfalt Schon jetzt gaben - parallel zur Zunahme des Arsenals an chemischen Pflanzenschutzmitteln - in den vergangenen Jahrzehnten Tausende von Hopfenbauern auf. Gab es 1953 noch 14.631 Hopfenbauernhöfe mit durchschnittlich einem halben Hektar Anbaufläche, waren es 2003 nur noch 1.788 mit im Schnitt fast zehn Hektar Anbaufläche je Hof. Somit sind in diesem Zeitraum nicht nur rund 88 Prozent der Hopfenbauern inklusive Tausender Jobs, sondern auch eine kleinräumige, vielfältige Anbaukultur verloren gegangen. Nicht an-ders sieht es bei der Braugerste aus, dem anderen wichtigen Pflanzenrohstoff für Bier. Wer sich die Zahlen der Arbeitsplatzverluste in der Landwirtschaft und den verarbeitenden Betrieben, von den Mälzereien bis zu den Brauereien in den vergangenen Jahrzehnten vornimmt, muss sich über die heutigen, hohen Arbeitslosenzahlen und die schleichende Landflucht nicht wundern. Obwohl sich absolut gesehen die Bierproduktion seit Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland in etwa verdoppelt hat, ist die Zahl der Brauerein nicht angestiegen, sondern drastisch zurückgegangen. Von 19.110 gewerblichen Braustätten im Jahr 1880 sind bis heute noch 1.270 übrig geblieben. Und die Zahl der Mälzereien ging von über 200 Anfang der 1960er Jahre auf weniger als 50 zurück: Die "Kleinen" müssen weichen, die "Großen" werden größer. Arbeitsplätze, Regionalität und Geschmacksvielfalt bleiben auf der Strecke. Und wenige Großbrauereien versuchen den Preis für die Rohstoffe wie Braugerste zu drücken, wo und wie es nur geht. Schon "muss" Deutschland ein Drittel der benötigten Braugerste vom Weltmarkt kaufen, weil ihr heimischer Anbau für unsere Bauern immer weniger rentabel ist. "Als Bierbrauer kann man diese Entwicklung mit Besorgnis sehen", klagt Joachim Rösch, der erste Vorsitzende der Braugerstenstelle Südbaden. Bio-Bier schafft Jobs Einen Gegentrend bilden die Bio-Brauereien. Sie nehmen langsam aber stetig zu, schaffen Arbeitsplätze, wo sie benötigt werden. Wer das Massenbier der großen Brauerein in den Regalen lässt und statt dessen zu regional erzeugtem Bio-Bier greift, erhält und schafft deshalb nachhaltige Arbeitsplätze, verringert unnötigen LKW-Verkehr auf den Straßen. Außerdem erspart man damit der Umwelt Tonnen von Pestiziden und die Gefahren von genmanipulierten Pflanzen. Generell muss es Ziel einer vernünftigen Wirtschafts- und Verbraucherschutzpolitik sein, das Bier im wahrsten Sinne des Wortes im Dorf zu lassen: Lokale Produktion, kurze Wege, bester Geschmack, Vielfalt zum Wohl von artenreicher, auch für das Auge schöner Kulturlandschaft und zur Förderung nachhaltiger Arbeitsplätze in den Regionen. Braukonzerne im Übernahmefieber Kaum eine Stadt ist so Stolz wie München auf seine Biertradition. Paulaner, Hacker-Pschorr, Löwenbräu, Franziskaner: klingende Namen - doch den Münchnern gehören sie eigentlich nicht mehr so richtig. Paulaner und Hacker-Pschorr sind längst Teil der Brau Holding International, die zwar noch den Namen München im Titel trägt, aber wiederum zu Teilen der Schörghuber Gruppe und Heineken gehört. Franziskaner und Löwenbräu wiederum wurden längst vom belgischen-brasilianischen Bierriesen Inbev, dem weltgrößten Braukonzern, geschluckt. Nichtsdestoweniger ist Bayern noch immer das Bundesland mit den meisten Brauereien in Deutschland. Hier ist noch die Hälfte der rund 1270 deutschen Braustätten ansässig. Die größte Biervielfalt gibt es aber dennoch nicht in München und Umgebung sondern in Franken, vor allem in Oberfranken, die Region mit der nachweislich weltweit höchsten Dichte an Kleinbrauereien. Norbert Suchanek
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