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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Essen u. Trinken    Datum: 01.03.2001
Flächendeckende Öko-Landwirtschaft ist die einzige Lösung
Vor zehn Jahren befürchteten es wenige. Nun weiß es jeder: Das BSE-Kind ist auch Deutschland in den Brunnen gefallen. Endlich scheinen die Landwirtschaftsminister in Deutschland und der EU zu reagieren. Doch wer glaubt, daß nun endlich die ökologische Landwirtschaft konsequent gefördert wird, befindet sich auf dem Holzweg. Denn statt besonnener Ursachenforschung scheint blinder Aktionismus in den zuständigen Ministerien vorzuherrschen mit dem Ergebnis: The Winner is "Gentechnik"!

Zwar verboten Deutschland und die EU endlich generell die Verfütterung von Tiermehl in der Landwirtschaft. Doch gleichzeitig hoben sie zum Ausgleich das Importverbot von genetisch manipulierten Futtermitteln aus den USA oder Südamerika auf, damit die industrielle Landwirtschaft weiter machen kann, wie bisher. Damit nicht genug. In den USA wird bereits versucht, Gen-manipulierte Rinder herzustellen, die Dank veränderter Proteine im Hirn nicht an BSE erkranken können. Der Teufel wird mit dem Belzebub ausgetrieben.

Dabei gibt es nur einen langfristig sinnvollen Ausweg aus der BSE-Krise, die in Wirklichkeit nur die vorläufig Spitze einer Reihe von Nahrungsmittel- und Umweltkata-strophen ist. Von der Regenwaldzerstörung in Südamerika durch den massenhaften Anbau von Soja-Bohnen für den Export, der Trinkwasserverschmutzung mit Nitrat und Pestiziden bis hin zu mit Dioxinen verseuchten Hühnerprodukten: in allen Fällen liegt die Ursache in der modernen, konventionellen - vom eigenen Grund und Boden und von moralischen Grundsätzen losgelösten - Landwirtschaft. Die Lösung der BSE-Krise kann deshalb kaum in der Symptombekämpfung liegen, sondern nur in der konsequenten - für die chemische und gentechnische Industrie schmerzhaften - Umstellung aller konventionellen Bauernhöfe auf kontrolliert ökologische Landwirtschaft.

Muttermilch ist besser als Milchaustauscher

Kontrolliert ökologische Tierhaltung bedeutet nicht nur, daß die Tiere Art gerecht gehalten werden. Sie bekommen auch ausschließlich ökologisch und möglichst regional hergestelltes Futter. Nach den Richtlinien des Öko-Anbauverban-des Naturland muß dabei mindestens 50 Prozent des Futters vom eigenen Hof stammen. Der Rest darf von anderen ökologischen Betrieben zugekauft werden. Wichtig ist, daß die Öko-Kälber an der Seite ihrer Mütter heranwachsen und "Muttermilch" trinken dürfen (Mutterkuhhaltung). Konventionelle Kälber hingegen bekommen in der Regel statt Vollmilch nur sogenannte Milchaustauscher vorgesetzt, in denen tierische Fette aus der Tierkörperverwertung stecken.

Bereits seit 1984 arbeitet beispielsweise der Hof von Gertraud und Konrad Schützeneder im Osten von Bayern bei Simbach nach ökologischen Maßstäben. Der Betrieb hat insgesamt rund 50 Hektar. 20 Milchkühe stehen in einem großzügigen Stall mit Einstreu und Liegeboxen und ein Zuchtbulle sorgt für regelmäßigen Nachwuchs. Der Hof gehört zum Biokreis Ostbayern, der die Viehhaltung auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar beschränkt. Dies bedeutet, daß die Tiere von der eigenen Fläche ernährt werden können und kein Futter zugekauft werden muß.

Sind Pute, Huhn, Lamm, Zuchtfisch BSE-sicher?

Es ist in der Fachwelt unumstritten: Der kontrolliert biologische Landbau bietet derzeit den größtmöglichen Schutz vor BSE und vor Gentechnik. Wer aus Angst vor BSE von konventionell produzierten Rindfleischprodukten lediglich auf konventionell gezüchtetes Schwein, Huhn, Pute, Schaf, Ziege, Wild oder auf Zuchtfisch umsteigt, könnte möglicherweise aufs falsche Pferd setzen. Denn Tiermehl wurde bis vor kurzem auch an diese Tierarten mehr weniger erlaubt verfüttert. Dabei kann die Forschung seit Jahren nicht ausschließen, daß BSE auch über diese Tierarten auf den Menschen übertragen werden könnte. Dies trifft ebenso auf das angeblich BSE-freie Muskelfleisch zu. Es stimmt zwar, daß im sogenannten Risikomaterial, Hirn, Rückenmark, Nerven, Mandeln, Innereien die größten Erregermengen und damit die größten BSE-Risiken stecken. Doch auch im Muskelfleisch und im Blut könnten BSE-Erreger sein und kein Wissenschaftler kann bisher sagen, wieviele Erreger notwendig sind, um an BSE zu erkranken.

Ob Zuchtfisch oder Lamm: Größte Sicherheit bieten auch hier nur Produkte aus kontrolliert ökologisch wirtschaftenden Betrieben, die keine Reststoffe aus den Tierkörperverwertungsanstalten einsetzen dürfen.

Vergeßt das Alter nicht

Daß die ersten BSE-Fälle in Bayern in kleineren, konventionellen Betrieben aufgetreten sind, bedeutet übrigens nicht, daß kleine Höfe BSE-gefährdeter sind als große Mastbetriebe. Es bedeutet vielleicht lediglich, daß die Rinder auf den kleinen Höfen älter werden dürfen, als in den industriellen Schnell-Mastbetrieben. Denn der aktuelle BSE-Test spricht nur auf sehr hohe BSE-Konzentrationen an, die meist erst in älteren Rindern vorkommen. In Mastbetrieben, die nur Rinder schlachten lassen, die deutlich jünger als 30 Monate sind, kann deshalb BSE bisher gar nicht nachgewiesen werden!

BSE-Tiermehl im Katzenfutter?

Es gibt aber noch weitere ungeklärte und kaum diskutierte Fragen: Was ist beispielsweise mit dem industriellen Futter für unsere Haustiere: Katzen, Hunde, Hasen und Meerschweinchen? Das staatliche Ver-fütterungsverbot von Risikomaterial gilt bisher nur für Nutztiere. Welche Abfallstoffe und Tiermehle gelangen in das Futter unsere lieben kleinen Haustiere?

Wird der BSE-Erreger über den Kot ausgeschieden? Kann er von der mit Tiermehl oder mit Gülle gedüngten Weide in die Nahrungskette gelangen? Was soll mit dem bereits hergestellten aber nun verbotenen Tiermehl und mit den künftig getöteten BSE-Tieren geschehen? Wer kontrolliert, daß diese gefährlichen Reste nicht umdeklariert und illegal außer Landes nach Osteuropa, Asien, Afrika oder Lateinamerika geschafft werden? Haben wir aus dem Skandal mit dem verstrahlten Molke-Pulver, das trotz staatlicher Sicherheitsmaßnahmen schließlich Ende der 1980er Jahre in großen Mengen an die Menschen der Dritten Welt verscherbelt wurde, gelernt? Es geht hier nicht um "Peanuts", sondern um Tausende von Tonnen Tiermehl, Tierfetten und Schlachtabfällen, die an vielen Orten in Europa lagern und darauf warten, verbrannt oder in ein Endlager gebracht zu werden. Allein in Deutschland fallen jährlich etwa 2,2 Milliarden Tonnen tote Tierkörper und Schlachtabfälle an, die bisher über die Tierkörperbeseiti-gungsanlagen (TKB) zu verkaufbaren Produkten weiterverarbeitet wurden. Wer und wie kann kontrollieren, daß mit diesen Abfällen ab sofort kein Schindluder getrieben wird? Schon gibt es den ersten Bericht eines Radio-journalisten darüber, daß rumänischen Landwirten vor kurzem ganz besonders billiges Kraftfutter aus Deutschland angeboten wurde...<

BSE-Info-Tip

Mehr und detailierte Informationen zu "Entstehung und Ausbreitung des Rinderwahnsinns" liefert eine gleichnamige, kostenlose Broschüre der Stiftung Ökologie und Landbau (Tel.06322-8666 / Fax -989701). Sie informiert auch darüber, daß nicht nur in England, sondern ebenso in Deutschland seit 1994 ungewöhnliche CJK-Fälle aufgetreten sind.

Infos zur ökologischen Tierhaltung finden Sie im Internet unter
www.agoel.de von der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau,
oder von den Anbau-Verbänden
www.bioland.de und
www.naturland.de.


Norbert Suchanek


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