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![]() Solange acht weitere AKWs geplant sind und die alten zum Teil erweitert werden sollen, stellt die südkoreanische Anti-Atom-Bewegung Bedingungen für ihre Zustimmung zu einem Endlager. Ihr Vorschlag: Der bisher angefallene Atommüll soll bis zu 50 Jahren bei den jeweiligen AKW-Standorten zwischengelagert und neue AKWs dürfen nicht mehr gebaut werden. Ihre Hauptforderung: Umstieg auf Erneuerbare Energie. Seit Juli 2003 gibt es bis zum heutigen Tag ununterbrochen jeden Tag Lichter-Demonstrationen gegen das Endlager. Auf dem Höhepunkt der Demonstration waren 10.000 Demonstranten gegen die Atompläne der Regierung auf den Straßen. Die koreanische Regierung hat bis zu 10.000 Polizisten eingesetzt, die zum Teil brutal gegen die Demonstranten vorgehen: 41 Demonstranten landeten im Gefängnis, über 400 wurden durch Polizeiangriffe und Übergriffe verletzt. Unter den Verletzten waren auch alte Menschen, Frauen und Kinder. Die Demonstrationen sins bunt, vielfältig und fantasievoll: 300 Fischer machten mit ihren Booten eine Rallye gegen das geplante Atommülllager, ebenso 1500 Autofahrer mit ihren Autos und tausende von Radfahrern. 340 Dorfbürgermeister beteiligen sich, hunderte von Ärzten und Marine-Veteranen. Mönche fasteten und Priester beteten mit den Demonstranten. Eine katholische Kirche ist das Zentrum des Widerstandes. Jetzt, wo es in Südkorea bis minus 15 Grad kalt ist, sind die Kerzen-Demonstrationen allabendlich auf dem Gelände der katholischen Kirche in Buan. Am 18. Juli 2003 nahmen bereits 75 Prozent der Wählerinnen und Wähler an einem ersten Volksentscheid über das Atommülllager teil. 67,5 Prozent stimmten dagegen. 70 Prozent der Schüler beteiligten sich wochenlang an einem Schulstreik. In Buan wächst eine echte Graswurzel-Demokratie. Es gibt Marathon-Läufe, aber auch Musikfestivals gegen das Atommülllager. Unter dem Motto der traditionsreichen koreanischen Widerstandsbewegung "three steps one bow" ("Drei Schritte nach vorn, einmal auf den Boden") machten 1200 Demonstranten einen 49 Kilometer langen Marsch und warfen sich dabei etwa zehntausendmal auf den Boden, unter den Demonstranten waren auch viele Schüler. Kurioserweise haben inzwischen 63 Professoren der Universität Seoul der Regierung vorgeschlagenen, das atomare Endlager unter ihrem Uni-Gelände zu bauen. Auch die südkoreanische Regierung sagt ihrer Bevölkerung, was fast alle Regierungen behaupten: "Wir haben die sichersten Atomkraftwerke der Welt. Das glaubt in Buan aber kaum noch jemand. Am 22. Dezember ist nämlich ein schwerwiegender Unfall in einem koreanischen AKW vom Typ Druckwasserreaktor passiert. Kühlwasser im Primärkreislauf war durch ein Ventil in den Reinwasserbehälter ausgelaufen. Innerhalb von vier Tagen waren danach 3.500 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer gelangt. Beide Sicherungsventile haben nicht funktioniert. Die Einwohner der Region Buan sind seither in einem Panikzustand und unterstützen die Anti-AKW-Bewegung noch stärker als zuvor. Der lapidare Kommentar der Regierung in Seoul zu diesem Unfall: "Das war einmalig und wird nicht wieder passieren." Der Vorsitzende der koreanischen Umweltbewegung, Professor Lee Pil Ryal, hat die atomkritischen deutschen Wissenschaftler Michael Sailer und Lothar Hahn jetzt in einem Brief um wissenschaftlichen Beistand gebeten. Die meisten koreanischen Medien haben bisher über die massenhaften Anti-Atom-Demonstrationen nur wenig und oberflächlich, manchmal auch diffamierend berichtet. Das ist kein Ruhmesblatt für die Journalisten Südkoreas, die doch gegenüber Nordkorea immer Vorbild für einen freien Journalismus sein wollen. Anstatt den Volksentscheid zu akzeptieren, setzt die Regierung auf Zeit. Ende 2003 war sie erstmals zu Gesprächen bereit. Bisher allerdings waren die Gespräche erfolglos. Viele Demonstranten befürchten eine reine Verzögerungstaktik. Der Kampf gegen die Atomenergie ist in Korea noch lange nicht zu Ende. Aber schon heute hat die koreanische Anti-Atom-Bewegung einen Ehrenplatz in der Geschichte der internationalen Bürgerrechtsbewegungen.
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