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Presse-Stelle:  Bund der Energieverbraucher e.V., D-53619 Rheinbreitbach
Rubrik:Energie    Datum: 19.01.2004
"Trübe Funzel" an Energie- und Versorgungsgesellschaft Butzbach verliehen
Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat am 19. Januar 2004 die "Trübe Funzel" an die Energie- und Versorgungsgesellschaft EVB im oberhessischen Butzbach verliehen. Das Verhalten der EVB steht nach Meinung des Vereinsvorsitzenden Dr. Aribert Peters exemplarisch für Kundenunfreundlichkeit, die Verhinderung dezentraler Stromerzeugung und die Schwächen derzeitiger Netzentgeltregelung. Deshalb sei dieser Fall hochaktuell und besonders brisant - weit über Butzbach hinaus.

Der Stromversorger EVB hat die Auszeichnung nach Meinung des Verbrauchervereins verdient, weil er den Hausanschluss eines Stromkunden, Uwe Kolscher, ausgraben lassen will aus Ärger darüber, dass dieser Kunde künftig von seinem Nachbarn den Strom günstiger bezieht. Der Nachbar Dr. Wagner, erzeugt seinen Strom mit einem Blockheizkraftwerk selbst. Der Stromüberschuss genügt auch für den Nachbarn Uwe Kolscher.

Würde Dr. Wagner seinen Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen und der Nachbar den Strom daraus entnehmen, dann wäre für den Stromtransport für wenige Meter ein Entgelt von ca. 7 Cent je Kilowattstunde fällig - mehr als die Stromerzeugung kostet.

Also verlegte man einfach ein Kabel zwischen den Häusern.

Der Nachbar kann sich nun einfach vom öffentlichen Stromnetz verabschieden und die Leitung kappen. Dazu brauchte man nur die Hauptsicherung herausdrehen, in wenigen Minuten möglich. Andere Stromversorger erledigen das ohne Aufheben und ohne dafür Kosten zu berechnen, so zum Beispiel die Stadtwerke Gießen.

Die EVB stellte sich aber erst einmal quer. Die Abschaltung sei nur möglich, wenn das Kabel ausgegraben werde. Das sei so teuer wie der erstmalige Anschluss ans Stromnetz, und man wolle für die Tiefbauarbeiten 1.287,00 Euro in Rechnung stellen.

Nun schaltete sich der Bund der Energieverbraucher ein, dessen Mitglied Dr. Wagner seit Jahren ist. Eine Beschwerde bei der Preisaufsichtsbehörde führte zum Nachgeben der EVB: Das Kappen des Stromanschlusses würde nicht in Rechnung gestellt. Wenn man aber später wieder versorgt werden wolle, dann wäre die Gebühr für die Verlegung eines neuen Anschlusses fällig, nämlich "Tiefbaukosten plus 614 Euro für Hausanschluss plus 10 Euro pro Meter Leitung plus 42 Euro für die Inbetriebnahme". Weder die Besänftigungsversuche der Preisaufsicht, noch des Bundes der Energieverbraucher konnten EVB-Chef Weiß umstimmen: "Wir sind nicht gegen den Wettbewerb. Aber es ist unser verdammtes Recht, den Anschluss zu kappen".

Der Bund der Energieverbraucher e.V. vergibt die Trübe Funzel heute nicht deshalb an die EVB, um die Lacher über diese Provinzposse auf seiner Seite zu haben, männliches Durchsetzungsgehabe bloßzustellen oder auf die Machtlosigkeit privater Verbraucher hinzuweisen.

Vielmehr entblößt das Verhalten der EVB einen neuralgischen Punkt derzeitiger Stromversorgung in seltener Klarheit:

Die Benachteiligung kleiner privater Stromerzeuger durch die geltende Entgeltregelung der Netznutzung.

Sowohl das Energiewirtschaftsgesetz als auch die höherrangige EU-Richtlinie schreiben einen diskriminierungsfreien Netzzugang vor. Wie das Beispiel zeigt, werden kleine und damit private und kleingewerbliche Stromerzeuger in besonders krasser Weise durch überhöhte Netztarife benachteiligt.

Bei der anstehenden Novellierung des Energierechts, die in diesen Tagen zur Diskussion ansteht, verdient dieser Aspekt große Aufmerksamkeit.

Sowohl die Stellungnahme der Verbände privater Verbraucher als auch die der industriellen Verbraucher haben diesen Punkt in ihren Stellungnahmen zur Novelle des Energiewirtschaftsrechts ausführlich behandelt.

Die entsprechenden Passagen der Stellungnahmen sind auf den Internetseiten von energieverbraucher.de abrufbar, dort auf Seite Nr. 1125.

Bundesweite Aktualität erlangt die Verleihung auch durch die derzeitige Novelle der Verordnung für die Versorgungsbedingungen. Denn dort ist festgelegt, dass der Kunde seinen Hausanschluss zwar komplett bezahlen muss, jedoch kein Eigentum an diesem Anschluss erlangt. Der Fall zeigt die absurden Konsequenzen dieser Regelung.


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