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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Mode u. Naturkosmetik    Datum: 02.05.2003
Neue Bio-Mode aus Seide
Öko-Kleider machen Leute - Raupen machen Öko-Seide Von Norbert Suchanek
Die Öko-Modebranche ist erwachsen geworden. Zwar gibt es noch immer mangels eines einheitlichen, kontrollierten Öko-Zeichens Trittbrettfahrer in der Naturtextilbranche. Doch vor allem kleinere Unternehmen bieten ihren Kunden heute tragbare und auch bezahlbare Kleidung, die höchsten ökologischen Ansprüchen gerecht wird. Es gibt funktionelle und formschöne Bekleidung aus kontrolliert biologisch angebauter Baumwolle, aus ökologisch erzeugtem Leinen, mit Pflanzenfarben gefärbt, aus Öko-Hanf und natürlich auch aus Wolle von glücklichen, weil natürlich gehaltenen Schafen und Kamelen. In der neuen Frühjahrs- und Sommermode dominiert als idealer Naturstoff für diese Jahreszeit die Seide.

Eine Legende besagt, dass eine chinesische Kaiserin einst eine versponnene Seidenraupe aus versehen in ihren Tee fallen ließ. Und als sie den Kokon herausholen wollte, entdeckte sie das Geheimnis des Seidenfadens. Dieses Ereignis fand wahrscheinlich vor rund 5.000 Jahren statt. Denn so lange schon kennt die chinesische Kultur die Kunst der Seidenherstellung und natürlich auch ihren hohen Exportwert. Schon früh wurden Seidenstoffe zu einem globalen Handelsgut, wobei China streng darauf bedacht war, dass das chinesische Wissen der Seidenherstellung nicht gestohlen und damit sein Seiden-Monopol nicht gebrochen wird. Wer über die Kunst der Seidenraupenzucht und Seidenproduktion redete, musste mit der Todesstrafe rechnen. Aber schließlich plauderte dann doch jemand, und Mönche schmuggelten die Eier des in China gezüchteten Maulbeerspinners versteckt in Bambusstäben nach Europa. Vor allem in den wärmeren Regionen rund ums Mittelmeer, in Italien, Südfrankreich, Griechenland und der Türkei breiteten sich daraufhin die Seidenraupenzucht und der Anbau von Maulbeerkulturen aus. Denn der Maulbeerbaum ist quasi die Basis der Seidenproduktion. Seine Blätter sind nämlich die Hauptnahrung des Maulbeerspinners, der die Raupe eines Nachtschmetterlings ist.

Da der Maulbeerbaum, der übrigens sehr wohlschmeckende Früchte trägt, auch etwas kühlere Temperaturen vertragen kann, breitete sich die Seidenproduktion ebenso in Mittel- und Nordeuropa aus. Selbst bei uns in Deutschland wurden Maulbeerbäume gepflanzt, besonders im 18. Jahrhundert. Denn Friedrich der Große wollte Preußen in Sachen Seide zum Selbstversorger machen. Vor allem an Straßenrändern sowie in Schul- und Kirchenhöfen ließ der Monarch Maulbeerbäume sprießen. Doch größtenteils erwies sich die damals mit zwei Millionen Talern geförderte königliche Initiative als Fehlschlag. Weniger um Seidenhemden und Seidenstrümpfe, sondern mehr um Fallschirmseide ging es dann den Nationalsozialisten in 30iger Jahren als sie das Seiden-Projekt Friedrich des Großen wieder aufleben ließen. Allerdings brachte auch diese Initiative nur bescheidenen Erfolg. Nach dem 2. Weltkrieg kommt schließlich die europäische Seidenproduktion praktisch zum Erliegen. Trotzdem gibt es noch heute in manchen deutschen Dörfern sowie an so manchen anderen Orten in Europa Maulbeerbäume zu bewundern.

Mit der Ökobewegung und dem Bedürfnis nach ökologisch wie sozial verantwortungsvollen Kleidungsstücken könnte die Seidenproduktion aber vielleicht wieder in Europa einen Aufschwung bekommen. In Frankreich befindet sich bereits ein Entwicklungszentrum für ökologisch unbedenkliche Seidengewinnung. Und in den französischen Cevennen werden ökologische Seidenstoffe hergestellt, die nicht durch chemische Substanzen beschwert werden, sondern Fall und Konsistenz durch die Behandlung mit Olivenöltrester erreichen. Konventionelle Seide wird nämlich schon seit langem mit Metallsalzen oder anderen Chemikalien beschwert. Dadurch entsteht stärkerer Glanz, Fülligkeit, und die Seide fällt laut Expertenmeinung mit dieser chemischen Ausrüstung eben besser als der unbehandelte Naturstoff.

Nach eigenen Angaben verzichten die Hersteller von Naturtextilien aber bei Seidenstoffen sowohl auf umweltschädliche Veredelungsverfahren und "Ausrüstungen" als auch auf chemische Mittel gegen Schimmelbefall. Darüber hinaus geben sie an, bei der Herstellung der Seide auf soziale Kriterien zu achten, was ein nicht unwichtiger Punkt ist. Schließlich stammt ein Großteil der Seide auf dem Weltmarkt aus Ostasien, wo in so manchen Exportbetrieben für die internationale Textilindustrie sowohl Arbeits- wie Menschenrechte leider mit Füßen getreten werden. Dass es auch anders geht zeigen kleinere Öko-Seidenprojekte in China, an denen deutsche Naturtextilunternehmen beteiligt sind. Seit Ende der 90er Jahre werden dort Maulbeerbäume kontrolliert biologisch angebaut, offensichtlich zum Vorteil für die beteiligten Bauern und den fleißig spinnenden Seidenraupen, wie die daran beteiligten Unternehmen berichten. Bisher können diese Projekte aber "relativ zur konventionellen Seidenproduktion" nur sehr kleine Mengen an ökologischer Zuchtseide liefern. Der größte Anteil auch der von Naturtextilienherstellern genutzten Seide stammt aus konventioneller Seidenraupenzucht, bei der Maulbeerbäume und Raupen auch mit Pestiziden und anderen chemischen Substanzen behandelt werden können.

Seide ist übrigens nicht gleich Seide. Da gibt es zum einen wie bereits erwähnt die so genannte Maulbeerseide von den gezüchteten Maulbeerspinnern. Unter Wildseide wiederum versteht man Seide, die aus den Kokons wild lebender Seidenraupen gewonnen wird. Der bekannteste unter den wild lebenden Spinnern ist der von Eichenblättern lebende Tussahspinner, weshalb Wildseide auch Tussahseide heißt.

Für Tierschützer nicht uninteressant dürfte sein, dass bei der Gewinnung der Zucht- oder Maulbeerseide die in ihrem Kokon verpuppten Seidenraupen mit Dampf getötet werden. So wird verhindert, dass die Puppen ihren, aus einem Endlosseidenfaden bestehenden Kokon durchbeißen. Die Seide kann dann im heißen Wasser als Endlosfaden, der bis zu 2000 Meter lang sein kann, vom Kokon abgehaspelt werden. Die daraus entstehende Haspelseide ist gleichmäßig, mit hohem Glanz, weich und leicht. Die Kokons der wild lebenden Seidenraupen hingegen werden in der Regel nach dem Ausschlüpfen der Schmetterlinge eingesammelt, so dass diese bereits durchgebissen sind. Weil damit kein endloser Faden gewonnen werden kann, hat diese Wildseide Garnverdickungen, eine unregelmäßige Optik, weniger Glanz, und sie ist schwerer. Besonders im englischen Sprachraum gilt die meist in tropischen und subtropischen Wäldern "gesammelte" Wildseide auch als Öko-Seide, im Englischen "Organic Silk" genannt. Schließlich müssen dafür zum einen die Insekten nicht getötet werden. Zum anderen kann die Wildsammlung zum Erhalt der Wälder beitragen, wenn sie nachhaltig durchgeführt wird.

Doch zurück zur Zuchtseide, die es nicht nur als Haspelseide gibt. Denn aus den restlichen, nicht abgehaspelten, verklebten Kokonteilen der Maulbeerseide wird die so genannte Schappeseide versponnen. Sie ist folglich unregelmäßiger, weniger glatt und weniger glänzend als Haspelseide. Kurze Fasern schließlich, die beim Kämmen der Schappeseide übrig bleiben, werden zur Bourretteseide weiterverarbeitet.

Egal welche Seiden-Qualitäten zu Textilien verarbeitet werden: Naturseide gilt generell als ein hervorragender Stoff für die warme Jahreszeit. Seide ist temperaturausgleichend und klimaregulierend, da sie viel Feuchtigkeit aufnehmen und weiter transportieren kann. Es heißt, Seide könne bis zu 40 Prozent ihres Eigengewichts an Körperfeuchtigkeit aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen. Kein Wunder also, dass Seide besonders in der Frühjahrs- und Sommermode zum Einsatz kommt.



"Ökotex 100" ist eine Mogelpackung

"Was unter dem Etikett "Ökotextilien" verkauft wird, muss keineswegs umweltverträglich produziert worden sein." Darauf wies noch mal anfang diesen Jahres der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) hin. In einem Schreiben an Verbraucherschutzministerin Renate Künast regte der Verband deshalb an, das für Lebensmittel geltende "Bio-Siegel", auf geprüfte Naturtextilien auszuweiten. Der IVN kritisierte dabei auch das weit verbreitete Zeichen "Ökotex 100". Dieses werde dem Anspruch der Umweltverträglichkeit nicht gerecht, da es beispielsweise die Verwendung von Chemiefasern bei der Bekleidungsproduktion zulässt und auch den Herstellungsprozess nicht kontrolliert. Es sei eine "unerträgliche Verbrauchertäuschung", so der IVN-Vorsitzende Rolf R. Schauwecker, dass bei "Ökotex 100" lediglich die Einhaltung von Schadstoff-Grenzwerten im Fertigprodukt gemessen wird. "Es ist bekannt, dass Baumwolltextilien aus der ökologisch schwerst belasteten Aralsee-Region und mit Hilfe giftiger Substanzen gefärbte Ware aus Südindien nur durch chemische Wäsche auf "Ökotex 100" getrimmt werden." Auch das Kriterium der Kinderarbeit spiele für die Vergabe dieses Zeichens keine Rolle. <



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