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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Essen u. Trinken    Datum: 07.12.2002
Hülsenfrüchte sind ein Stück Lebenskraft
Nicht nur Vegetarier brauchen Bohnen und Co. von Norbert Suchanek
Es gibt sie in schwarz, in braun, in weiß, es gibt sie rötlich, gelblich, bunt gefleckt, klein oder groß. Sie sind auf allen Kontinenten zu Hause und wichtiger Ernährungsbestandteil zahlreicher Kulturen: Die Rede ist hier von den Hülsenfrüchten wie Bohnen, Erbsen und Linsen. Auch bei uns sind Hülsenfrüchte schon lange wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen, gesunden Ernährung. Dies gilt besonders für die Menschen der Toskana.

Wer an die Toskana denkt, dem fällt wahrscheinlich zuerst Rotwein und Oliven ein. Doch tatsächlich gehört die Bohne genauso dazu. Schließlich heißen die Toskaner in Italien nicht umsonst auch Mangiafagioli, Bohnenfresser. Denn nicht die Pasta, sondern vor allem die weiße Bohne ist traditionelle Hauptnahrung und wohl auch Lieblingsspeise in dieser Region Italiens. Aus Sicht der Ernährungsphysiologen ist die toskanische Vorliebe für Phaseolus vulgaris, wie die weiß Gartenbohne wissenschaftlich heißt, kein Wunder. Denn die verschiedenen Gartenbohnenarten enthalten genauso wie alle anderen Hülsenfrüchte wichtige Nährstoffe in geballter Form: hochwertige Proteine, Stärke, viele Mineral- und Ballaststoffe und viele gesundheitsfördernde sekundäre Pflanzenstoffe.

Der Ursprung der Gartenbohne liegt indes nicht im Mittelmeerraum sondern in Lateinamerika, wo sie schon bei den Inkas und Mayas und ihren Vorfahren auf den Tisch kamen. Und noch heute sind schwarze, braune oder weiße Bohnen aus der Küche der Lateinamerikaner nicht wegzudenken. Bohnen und Reis ist die tägliche Hauptmahlzeit von hundert Millionen Brasilianern. Und die Mexikaner sollen pro Kopf und Jahr etwa 100 Kilogramm Bohnen meist mit Chilis und Tortillas kombiniert verzehren.

Früher gab's vor allem Sau-Bohnen

Nach Europa gelangten die Gartenbohnen und ihre zahlreichen Unterarten erst nach der gewaltsamen Eroberung Amerikas. Bis dahin waren bei uns nur die Feld-, Sau- oder Puffbohnen bekannt, die allerdings nicht mit der Gartenbohne verwandt sind und botanisch zu den Wicken zählen. Alte Sprichwörter wie "jedem Böhnchen ein Tönchen" beziehen sich übrigens in ihrem Ursprung nicht auf die auch Busch- und Stangenbohne genannte Gartenbohne, sondern auf die Puffbohne.

Eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde ist die Kichererbse, Cicer arietinum. Archäologische Funden zeigen uns, daß sie bereits vor 9.000 Jahren genutzt wurde. Noch heute sind Kichererbsen sowohl in der islamisch-arabischen als auch in der jüdischen Esskultur ein wichtiges Nahrungsmittel. Im Nahen Osten beispielsweise ist Hummus - ein cremiges Mus aus Kichererbsenpüree, Knoblauch, Sesammus, Olivenöl, Zitronensaft und etwas Salz und Pfeffer - sowohl bei Palästinensern, Juden, christlichen Arabern oder Beduinen eine beliebte und häufig gereichte Speise. Und die gleichermaßen im Nahen Osten beliebten Falavel, die aus Kichererbsen-Mus geformten und fritierten Klößchen, sind im Fladen- oder Pitabrot eine köstliche, vegetarische Alternative zu Kebab oder Gyros.

Nahrung fürs Gehirn

Bei uns führt die Kichererbse allerdings noch ein Schattendasein, das unberechtigt ist. Denn Cicer arietinum ist nicht nur ein schmackhaftes Grundnahrungsmittel, sondern auch gut fürs Gehirn. Die Kichererbse liefert unserem Organismus nämlich das Protein Lysin, das ein wichtiger Eiweiß-Baustein für unser Gehirn ist. Daneben soll die Kichererbse die Eigenschaft haben, für eine gute Gemütsstimmung zu sorgen und die Stimmung aufzuhellen. Ob daher vielleicht auch ihr Name kommt. Die Wissenschaftler jedenfalls führen diese Wirkung der Kichererbse auf die in ihr enthaltene Pangamsäure, auch Vitamin B 15 genannt, zurück.

In jüngster Zeit haben die Forscher noch weitere, positiv auf den Organismus wirkende Substanzen in den Hülsenfrüchten nachgewiesen. So sind sie reich an den sogenannten Sekundären Pflanzenstoffen, deren gesundheitliche Bedeutung von der Wissenschaft immer häufiger betont wird. So enthalten Bohnen, Erbsen oder Linsen insbesondere Saponine, Protease-Inhibitoren, Flavonoide und Phenolsäuren. Die Saponine tragen zur Senkung des Cholesterinspiegels im Blut bei, in dem sie im Magen-Darm-Trakt eine unlösliche Verbindung mit dem Cholesterin eingehen. Protease-Inhibitoren gelten als krebshemmend (antikanzerogen). Tierversuche zeigten, daß sie vor allem gegen Krebsformen in Magen und Dickdarm, aber auch in Mundhöhle und Speiseröhre wirken können. Flavonoide wiederum können gemeinsam mit Phenolsäuren die körpereigene Entgiftungsfunktionen für krebserregende Substanzen wie Nitrosamine und Schimmelpilzgifte anregen. Möglicherweise tragen die Flavonoide auch zur Verhütung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Blutgerinsel bei. Die in Sojabohnen enthaltenen Isoflavonoide haben noch eine Besonderheit. Sie sind ein pflanzliches Hormon, ein sogenanntes Phytoöstrogen und sollen das Risiko für hormonabhängige Krebsformen verringern helfen. Ein Hinweis darauf ist die Beobachtung, daß in Japan, wo Sojabohnen traditionell häufig gegessen werden, Brustkrebs bei Frauen erheblich seltener auftritt als in westlichen Ländern.

Besser getrocknet als in der Dose

Gründe genug also, um Bohne, Erbse, Linse und Co. öfters wieder auf den Tisch zu bringen. Ideal ist die Kombination mit Getreide wie zum Beispiel die in Brasilien übliche Kombination Bohnen und Reis oder Linsen mit Reis wie in der ayurvedischen Küche oder Kichererbsen mit Sesam wie in der arabisch-jüdischen Küche. Diese Kombinationen haben nicht nur einen geschmacklichen Grund, denn die Hülsenfrüchte liefern die Eiweiße, die das Getreide alleine nicht her gibt. Hier wird wiedereinmal von der modernen Wissenschaft bestätigt, daß traditionelle Gerichte von einem hohen, uralten Wissen zeugen, das zu einer Zeit entstand, als High-Tech-Labore ferne Zukunftsmusik waren.

Neben ihren kulinarischen und gesundheitlichen Eigenschaften haben Hülsenfrüchte aber noch einen weiteren Vorteil: Sie eigenen sich hervorragend, um einen Vorrat von ihnen anzulegen. Denn sie lassen sich vollkommen ohne Konservierungsmittel gut und lange in trockener Form aufbewahren. Konventionelle Bohnen in der Dose sind hingegen eher zu vermeiden, schon aus gründen der Ressourcenschonung. Manchmal sind diesen Dosen-Bohnen auch eher unerwünschte industrielle Zutaten wie Würze (aus Separatorenfleisch) oder Glutamat zugesetzt.


Noch ein Wort zur Hülsenfrucht Soja und Tofu

Keine andere Region leidet unter dem industriellen Anbau von Soja so stark wie Südamerika. Tausende von Hektar von tropischen und subtropischen Wäldern und Savannengebieten wurden in den vergangenen 30 Jahren in Brasilien, Paraguay und Argentinien in Soja-Plantagen umgewandelt und Tausende von Ureinwohnern und Kleinbauern von ihrem Land vertrieben. Das dort angebaute Soja wird zum überwiegenden Teil nach Europa exportiert, zum einen als Tierfutter für die Massentierhaltung und zum anderen als Rohstoff für die europäische Nahrungsmittelindustrie. Nun soll immer mehr Soja aus Lateinamerika auch nach China und Südostasien exportiert werden. Ganze Flußsysteme, in denen sich Rhein und Donau verstecken könnten, sollen demnächst in Brasilien und Paraguay kanalisiert werden, nur um die Hülsenfrucht so billig wie möglich nach Europa oder Asien zu exportieren. Die Angst vor BSE hat die Nachfrage nach Soja aus Lateinamerika als Futtermittel und Fleischersatz in Europa noch erhöht. Von den USA aus versuchen Konzerne wie Monsanto den massenhaften Anbau von Gen-Soja weltweit durchzusetzen. In Nordamerika und Argentinien besteht bereits ein Großteil der jährlichen Ernte aus gen-manipulierten Bohnen. In Brasilien ist Gen-Soja zwar noch verboten, aber es gibt dort schon einen illegalen, schwunghaften Handel mit Gen-Saatgut aus Argentinien und Paraguay. Alles in allem ist die Soja-Industrie eine globale Tragödie.

Doch die Soja-Bohne selbst kann nichts dafür. Sie ist eine in Ostasien seit Jahrtausenden genutzte, hochwertige Nahrungspflanze.

Vor allem als Tofu verwenden Chinesen die Hülsenfrucht, die sie auch "gelben Edelstein" nennen. Tofu wird aus der Milch der Soja-Bohne durch Pürrieren, Auspressen und Gerinnen gewonnen. Seit über 2000 Jahren ist Tofu nicht nur ein wichtiger Eiweißlieferant in der asiatischen und vegetarischen Küche. Er enthält auch seltene, gesundheitsfördernde Stoffe wie Genistein, das gegen bestimmte Krebsformen helfen soll. Daneben hat Soja die Fähigkeit, den schädlichen LDL-Cholesterinspiegel zu senken. Damit Soja und Tofu sowohl der Gesundheit des Konsumenten als auch der Umwelt helfen, sollte man aber aussschließlich Soja-Produkte aus dem kontrolliert biologischen Anbau verwenden.


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