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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Wirtschaft    Datum: 07.06.2002
Pilotprojekt "Casa Modelo" braucht noch Unterstützer
Internationales Zentrum zur Förderung einer nachhaltigen, ökologischen Entwicklung in den Bergen von Caparao in Südostbrasilien - Öko-Modellhaus / Casa Modelo
Kristallklare Bäche, Wasserfälle, Urwälder, Bromelien, Orchideen und seltene Muriki-Affen. Der 26.000 Hektar große Nationalpark von Caparaó im Grenzgebiet der südostbrasilianischen Bundesstaaten Espiríto Santo und Minas Gerais spart nicht mit Naturerlebnissen. Mittelpunkt des Gebirges von Caparaó ist der 2.890 Meter hohe Pico da Bandeira. Das in Aufbau befindliche Öko-Projekt "Casa Modelo" will nun in dieser traditionellen Kaffee-Anbau-Region eine nachhaltige, ökologische Entwicklung zum Vorteil für die lokale Bevölkerung und zum Schutz der Artenvielfalt in Gang setzen.

Das Gebirge von Caparaó mit dem Pico hat zwei äußerst unterschiedliche Seiten. Seine zu Minas Gerais gehörende Westflanke steigt sanft an und wartet teilweise mit offener, Savannen ähnlicher Vegetation auf. Dort hat der konventionelle Tourismus bereits Einzug gehalten. Schroff und auf den ersten Blick abweisend, mit tiefen Schluchten und dichtem, dunkelgrünem Atlantischen Bergregenwald zeigt sich hingegen die zu Espiríto Santo gehörende wilde Ostseite. Dort streifen noch Jaguar, Puma und Ozelot durch die Wälder, donnern kraftvolle, glasklare Bergbäche zu Tal, bilden kleinere und größere Wasserfälle, Kaskaden und natürliche Becken zum Baden. Touristen sind auf dieser Seite (noch) eine seltene Spezies. Bislang sind die Gemeinden in dieser Region vom Kaffee-Anbau abhängig. So auch die Gemeinde Ibitirama, die nun aufgrund des katastrophal niedrigen Weltmarktpreises für Kaffee zu den absolut ärmsten Gemeinden Brasiliens zählt.

Sanfter Wander-Tourismus statt Off-Road-Abenteuer

Die Bürgermeister rund um Caparao hoffen nun auf den Tourismus als zweites Standbein für die lokale Wirtschaft. Schließlich hat die brasilianische Regierung das Gebiet zu einem sogenannten "Polo de Ecoturismo" erklärt und Investitionen in Millionenhöhe versprochen. Erste sogenannte Experten der Tourismusindustrie haben bereits vorgeschlagen, die Region in einen Tummel-Platz für den lärmenden und Luft verpestenden Geländewagen- und Motorrad-Tourismus zu entwickeln. Dieser fälschlich oft als "Ökotourismus" bezeichnete Freizeitspaß ist sowohl bei vielen gut betuchten Brasilianern "in" als auch bei der internationalen Reiseindustrie, die ihren Ressort-Gästen zusätzlich zum Strandurlaub ein bißchen Off-Road-Abenteuer vermitteln will. Die Lokale Bevölkerung allerdings wird an einem solchen umwelt- und sozial schädlichen nicht profitieren. Aber noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Einige Einheimische und "Zugereiste" wollen - zusammen mit der Umweltgruppe Voldema - einen anderen, alternativen Tourismus für Langzeiturlauber, Wanderer und Gesundheitsbewußte Menschen durchsetzen. Das Dorf Santa Marta in der Gemeinde Ibitirama soll ihrer Meinung nach zu einer Keimzelle für diesen umweltschonenden Tourismus und für eine ökologische Entwicklung in der Region werden. Einer ihrer Hoffnungsträger ist der neue Bürgermeister von Ibitirama, Paulo Lemos. Nachdem seine Vorgänger vor allem mit jahrzehntelanger Untätigkeit und Korruption glänzten, will er nun endlich das auch für den Tourismus wichtigste Problem seiner Gemeinde anpacken: Die Abwasser- und Müllentsorgung. Denn bislang landen alle Fäkalien und Abwässer der Gemeinde unbehandelt in den Bächen und Flüssen oder im Grundwasser. Ein funktionierendes, umweltfreundliches Müllkonzept fehlt gleichfalls.

Damit die Tourismusentwicklung in die richtige, ökologisch verträgliche Richtung geht und damit sich die Bevölkerung in der Region - Kleinbauern, Kaffee-Pflanzer, usw. - auch gerecht an den Einnahmen am Tourismus beteiligen kann, bedarf es aber mehr als nur verbale Aufklärung. Die meisten Menschen in der Gemeinde Ibitirama, zu der das Dorf Santa Marta gehört und in den anderen Berg-Gemeinden Espirito Santos wissen im Allgemeinen nichts von Tourismus, was Tourismus in Wirklichkeit bedeutet und wie man vom Tourismus verdienen kann. Sie wissen auch nicht, wie ein nachhaltiger Ökotourismus aussehen kann. Hinzukommt, dass es bereits jetzt viele Umweltprobleme in der Region gibt.

Das Projekt "Casa Modello" soll dabei helfen, die richtigen Lösungen für diese Umweltprobleme zu finden und zu verbreiten. In Kooperation mit dem Bürgermeisteramt von Ibitirama und mit Hilfe eines Öko-Modellhaus in Santa Marta soll der Bevölkerung gezeigt werden, wie man Wasserressourcen vor Verschmutzung schützen kann (z.B. durch einfache, aber moderne Trocken-Toiletten-Systeme), wie man gesunde Nahrungsmittel und Öko-Kaffee produzieren kann (z.B. mit Hilfe von Kompost, statt Chemie) und wie die Bevölkerung am Naturtourismus profitieren kann, ohne ihre natürlichen Ressourcen und die Artenvielfalt zu beschädigen. Das Projekt will demonstrativ Lösungen für eine bessere Welt aufzeigen, die auch praktisch und ohne große Investitionen umgesetzt werden können.

Die Umwelt- und sozialen Probleme in der Region

Es fehlt an jeglicher umweltgerechter Entsorgung der Haushalts- und Gemeindeabwässer. Alle Abwässer gehen ungeklärt entweder direkt oder indirekt in die Bäche und Flüsse. Dies gilt für die Häuser in den Dörfern der Region sowie für die vielen verstreut liegenden Bauernhöfe. Hinzukommt, dass die Kaffee-Pflanzer und Rinderzüchter chemischen Dünger und Pestizide verwenden, die gleichfalls ins Grund- und Oberflächenwasser eindringen. Eine günstige und relativ schnelle Lösung dieses Hauptproblems können moderne Trocken-Toiletten-Systeme sein, wie sie beispielsweise in Schweden seit Jahrzehnten eingesetzt werden. Sie brauchen kein Wasser und produzieren auch kein Abwasser, sondern letzten Endes nur wertvollen Kompost oder Humus, der im Garten oder auf den Feldern und Kaffee-Plantagen ausgebracht und den Kunstdünger mehr als ersetzen kann. Das Projekt "Casa Modelo" genannt, hilft dabei mit, die Bevölkerung über die Vorteile von Trockentoiletten und Kompost zu informieren und auszubilden, um eine nachhaltige Landwirtschaft und nachhaltige Arbeitsplätze für die Jugend in der Region zu entwickeln. Für die städtische Abwasserentsorgung wurde dem Bürgermeister von Ibitirama und den Nachbargemeinden außerdem bereits ein Konzept mit dezentralen Kläranlagen vorgelegt, das gleichfalls Kompost (für den Öko-Kaffee-Anbau) statt Klärschlamm produziert.

Einsatz von Solar-Energie

Zwar haben die Häuser in den Dörfern wie Santa Marta bereits einen Stromanschluss. Doch auf dem Lande befinden sich noch viele abgelegene Höfe ohne Licht und Strom. Das Casa Modelo zeigt praktisch, wie Solarenergie (Photovoltaik) dieses Problem lösen kann. Mit Solaranlagen zur Warmwasserherstellung kann die lokale Bevölkerung außerdem wertvolle Energie und gleichzeitig auch Geld sparen kann. Denn bisher wird das Duschwasser, dort wo ein Stromanschluss vorhanden ist, "traditionell" mit Strom erhitzt.

Vorbereitung auf den Tourismus

In vielen Teilen Brasiliens, die vom Tourismus entdeckt wurden, ist es bereits geschehen: Die lokale Bevölkerung hat ihre Häuser und Grundstücke an große Hotelunternehmen für wenig Geld verkauft und zog in die nächstgelegene Großstadt. Oft endete dieses "Abenteuer" in Arbeitslosigkeit und in einem Anwachsen der Elendsviertel, und nur wenige der zurückgebliebenen lokalen Bevölkerung bekamen eine schlecht bezahlten Hilfsarbeiterjob in den Hotels. Damit dies nicht in der Region von Caparao geschieht, zeigt das Casa Modelo der lokalen Bevölkerung, wie sie selbst am Tourismus verdienen können, ohne ihren Grundbesitz verkaufen zu müssen und ohne sich für ein Almosen an große Tourismusunternehmen verdingen zu müssen. Denn echter, nachhaltiger Tourismus kann eine gute Chance sein, um das Leben und Einkommen der lokalen Bevölkerung substantiell zu verbessern. Bei steigenden Besucherzahlen wird eine Lösung der bestehenden Umweltprobleme zudem umso wichtiger. Ohne Trocken-Toiletten-Systeme auf dem Land z.B. und ohne vernünftige Abwasserentsorgung in den Gemeinden würden die Wasserressourcen durch den Touristmus schnell gänzlich verschmutzt. Das Casa Modelo zeigt wie Trockentoiletten funktionieren und wie sie eingebaut werden.

Kontrollierter Naturtourismus

Ein von der lokalen Bevölkerung und lokalen Umweltschutzgruppen unkontrollierter Naturtourismus führt zu einer erheblichen Belastung des Ökosystems. Die Flüsse und Bäche des Atlantischen Regenwaldes können durch Urlauber verschmutzen, die schmalen Wege im Wald werden zu breiten Trampelpfaden, die Vermüllung droht an bereits jetzt bei den Einheimischen beliebten Ausflugs- und Badeplätzen. Um dies zu verhindern, arbeitet die Umweltgruppe Voldema zusammen mit dem Casa Modelo und der Gemeinde von Santa Marta ein touristisches Nutzungskonzept aus, das vorsieht, dass Urlauber ausschließlich mit einem lokalen Waldführer den Atlantischen Regenwald erkunden können. So werden sowohl die Touristenströme kontrolliert als auch Arbeitsplätze geschaffen. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass das Gebiet nicht übernutzt wird und der Eindruck eines "unberührten" Gebietes aufrecht erhalten wird.

Fairer Öko-Kaffee bringt mehr Einkommen

Der Weltmarktpreis für Kaffee ist zu niedrig. Die Wirtschaft der Kaffee-Anbauregion von Ibitirama liegt deshalb am Boden. Die Lösung des Problems liegt im Anbau von Bio-Kaffee, der den dreifachen Preis bringt, und im fairen Handel. Das Projekt versucht die Bauern zum Anbau von Bio-kaffee zu bewegen und den Kaffee fair zu vermarkten.

Die Konkreten Aufgaben des Projekts

Das Casa Modelo zeigt, wie ein traditionelles Haus mit geringen Investitionen in eine kleine Pension für Öko-Touristen umgebaut werden kann. Das Casa Modelo zeigt, wie mit Hilfe von Solarkollektoren warmes Brauchwasser für Bad und Haushalt sowie mit Hilfe von Solarzellen ökologisch und preisgünstig Strom hergestellt werden kann. Das Casa Modelo zeigt, wie sich in einheimischen Bauerhäusern ein oder mehr Privat-Zimmer für Urlauber einrichten lassen, und informiert darüber wie sie eingerichtet sein müssen, damit die Urlauber zufrieden sind. Gerade ärmeren Bauern soll gezeigt werden, wie sie so am Tourismus verdienen können.

Das Casa Modelo wird ein Netzwerk mit allen Haushalten und Bauern aufbauen, die Zimmer oder Ferienhäuser für Urlauber vermieten wollen. Das Casa Modelo zeigt, wie die Einheimischen durch den Verkauf von, möglichst ökologischen Nahrungsmitteln (Öko-Kaffee) und Handwerkserzeugnissen am Tourismusgeschäft weiter verdienen können. Langfristiges Ziel ist der Aufbau eines Markennamens. Z.B: "Biologische Produkte von Santa Marta." In Kooperation mit Wissenschaftlern und lokalen Umweltschutzgruppe hilft das Casa Modelo mit Professionalität der Gemeinde in allen Angelegenheiten der Tourismusentwicklung und damit zusammenhängenden Umweltauswirkungen.

Das Casa Modelo soll für die Menschen aus der Region - aber auch für Besucher von außerhalb - ein lebendiges Beispiel dafür sein, wie man mit Solarenergie Geld sparen, mit Ökotourismus und ökologischem Landbau Geld verdienen, Zukunfts-Jobs schaffen und gleichzeitig die Umweltsituation verbessern und die Artenvielfalt erhalten und pflegen kann. Das Casa Modelo ist geplant als ein Samenkorn, als ein Pilotprojekt, das in ganz Espirito Santo und darüberhinaus Schule machen soll. Es soll sowohl der Verbreitung von ökologischen Energie- und Entsorgungstechniken sowie eines echten Ökotourismus als auch der Förderung von umweltfreundlichen, ökologischen Nahrungsmitteln dienen. Echter Ökotourismus ist sehr eng mit einer ökologischen Landwirtschaft und einem hohen sozialen Lebensstandard verbunden. Diesem Ansatz will das Projekt Rechnung tragen.

Finanzierung des Projektes

Das Projekt ist in der Anfangsphase. Unterstützung und finanzielle Mittel sind noch dringend notwendig für den ökologischen Umbau eines bereits vorhandenen Gebäudes im Dorf Santa Marta, das ein idealer Standort für das Casa Modelo ist. Das Dorf hat rund 1.100 Einwohner. Der Eingang zum Nationalpark von Caparao liegt nur wenige Fußminuten von der Dorfmitte mit dem Casa Modelo entfernt. Santa Marta ist das natürliche Zentrum der Region mit mehreren kleinen Kirchen, kleinen Läden und Bars, einem Fußballplatz, einer Schule. Die Bauern aus der Umgebung kommen regelmäßig nach Santa Marta. So ist es für sie ein Leichtes das Casa Modelo zu besuchen. Außerdem ist Santa Marta auch mit dem öffentlichen Bus erreichbar, und die Regierung Espirito Santos beabsichtigt in den nächsten Jahren dort ein Nationalparkzentrum zu errichten. Schließlich hat die Gemeinde Ibitirama eine neuen, sehr aufgeschlossenen hoffnungsvollen Bürgermeister, Paulo Lemos, bekommen, der sich gleichfalls für die Ziele des "Casa Modelo", also für die nachhaltige, ökologische Entwicklung der Region einsetzt.

Das Casa Modelo sucht noch Solarfirmen und Hersteller von Trockentoiletten usw. als Projekt-Partner oder Unterstützer. Auch eine finanzielle Unterstützung ist unter dem Stichwort "Casa Modelo" möglich: Sparkasse Mainfranken Würzburg, Kontonummer: 237 33 55 / Bankleitzahl: 790 500 00

Norbert Suchanek (Projektinitiator und Projektansprechpartner)
Siemensstr. 13 / D-84513 Töging am Inn
Email: N.SUCHANEK@AMAZONAS.comlink.apc.org
Telefon: 08631-928 632




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