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Presse-Stelle:  Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V., D-53177 Bonn
Rubrik:Umweltschutz    Datum: 26.10.2001
EU-Umweltministerrat am 29.10. in Luxemburg:
Bundesregierung muß bei Gentechnik konsequent bleiben
Auf der Sitzung des Umweltministerrats nächste Woche in Luxemburg steht eine
Vielzahl von Themen auf der Tagesordnung, von denen jedoch bei nur einigen
Dossiers Entscheidungen oder Konflikte anzustehen scheinen. Zu vielen gerade
der technischeren Dossiers wurden schon im Vorfeld Einigungen auf
Arbeitsebene im Brüsseler Ausschuß der Ständigen Vertreter erzielt.

Der Tagesordnungspunkt Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderte
Organismen (GVO)
hat durch einen Brief von Bundesumweltminister Jürgen
Trittin an EU-Umweltkommissarin Margot Wallström an Brisanz gewonnen, in dem
dieser Mitte Oktober noch einmal unterstrich, dass das unter deutscher
EU-Ratspräsidentschaft im Juni 1999 ausgehandelte de-facto-Moratorium für
GVO-Genehmigungen solange Bestand haben müsse, bis die Kennzeichnung und
Rückverfolgbarkeit von GVO in der Rechtsumsetzung und Praxis gewährleistet
sei. Umweltverbände forderten in den letzten Jahren wiederholt ein
Festhalten am de-facto-Moratorium bis zur Etablierung von Regeln für
Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Haftung.

Umstritten ist überraschend auch eine Formulierung in den
Ratsschlussfolgerungen zum Klimaschutz, in denen noch einmal die Einführung
von emissionsbezogenen Abgaben im europäischen Flugverkehr angesprochen
werden sollte: Diese Initiative will Finnland wieder an Maßnahmen im Rahmen
der ICAO (Internationale Organisation für die Zivile Luftfahrt) koppeln,
obwohl entsprechende Diskussionen im Rahmen der ICAO auf der
Generalversammlung vor wenigen Wochen nicht zuletzt aufgrund des anhaltenden
Widerstandes der USA vorerst fehlgeschlagen waren. "Die EU darf nicht noch
einmal drei Jahre auf die nächste ICAO-Generalversammlung warten, sondern
muss jetzt den vielen Worten, Studien und Reservebeschlüssen der letzten
Monate und Jahre Taten folgen lassen", so Anja Köhne (EU-Koordinatorin des
DNR). Schließlich würden die Klimaschäden durch den stetig wachsenden
Flugverkehr weiterhin die Klimaschutzmaßnahmen anderer Sektoren
konterkarieren.

Konfliktär ist außerdem noch die Höhe der finanziellen Förderung von
europäischen Umweltverbandsnetzen
, bei der zum ersten Mal auch die
Vernetzung mit NRO aus den EU-Beitrittsstaaten gefördert werden soll. Die
Europäische Kommission sowie das Europäische Parlament schlagen 32 Millionen
? vor; die Bundesregierung - maßgeblich aufgrund der Position des
Finanzministeriums -besteht dagegen zur Zeit noch auf 25 Millionen ?. Neben
Deutschland setzen sich jedoch nur die Niederlande und Österreich für
niedrigere Zahlungen ein (dies reicht nicht für eine Sperrminorität).

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Tagesordnung des Umweltrates
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Forderungen der Umweltverbände
Das Europäische Umweltbüro (EEB) hat sich im Vorfeld des Rates mit
Forderungen und Kommentaren zur Tagesordnung an die EU-Umweltminister
gewandt, von denen wir einige untenstehend wiedergeben. Den Brief des EEB
können Sie unter www.eeb.org beziehen (s. auch "Weitere Informationen").

* Integrierte Küstenverwaltung:
politische Vereinbarung
Das EEB rief den Rat dazu auf, die Position des Europäischen Parlamentes zu
unterstützen, nach der eine rechtliche Basis für den Küstenschutz geschaffen
werden müsse.

* Luftqualität / Richtlinienvorschlag zu Emissionen von mobilen Geräten und
Maschinen:
politische Vereinbarung

* Kommissionsmitteilung "Saubere Luft für Europa (CAFE)":
Ratsschlussfolgerungen
Das EEB hat eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen vor allem für das im
CAFE-Programm zentrale Instrument der Kosten-Nutzen-Analyse vorgeschlagen.
Das EEB wiederholte außerdem seine langjährige Forderung, aus ökologischen
und ökonomischen Gründen die Luftqualitätspolitik und die Klimaschutzpolitik
besser miteinander zu verzahnen. Auch besteht das EEB weiterhin darauf, dass
das Konzept der "critical loads" (Belastungsgrenzen) in allen
Luftqualitäts-Maßnahmen Niederschlag finden solle.

* Kommissionsmitteilung "Aktionspläne zum Biodiversitätsschutz"
(speziell für die Sektoren Landwirtschaft, Fischerei, Entwicklungshilfe):
Ratsschlussfolgerungen zu zwei Kapiteln

* Klimapolitik:
1) Vorbereitung der internationalen Klimaverhandlungen in Marrakesch (COP-7)
2) Vorstellung des Kioto-Umsetzungspakets (Emissionshandel,
EU-Klimaschutzprogramm "ECCP", Ratifizierungsinstrument für das
Kioto-Protokoll) durch die Europäische Kommission
DIESER TEIL DER TAGESORDNUNG WIRD - GEGEN 11.30 UHR - ÖFFENTLICH ÜBERTRAGEN.
Es ist unwahrscheinlich, daß es zum Kioto-Umsetzungspaket schon zu einer
Debatte der Umweltminister kommen wird, da die Kommission das Paket nach
mehrmaligen Verzögerungen erst letzte Woche veröffentlicht hat.
Umweltverbände begrüßten es grundsätzlich als positiven Impuls für die
internationalen Klimaverhandlungen, daß die Europäische Kommission das
EU-Umsetzungspaket vor 7. Klimavertragsstaatenkonferenz in Marrakesch
verabschiedet hat.
Siehe auch 1. Seite dieser Presse-Hintergrundinformation.

* Verordnungsvorschlag zur Rückverfolgbarkeit gentechnisch veränderter
Organismen (GVO) und zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG:
Orientierungsdebatte
Das EEB sieht den Kommissionsvorschlag als eine Verbesserung der bestehenden
Situation an, kritisiert allerdings einige darin enthaltene Schlupflöcher.
Das EEB fordert den Umweltrat daher auf,
1) das Moratorium bis zur Einführung klarerer und strenger Regeln für
Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnung und Haftung (s.u.) aufrecht zu erhalten
(Siehe auch 1. Seite dieser Presse-Hintergrundinformation);
2) den Kommissionsvorschlag zur Novellierung der Richtlinie 2001/18
abzulehnen, da dieser illegale GVO-Importe legalisiere;
3) die Idee der Kommission zu verwerfen, Genehmigungsverfahren für GVO im
Gegenzug zu "freiwilligen Vereinbarungen" mit der Industrie wieder
aufzunehmen.
Siehe auch 1. Seite dieser Presse-Hintergrundinformation.

* Richtlinienvorschlag zur Beteiligung der Öffentlichkeit an bestimmten
Plänen und Programmen:
politische Vereinbarung
Laut EEB ist dieser Richtlinienvorschlag unzureichend für die Umsetzung der
UN-ECE Arhus-Konvention. Das EEB unterstreicht, die Partizipationsstandards
der Arhus-Konvention müssten in allen Rechtsakten, Plänen und Programmen der
EU integriert werden.

* Entscheidungsvorschlag für ein Aktionsprogramm zur Förderung europäischer
Umweltverbände:
politische Einigung
Siehe auch 1. Seite dieser Presse-Hintergrundinformation.

* Richtlinienvorschlag zu Umweltbelastungen durch Sportboote:
politische Vereinbarung

* "Nachhaltige Nutzung" von Pestiziden:
Orientierungsdebatte zur Bewertung des Status Quo;
Information der Kommission über
a) ihre Mitteilung zur Pestizidstrategie,
b) Revision der PIC-Verordnung (prior informed consent) sowie über die
Ratifizierung der Konvention von Rotterdam
Die ursprünglich hierzu vorgesehenen Schlussfolgerungen wurden auf die
Umweltratssitzung im Dezember verschoben.
Das EEB und andere Umweltorganisationen kritisieren das
Pestizidzulassungsverfahren der EU seit Jahren als intransparent und
ineffektiv. Die Pestizidpolitik der EU müsse daher neu überdacht und nach
den Prinzipien des EU-Weißbuchs Chemikalienpolitik ausgerichtet werden. Dazu
gehört nach Auffassung des EEB u.a. die im Weißbuch enthaltene
Beweislastumkehr, laut der die Produzenten die Unbedenklichkeit von
Pestiziden beweisen müssten, nicht, wie bislang, Behörden deren
Schädlichkeit. Außerdem fordert das EEB eine bessere Kohärenz der
EU-Pestizidpolitik mit anderen Rechtsakten wie der Wasser-Rahmenrichtlinie
oder der OSPAR-Konvention.

* Umweltpolitische Indikatoren für die EU-Nachhaltigkeitsstrategie für den
Barcelona-Gipfel:
Schlussfolgerungen
Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es u.a. auch um ein institutionelles
Ringen zwischen dem Umweltrat und der Europäischen Kommission, da letztere
einen Tag nach dem Umweltrat ihren Vorschlag für Umweltindikatoren
verabschieden will. Diese sollen - nach Diskussion im Rat - als Teil der auf
dem Göteborger Gipfel in Gang gesetzten EU-Nachhaltigkeitsstrategie vom
Europäischen Rat in Laaken beschlossen werden. Die Entscheidung über diese
Indikatoren wird daher u.U. am Umweltrat selber vorbei laufen, und nur auf
anderen Ratsformationen (vor allem Allgemeiner Rat der EU-Außenminister) von
den Mitgliedsstaaten diskutiert werden.
Das EEB hat Anfang Oktober in einem gemeinsamen Brief mit Friends of the
Earth Europe und den Naturfreunden Internationale den Umweltrat dazu
aufgerufen, einen Satz von Umweltindikatoren mitsamt Zielen und Zeitplänen
vorzulegen, da die Europäische Kommission die Entwicklung der
Umweltindikatoren als Bestandteil der EU-Nachhaltigkeitsstrategie sowie des
Lissabon-/Barcelona-Prozesses nicht angemessen verfolge.

* Kommissionsweißbuch zur Chemikalienstrategie:
Sachstandsbericht der Europäischen Kommission

* Kommissionsmitteilung zu Dioxinen und PCB:
Vorstellung der Kommission

* Leitlinien im öffentlichen Beschaffungswesen:
Vorstellung der Kommission
Einer der Hauptstreitpunkte dieses Dossiers ist die Frage, ob
produktionsbezogene Kriterien bei öffentlichen Vergabeverfahren eine Rolle
spielen dürfen. Während die Wettbewerbs-Generaldirektion der Europäischen
Kommission im Entwurf der Leitlinien ursprünglich lediglich
Produkteigenschaft vorsah, hat der Rechtsausschuss des Europäischen
Parlaments vom 15. Oktober die Forderungen u.a. der Umweltverbände und
einiger Mitgliedsstaaten unterstützt, dass im Vergabeverfahren Umweltzeichen
als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden dürfen.
EEB, Greenpeace International, Climate Network Europe (CNE) und WWF
Brüsselbüro haben Ende September ein Hintergrundpapier zum Umweltschutz im
öffentlichen Beschaffungswesen veröffentlicht. Das EEB ruft den
Umweltministerrat dazu auf, sich für eine Überarbeitung der Leitlinien
einzusetzen.

* Rahmenrichtlinie zur Umwelthaftung:
Fortschrittsbericht der Kommission
Das EEB begrüßt grundsätzlich, dass die Bemühungen um die Einführung eines
EU-Umwelthaftungsrechts von der Kommission wieder aufgenommen wurden.
Kritikpunkt in dem dazu von der Kommission veröffentlichten Arbeitspapier
sind der zu eng gefasste Rahmen, sowie die Marginalisierung von NRO als
potentielle Kläger. Begrüßt wird die Einbeziehung des Naturschutznetzes
Natura 2000 unter den möglichen Haftungsfällen. Die fehlende Einbeziehung
von Schäden durch GVO und Tankerunfälle wird bemängelt.

* Richtlinienvorschlag zu Verpackungen und Verpackungsabfällen:
Fortschrittsbericht der Kommission
Das EEB fordert eine baldige Revision der Richtlinie sowie die Einstellung
der Arbeiten an Verpackungsstandards im Europäischen Normungsausschuss
(CEN).

* Richtlinienvorschlag zu Batterien und Akkumulatoren:
Fortschrittsbericht der Kommission

* Richtlinienvorschlag zu Schwermetallen in der Atmosphäre:
Fortschrittsbericht der Kommission
Das EEB äußert seine Besorgnis zum Stand der Arbeiten an der 4.
Tochterrichtlinie zur Rahmenrichtlinie Luftqualität. Wissenschaftliche
Erkenntnisse zur Krebsgefährdung durch Schwermetalle würden vernachlässigt.
Auch seien die Ausnahmeklauseln für Industrieanlagen, trotz schon schwach
gefasster Grenzwerte, zu nachlässig.

* Revision der Richtlinie zu Brennstoffqualität:
Sachstandsbericht des Ratsvorsitzes
Das EEB fordert den Rat auf, die Einführung "schwefelfreier Kraftstoffe"
(10mg/kg(ppm> bis 2008 durchzusetzen. Dies entspricht der Position des
Europäischen Parlaments, während die Europäische Kommission als Zeitpunkt
2011 vorgeschlagen hatte. Dies würde auch den Klimaschutz unterstützen, da
schwefelfreie Treibstoffe die Voraussetzung für verbrauchsärmere Motoren
sind.

* Förderung sauberer Autos im EU-Binnenmarkt: Intervention der griechischen
Delegation

* Internationale Konferenz zu TBT: Bericht des Ratsvorsitzes

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Weitere Informationen:

1. Anja Köhne, TELEFON 0170 / 3202 503, Claudia Kabel, TELEFON 030 / 4433
91-40
WIR KÖNNEN IHNEN ZU ALLEN OBEN GENANNTEN DOSSIERS ERKLÄRUNGEN UND
HINTERGRUNDINFORMATIONEN BIETEN.

2. Europäisches Umweltbüro (EEB), TELEFON 0032 / 2 / 289 109-0; INTERNET:
www.eeb.org
Eine Auswahl von Kontakten zu Einzelthemen
(bei Bedarf stellen wir Ihnen gerne telefonisch weitere zur Verfügung


3. zur EU-Klimastrategie und zu den internationalen Klimaverhandlungen:
Climate Network Europe (CNE), TELEFON 0032 / 2 / 231 0180, INTERNET:
www.climnet.org
WWF Brüssel Büro, TELEFON 0032 / 2 / 743 8800

4. zu Verkehrspolitik, auch Flugverkehr & Klima:
Transport & Environment (T&E), TELEFON 0032 / 2 / 502 9909, INTERNET:
www.t-e.nu

5. u.a. zu EU-Nachhaltigkeitsstrategie:
Friends of the Earth Europe, TELEFON 0032 / 2 / 542 0180, INTERNET:
www.foeeurope.org

6. zu Chemikalien & Gentechnik:
BUND, TELEFON 030 / 275 864--0, INTERNET: www.bund.net

Informationen der belgischen EU-Ratspräsidentschaft:
Eine umfassendere Tagesordnung finden Sie, auch auf Deutsch, auf der
Homepage der belgischen EU-Ratspräsidentschaft unter
www.eu2001.be/VE_Adv_Cal.)

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DNR Pressehintergrundinformation zur EU-Politik
Die EU-Koordination des DNR bietet zu den EU-Ministerratssitzungen sowie zu
anderen tagespolitischen Ereignissen der EU Presse-Hintergrundinformationen
aus deutscher und umweltpolitischer Sicht an. Der diesbezügliche
Journalistenverteiler (Email und Fax) wird derzeit ausgebaut; Interessenten
melden sich bitte unter anja.koehne@dnr.de bzw. claudia.kabel@dnr.de oder
unter 030 / 4433 91-40 oder -39.
Informationen zur EU-Umweltpolitik bietet außerdem unser Monatsheft "DNR
EU-Rundschreiben" sowie unsere Homepage unter
www.dnr.de/neu/dnr_news/index_en.htm. Weitere Informationen finden
Sie unter www.dnr.de/eu-koordination.



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