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Presse-Stelle:  Ökologisch-Demokratische Partei Bundesverband, D-97070 Würzburg
Rubrik:Politik    Datum: 29.10.2001
ödp: Atombombenmaterial in Garching
Prof. Dr. Buchner: "Nicht zu verantworten!"
Heute (25.10.01) findet im Bayerischen Wissenschaftsministerium eine Pressekonferenz statt, in der über die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern wegen des Garchinger Forschungsreaktors FRM II berichtet wird. Diese Vereinbarung gestattet zehn Jahre lang den Betrieb des FRM II mit waffenfähigem Uran. Die Verhandlungen wurden vom Staatssekretär im BMBF, Herrn Catenhusen, und vom bayerischen Kultusminister Zehetmair geführt.

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) nahm diese Nachricht mit völligem Unverständnis auf. Wie ihr atompolitischer Sprecher, der Kernphysiker Prof. Dr. Klaus Buchner mitteilte, kann man aus diesem Uran innerhalb weniger Stunden Atombomben vom Hiroshima - Typ bauen. Die Anleitungen dazu sind in vielen Büchern zu finden; spezielle Ausrüstungen oder Werkzeuge werden nicht benötigt. Denn im Gegensatz zur Atombombe mit Plutonium sind bei Uranbomben keine komplizierten Zünder nötig. Das Prinzip dieser Bombe ist so einfach, dass sie nicht einmal vor ihrem ersten Einsatz in Hiroshima getestet werden musste: Man formt zwei Hohlkugeln aus metallischem Uran, das einen Anteil von etwa 93% Uran 235 enthält, so wie er jetzt für die Brennelemente des FRM II vereinbart wurde. (Das ist das sog. "hoch angereicherte Uran" oder HEU.) Diese Hohlkugeln sollten ein Gewicht von jeweils etwa 20 kg besitzen. Die eine Hohlkugel liegt am verschweißten Ende eines Rohrs, an dessen anderem Ende die zweite Hohlkugel ist. Mit einer reichlich bemessenen Sprengladung wird diese dann auf die erste Hohlkugel geschossen.

Die einzige Schwierigkeit, eine Uranbombe zu bauen, besteht darin, an waffenfähiges Uran zu kommen. Dieses soll nun in Garching an einem Reaktor eingesetzt werden, an dem Studenten aus vielen Ländern arbeiten. Eine noch größere Zahl von Studenten und Technikern soll an ihm für den Betrieb von Atomkraftwerken ausgebildet werden. Das Brennelement dieses Reaktors muss jährlich mehrmals gewechselt werden. Es handelt sich um eine Spezialanfertigung, die aus Kostengründen jeweils für größere Stückzahlen durchgeführt werden muss. So ist es unvermeidlich, dass deutlich mehr Brennelemente gelagert werden, als zum Bau von ein oder zwei Atombomben benötigt werden. Es muss bezweifelt werden, dass die Beamten der Technischen Universität München, die den Reaktor betreiben, in der Lage sind, die Brennelemente vor dem Diebstahl durch terroristische Studenten zu schützen. (Die bisherigen Vorfälle von grober Missachtung der Dienstvorschriften deuten auf das Gegenteil hin.) Aber selbst wenn sie es könnten: Wird in Garching ein Reaktor mit waffenfähigem Uran gebaut, dann haben auch alle Schwellenländer das gleiche Recht auf einen derartigen Atommeiler. Und damit haben sie praktisch die Atombombe.

Oft wird von den CSU - Politikern behauptet, das Uran sei bei den Brennelementen des FRM II in eine "Matrix" von Silizium eingebettet, aus der man es nicht herauslösen kann. Dies ist unrichtig: Nicht nur in Fachbüchern, sondern auch in populärwissenschaftlichen Zeitschriften sind Verfahren angegeben, um aus diesen Brennelementen metallisches Uran zu gewinnen. Dazu benötigt man nur handelsübliche Chemikalien. Der Prozess läuft in wenigen Stunden ab. Der Vorteil: Auf diese Weise kann man das Uran sofort in die richtige Form bringen; eine mechanische Bearbeitung, bei der Material verloren geht, ist kaum nötig.

Wegen dieser Gefahren wurde in der gesamten westlichen Welt das sog. "WTER - Programm" durchgeführt, das das bisher benutzte waffenfähige Uran in den Forschungsreaktoren durch weniger hoch angereichertes ersetzt, ohne dass dadurch der wissenschaftliche Nutzen der Reaktoren verringert wird. Auch Deutschland hat früher viele Millionen DM für die Entwicklung dieses Programms ausgegeben. Praktisch alle Forschungsreaktoren in der westlichen Welt wurden auf dieses neue, "niedrig angereicherte Uran" (englisch: LEU) umgerüstet, mit Ausnahme einiger weniger sehr alter, deren Betriebszeit in Kürze ablaufen wird. Jetzt werden diese Bemühungen durch den FRM II unterlaufen.

Die Verwendung von Bomben - Uran im FRM II wird damit begründet, dass man sonst nicht einen derartig hohen Neutronenfluss bei so niedriger Leistung erreichen könne. Dadurch würde man mehr Sicherheit erreichen und weniger von dem hochgiftigen Plutonium erzeugen. Dies ist nur die halbe Wahrheit: Physiker des Argonne National Laboratory, die schon viele Forschungsreaktoren gebaut haben, konnten nachweisen, dass mit "niedrig angereichertem Uran" und nur geringfügig höherer Leistung derselbe Neutronenfluss möglich ist. (Der Originalbericht hierzu liegt der ödp vor und kann eingesehen werden.) Und die Menge des erzeugten Plutoniums beträgt bei Forschungsreaktoren ohnehin nur weniger als ein Prozent des Plutoniums, das in einem Atomkraftwerk entsteht. Daher spielt es praktisch keine Rolle.

So bleibt der ödp nur das Entsetzen über diese Vereinbarung. Buchner: "Gerade Stoiber lässt sich gerne als Vorkämpfer gegen den Terrorismus feiern. Aber gleichzeitig schafft er die Voraussetzungen für eine noch nie da gewesene terroristische Bedrohung."


Dr. Claudius Moseler, Generalsekretär der ödp


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