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Presse-Stelle:  Bündnis 90/ Die Grünen Bundesvorstand, D-10115 Berlin
Rubrik:Politik    Datum: 15.09.2001
Beschluss der Sondersitzung der Bündnis 90/Die Grünen
Der Pressesprecher Dietmar Huber erklärt:

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat auf ihrer Sondersitzung folgenden, mit dem Parteiratsbeschluss übereinstimmenden Beschluss gefasst:

1. Die entsetzlichen Angriffe, die am 11.09.2001 auf die
Vereinigten Staaten von Amerika verübt wurden, waren ein
menschenverachtender Anschlag gegen die Werte einer offenen,
zivilen Gesellschaft, für die wir eintreten. Diese Angriffe haben
weltweit lähmendes Entsetzen, Trauer, Wut, große Sorge hervor
gerufen, aber auch zu einer starken Welle der Solidarität mit den
Opfern, ihren Angehörigen und dem ganzen amerikanischen Volk
geführt. Bündnis 90/Die Grünen sind Teil dieser Solidarität.

2. Wir unterstützen die Forderung des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen, dass die Verantwortlichen des Massenmordes,
die Organisatoren wie die Sponsoren ausfindig gemacht und zur
Rechenschaft gezogen werden. Wir unterstützen die Feststellung des
Sicherheitsrates, daß Terrorakte als Bedrohung des internationalen
Friedens bekämpft werden müssen.

3. Die Regierung der USA hat angekündigt, daß sie hart auf die
terroristische Aggression reagieren will. Sie hat zum Beispiel
davon gesprochen, den Terrorismus "mit Stumpf und Stil
auszurotten". Das hat in breiten Teilen der deutschen wie der
europäischen Öffentlichkeit der Sorge Nahrung gegeben, eine zu
wenig besonnene Reaktion der USA könnte am Ende die Rechnung der
Terroristen aufgehen lassen, die auf eine Eskalation der Gewalt
setzen. Vor diesem Hintergrund unterstreichen wir das legitime
Recht der USA zur Selbstverteidigung auf der Basis der Charta der
Vereinten Nationen. Glaubwürdig ist rechtsstaatliche Demokratie
aber nur, wenn sie bei der Ermittlung und Bestrafung der Täter
ihre eigenen Prinzipien nicht verletzt. Das Völkerrecht deckt
Rache nicht ab; eine davon geprägte Eskalationsstrategie lehnen
wir ab. Jedes mögliche Vorgehen muss begleitet werden von einem
politischen Konzept, das über den Tag hinausweist und ein Angebot
enthält zur wirksamen Behandlung der Konflikte, aus denen sich die
Gewalt speist. Wir fordern eine grundsätzliche Neuausrichtung der
Sicherheitspolitik. Dabei muß im Vordergrund stehen, wie neuen
globalen Bedrohungen durch Krisenprävention, durch zivile
Konfliktbearbeitung, durch die Schaffung globaler Gerechtigkeit
und die faire Lösung von Regionalkonflikten begegnet werden kann.

4. Die USA haben sich nach der nationalen Tragödie an den NATO-Rat
gewandt mit dem Antrag nach Artikel 5 des Washingtoner Vertrages
den Bündnisfall festzustellen. Der NATO-Rat hat am 12.09.2001
einstimmig für den Fall, daß die Ermittlungen zu den
Terroranschlägen ergeben, daß diese von außerhalb der USA
gesteuert wurden, die Anwendung des Artikel 5 des NATO-Vertrages
festgestellt. Zum ersten Mal hat die NATO damit einem Mitglied
formell Hilfe gegen einen bewaffneten Angriff zugesagt,
militärische Hilfe gegebenenfalls eingeschlossen. Dem hat auch die
Bundesregierung zugestimmt. Dies war eine sehr schwere
Entscheidung. Aber: Angesichts der terroristischen Angriffe auf
US-Bürgerinnen und Bürger können wir der Inanspruchnahme des
Bündnisfalles nicht widersprechen.

5. Die Annahme des Bündnisfalles bedeutet nicht schon eine
Entscheidung für die Teilnahme an militärischen Planungen oder
Aktionen der USA. Die Annahme des Bündnisfalles hebt nicht die
Verpflichtung der deutschen Seite auf, in eigener Verantwortung
und unter Beachtung der verfassungsmäßigen Regeln wie insbesondere
des Parlamentsvorbehaltes selbst zu entscheiden, welche Hilfe mit
welchen Mitteln sie für notwendig hält, um die Sicherheit
wiederherzustellen und aufrecht zu erhalten.

6. Die weltweite Betroffenheit, die durch die terroristische
Gewalt ausgelöst wurde, hat plastisch deutlich gemacht, wie weit
die Welt, in der wir leben, zu einer Welt zusammenwächst. Wir
wenden uns entschieden gegen alle Versuche, diese Betroffenheit
auszuschlachten, um mit Strategien der Abschottung, der nationalen
Borniertheit und Fremdenfeindlichkeit autoritäre Politik zu
betreiben. Zivile und offene Gesellschaften vertragen keinen Kampf
der Kulturen. Sie beruhen auf der Vielfalt der Kulturen und der
Religionen. Jedes Versäumnis im Dialog der Kulturen, vor allem mit
der islamischen, jedes Versäumnis bei der Verbesserung der
Lebensbedingungen in jenen Ländern, die heute Brutstätten des
Terrorismus sind, holt uns ein. Abschottung ist eine
rückwärtsgewandte - Illusion. Wir stehen weiter zu unserer Vision
einer Völkergemeinschaft weltoffener Demokratien. Dazu gehört
nicht nur die Bereitschaft, zur Verteidigung einer weltoffenen
Demokratie dem Terrorismus zu widerstehen. Es gehört auch dazu,
ihm den politischen Boden zu entziehen durch Förderung von
Menschenrechten, Demokratie, Toleranz und internationaler
Gerechtigkeit. Dafür treten Bündnis 90/Die Grünen ein.


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