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Presse-Stelle:  BDLA Bund Deutscher Landschafts- architekten Bundesgeschäftsstelle, D-10179 Berlin
Rubrik:Land und Gartenbau    Datum: 08.02.2001
Mit geplantem Umweltgesetz drohen Rückschritte in der Umweltvorsorge
BDLA wendet sich gegen rot-grünen Gesetzentwurf zur Umweltverträglichkeitsprüfung

In der Anhörung des Umweltausschusses des Bundestages am 24. Januar 2001 hat sich der Bund Deutscher LandschaftsArchitekten BDLA für deutliche Verbesserungen am Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie ausgesprochen.

Das derzeit von der Bundesregierung aufgrund der europäischen UVP-Änderungsrichtlinie erarbeitete Artikelgesetz ist großem Zeitdruck entstanden und weist noch erhebliche Schwächen auf. Wegen der seit Jahren verzögerten Umsetzung der EU-Vorgaben läuft seit Dezember 2000 bereits ein Zwangsgeldverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Der Zeitdruck rechtfertigt allerdings nicht den mangelnden politischen Willen, die Umweltvorsorge ernsthaft auszugestalten.

Für den BDLA nahm die Sachverständige Prof. Dr. Beate Jessel an der Anhörung im Umweltausschuss teil. Sie stellte fest: "Von besonderer Relevanz und kritikwürdig sind die mangelnde Kompatibilität des vorliegenden Gesetzentwurfs zu den europarechtlichen Vorgaben, die Problematik der Schwellenwerte für einzelne Vorhaben sowie die Kriterien für die sogenannte Vorprüfung im Zuge einer Umweltverträglichkeitsprüfung."

Rückschritte überwiegen die positiven Aspekte:

Das Artikelgesetz wurde - dies wird ausdrücklich begrüßt - in enger Anlehnung an den Wortlaut und die Vorgaben der europäischen Richtlinie erstellt. In der Praxis notwendig und besonders wichtig ist dabei die Möglichkeit der Einzelfallprüfung, die in differenzierter Form in den Gesetzestext Eingang gefunden hat. Vorteilhafte ökologische Auswirkungen werden sich vor allem mit der - europarechtlich gebotenen - Aufnahme einer Prüfpflicht für zusätzliche Vorhaben sowie - eine entsprechende Ausgestaltung vorausgesetzt - mit der Einführung einer allgemeinen und einer standortbezogenen Vorprüfung ergeben.

Jedoch bleibt der Gesetzentwurf in verschiedener Hinsicht hinter den Vorgaben der geänderten UVP-Richtlinie zurück. Bei Durchsicht der Vorgaben der UVP-Richtlinie zu den prüfpflichtigen Projekten fällt deutlich ins Auge, dass von den europarechtlichen Vorgaben nur der absolute Mindeststandard übernommen worden ist. Für viele Projekte wird dadurch sogar ein Zurückschreiten hinter einen bereits erreichten Stand der Umweltvorsorge in Kauf genommen.

Die Intention der UVP-Änderungsrichtlinie, die Prüfverfahren zu ergänzen und zu verbessern, erlaubt ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten über das angegebene Mindestniveau hinaus effektivere Umweltschutzvorschriften festlegen können. Dem wird in keiner Weise entsprochen. Bedauerlich ist vor allem, dass man durch den Gesetzentwurf nicht die Chance genutzt hat, bestehende Mängel etwa zur Öffentlichkeitsbeteiligung zu beheben und die UVP in ihren materiellen Bezügen zu stärken. Dies hätte bspw. durch die explizite Einführung einer Prüfung der Nullvariante erfolgen können.

Besonders problematisch ist, dass der Gesetzentwurf für eine Vielzahl von Vorhaben auch Rückschritte in der UVP-Pflichtigkeit von Vorhaben hinter den bestehenden Stand der Gesetzgebung vorsieht. Ausgesprochen bedenklich sind vor allem die Kriterien für die standortbezogene Vorprüfung: Indem sie sich ausschließlich auf bestimmte "Schutzkriterien" beziehen und zudem erst oberhalb einer bestimmten Schwelle ansetzen, wird die Möglichkeit einer Zulässigkeit bestimmter Vorhabenstypen auch in Schutzgebieten suggeriert, in denen eigentlich alle Handlungen, die zu einer Veränderung oder Beeinträchtigung führen können, verboten sind.

Rechtsunsicherheit zu befürchten:

Der Gesetzentwurf entspricht - insbesondere auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH - in einigen Punkten nicht den Vorgaben der geänderten UVP-Richtlinie. Es fehlt bspw. eine Umsetzung der UVP-Pflicht für einige der in den Anlagen der geänderten UVP-Richtlinie genannten Vorhaben. Unter den standortbezogenen Prüfkriterien der Anlage 2 des Gesetzentwurfs fehlen bestimmte, in der UVP-Änderungsrichtlinie explizit als besonders sensibel genannte Lebensraumtypen (Feucht-, Küsten- und Waldgebiete, Bergregionen). Die standortbezogene Vorprüfung der UVP-Pflicht von Projekten ist zudem weitgehend auf bestimmte rechtliche Schutzkategorien eingeschränkt, die diese Lebensräume nur teilweise erfassen. In seinem Irland-Urteil vom 21.09.1999 hat der EuGH jedoch festgestellt, dass für die Prüfpflicht auch die Art und die Empfindlichkeit des Standortes zu beachten sind, wenn diese erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen.

Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, dass bis 31.12.2004 die Verletzung von Vorschriften des BauGB zur Durchführung einer UVP für die Rechtswirksamkeit von Bebauungsplänen nicht beachtlich ist. Damit verbindet sich für Bebauungspläne bis zum genannten Datum faktisch eine Aussetzung der UVP-Pflicht, da die mangelnde oder Nicht-Anwendung ja folgenlos bleiben soll. Mit seinem wegweisenden Urteil vom 22.10.1998 hat der EuGH jedoch derartige Überleitungsbestimmungen für unzulässig erklärt.

Aus diesen Gründen bleibt zu befürchten, dass eine Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung nicht auszuschließen ist. Einmal mehr wird Rechtsunsicherheit für Investoren, Behörden, Kommunen und Planer in Kauf genommen.

Beteiligung von Bürgern nicht gewünscht?

Dass die Regelungen zur UVP-Pflichtigkeit nur noch für Fachleute und auch dann nur noch unter erheblichem Aufwand nachvollziehbar sein dürften, verschlechtert die Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger und verstärkt bestehende Demokratiedefizite. An der Öffentlichkeitsbeteiligung - einem wesentlichen Anliegen der UVP-Richtlinie, das in deren geänderter Fassung noch weiter hervorgehoben wird - soll sich durch den Gesetzentwurf nichts ändern; sie bleibt weiterhin unzureichend.

Modernisierung des Umweltrechts verpasst!

Zu beachten ist, dass durch den gesetzten rechtlichen Rahmen bereits wesentliche Rahmenbedingungen für die spätere Einführung einer "Strategischen Umweltprüfung" (SUP) von Plänen und Programmen gesteckt werden, für die die entsprechende EU-Richtlinie in Vorbereitung ist. Da die SUP sich auf solche Pläne und Programme erstrecken soll, die den Rahmen für die Genehmigung von Projekten setzen, besteht insbesondere eine enge Verbindung zu den Projekten und deren Schwellenwerten im neuen Artikelgesetz. Sinnvoll wäre es gewesen, über die notwendigen Gesetzesänderungen hinaus bestimmte Anforderungen der SUP bereits im Vorlauf zu berücksichtigen. Es ist bedauerlich, dass man diese Chance auf dem Weg zu einem stärker medienübergreifend ausgerichteten Umweltschutz nicht genutzt hat.

Die ausführliche Stellungnahme des BDLA steht im Internet zur Verfügung.

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