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Mit der Verschiebung der REACH-Revision stellt die EU-Kommission die Interessen der Industrie vor den Umwelt- und Gesundheitsschutz. Ein Bericht der schwedischen NGO ChemSec zeigt aber, dass die chemische Industrie, darunter auch BASF und Bayer, trotz der steigenden Energiepreise erhebliche Gewinne machen. Weltweit erwirtschaftet die chemische Industrie die höchsten Umsätze aller Industriesektoren. Und es wird ein erhebliches Umsatzwachstum für die nächsten Jahre prognostiziert. Die Kommission selbst hatte die Reform als dringend notwendigen Schritt angekündigt, weil REACH in seiner gegenwärtigen Form keinen ausreichenden Schutz vor gefährlichen Stoffen biete. Sie ist überfällig, um die Bewertung und Beschränkung von gefährlichen Stoffen zu beschleunigen und den nachhaltigen Umbau des Chemiesektors in Gang zu bringen. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen appellierten in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, die REACH-Revision gemäß dem ursprünglichen Zeitplan vorzulegen. Das Einknicken der EU-Kommission vor dem Druck der deutschen Chemieindustrie ist ein Armutszeugnis und torpediert die Ziele des Green Deals. Auch die Umweltminister*innen aus acht EU-Mitgliedsstaaten - darunter Deutschland - sowie eine Mehrheit im europäischen Parlament teilen das Anliegen der NGOs, die REACH-Revision wie geplant durchzuführen. Hintergrund: Wie stark die Vergiftung in den letzten Jahren auch in Europa zugenommen hat, zeigen Daten zur Belastung des Menschen mit schädlichen Chemikalien aus dem EU-Projekt "Human Biomonitoring for the European Union" (HBM4EU). Die nachgewiesenen Konzentrationen von Kunststoffzusätzen wie Weichmachern oder poly- und perfluorierten Verbindungen (PFAS) bei Kindern und Jugendlichen sind so hoch, dass gesundheitliche Schäden nicht mehr ausgeschlossen sind. Auch die UN hat in diesem Jahr die chemische Verschmutzung als dritte große Umweltkrise benannt, während parallel Wissenschaftler*innen in einer Studie belegten, dass die planetaren Grenzen für die chemische Belastung bereits überschritten sind. Im Oktober 2020 legte die EU-Kommission die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit als Teil des europäischen Zero-Pollution Ziels vor. Darin war u.a. enthalten, die REACH-Verordnung zu überarbeiten, um die Defizite von REACH zu korrigieren. Die REACH-Verordnung ist 2007 in Kraft getreten. Zentraler Bestandteil ist das "no data no market" Konzept, laut dem die Hersteller und Importeure von chemischen Stoffen Informationen über diese Stoffe an die Europäische Chemikalienagentur übermitteln müssen, um diese in der EU verkaufen zu können. Zudem müssen sie nachweisen, dass diese Stoffe in den "vorgesehenen Verwendungen" keine negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Die Verordnung definiert verschiedene regulatorische Instrumente, wie das Zulassungs- und das Beschränkungsverfahren, mit denen die Behörden den Marktzugang von besonders schädlichen Chemikalien einschränken können. Was im Ansatz gut schien, lief in der Praxis eher schleppend. Die europäische NGO EEB hatte in einem Bericht aufgezeigt, dass es durchschnittlich 10 Jahre dauert, einen einzigen Stoff zu regulieren. Mehr Informationen:
Kommentar unserer Leserin Dipl.-Ing. Sabine Anton-Katzenbach: Es steht außer Frage, dass Chemikalien unsere Umwelt über Gebühr belasten - angefangen mit Pestiziden, die unser damaliger Umweltminister Altmeier hat weiterlaufen lassen. Aber: Viele Chemikalien sind für die Produktion wesentlicher Produkte, angefangen von Baustoffen über Desinfektionsmittel bis zu uns allen unbekannten Bereichen in Fertigungsprozessen notwendig, um von uns allen geschätzte Eigenschaften zu erzeugen. Ein Beispiel: Fassadenfarben. Seit der Einsatz von Kupfer und anderen Wachstumshemmern verboten ist, hat eine weiße Fassade nach wenigen Jahren ordentlich Grünbelag angesetzt und muss - so das ein Eigentümer wünscht - wieder nachgestrichen werden. Ist das nachhaltig? Ein wesentlicher Aspekt fehlt mir in Ihrem Beitrag aber, und der geht um den Schutz von Menschen im Umgang mit Gefahrstoffen und in gefährlichen Situationen. Feuerwehrleute können ohne Ausrüstung ihrer Montur mit perfluorierten Kohlenstoffen nicht mehr in einen Brandherd einrücken, weil sie sonst einfach verbrühen. OP-Abdecktücher würden ohne diese Ausrüstung ihre Wirkung der Blut- und Ölabweisung nicht mehr erfüllen und müssten durch Einwegartikel ersetzt werden. In einer ausgewogenen Berichterstattung sollten solche Sonderfälle durchaus erwähnt werden - denn Chemie ist nicht immer grundsätzlich schlecht. Sabine Anton-Katzenbach, Textilberatung Hamburg sak@textilberatung.com
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