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Rubrik:Geld & Investment    Datum: 04.07.2022
Kampf gegen Betrug bei Agrarausgaben
EU muss stärker vorbeugen
Die Gemeinsame Agrarpolitik - der größte Einzelposten des EU-Haushalts - umfasst Ausgabenregelungen, die besonders betrugsanfällig sind. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Darin verweisen die Prüfer auf die Betrugsrisiken im Rahmen der EU-Agrarpolitik, und sie bewerten, wie die Europäische Kommission auf derartigen Betrug reagiert hat. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Kommission zwar gegen Betrug bei den EU-Agrarausgaben vorgegangen ist, sie halten aber stärker vorbeugende Maßnahmen gegen bestimmte Betrugsrisiken, wie etwa die "illegale Landnahme", für wünschenswert. Betrüger könnten Schwachstellen in den Kontrollen der EU-Länder ausnutzen. Daher empfehlen die Prüfer der Kommission, die nationalen Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung besser zu überwachen, konkretere Leitlinien zu formulieren und den Einsatz neuer Technologien zur Verhinderung und Aufdeckung von Betrug zu fördern.

Die Prüfer untersuchten Betrugsmuster bei den Regelungen für EU-Agrarzahlungen. Außerdem analysierten sie Maßnahmen, die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik finanziert und von der EU und den EU-Ländern gemeinsam verwaltet werden, wie etwa Direktzahlungen, Maßnahmen zur Marktregulierung und die Förderung der ländlichen Entwicklung. Dafür wurden Daten aus den Programmzeiträumen 2007-2013 und 2014-2020 untersucht. Die wichtigsten dabei ermittelten Risiken betreffen die Vertuschung von Verstößen gegen die Förderbedingungen oder sie entstehen durch die Komplexität der finanzierten Maßnahmen und durch illegale Formen der Landnahme.

"Betrug schadet den finanziellen Interessen der EU und verhindert, dass die politischen Ziele erreicht werden", so Rechnungshofmitglied Nikolaos Milionis, der die Prüfung leitete. "Wir sind der Ansicht, dass die EU mehr tun sollte, um dem Betrugsrisiko bei den Agrarausgaben entgegenzuwirken. Nach unserer Einschätzung wird unser Bericht der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten dabei helfen, ihre Kapazitäten im Bereich der Betrugsbekämpfung im Hinblick auf die neue Gemeinsame Agrarpolitik 2023-2027 auszubauen."

Ausgabenbereiche, für die komplexere Regeln gelten, seien anfälliger für Betrug, was beispielsweise für Investitionen in die Entwicklung des ländlichen Raums gelte. Auch manche der auf bestimmte Empfänger abzielenden Förderregelungen hätten sich als anfällig für Betrug erwiesen, da einige Antragsteller wichtige Informationen zurückhielten oder künstlich Bedingungen schaffen würden, um die Kriterien für die Förderfähigkeit zu erfüllen und unberechtigt an Agrarhilfen zu gelangen. Dies könne beispielsweise bei der Unterstützung kleiner und mittelgroßer Agrarbetriebe passieren, wenn diese ihre Verbindungen zu anderen Unternehmen verschwiegen, oder wenn nicht förderfähige Betriebe die Zahlungen unter der Rubrik "Junglandwirte" beantragten.

Die sogenannte Landnahme kann betrügerische Praktiken wie Urkundenfälschung, Zwang, politische Einflussnahme oder die Nutzung von Insiderwissen, Manipulation von Verfahren oder Bestechungszahlungen umfassen. Nach Erkenntnissen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung und nationaler Behörden sind öffentliche oder private Flächen, bei denen die Eigentumsverhältnisse unklar sind, am anfälligsten für diese Form des Betrugs. Mitunter würden in solchen Fällen Flächen nur - auf legalem oder illegalem Weg - erworben, um Direktzahlungen zu erhalten, ohne überhaupt Landwirtschaft zu betreiben. Ein erhöhtes Risiko für solche Betrügereien gebe es bei bestimmten Arten von Weideland und in der Berglandwirtschaft, weil es dort schwieriger sei, zu überprüfen, ob die verlangte landwirtschaftliche Tätigkeit - etwa die Weidehaltung - tatsächlich stattfindet.

Die Europäische Kommission hat ihre Analyse des Betrugsrisikos in der Gemeinsamen Agrarpolitik zuletzt im Jahr 2016 aktualisiert. Daher lautet eine Empfehlung der Prüfer, die Bewertung der verschiedenen Ausgabenregelungen hinsichtlich ihrer Betrugsanfälligkeit auf den neuesten Stand zu bringen. Das gelte auch für die Bewertung der Maßnahmen, mit denen die EU-Länder die Aufdeckung, Verhinderung und Beseitigung von Betrug ermöglichen.

Die Prüfer empfehlen der Europäischen Kommission ferner, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die wichtigsten Betrugsrisiken einzudämmen und die Nutzung von Technologien wie Data Mining, maschinellem Lernen, Satellitenaufnahmen und Fotoauswertung zu fördern, die bei der Betrugsbekämpfung nützlich sein können. Auch sollte sie die EU-Länder zu Schritten in diese Richtung ermuntern.

Hintergrundinformationen
Die Gemeinsame Agrarpolitik war schon immer ein Schwerpunktbereich in der Arbeit des Rechnungshofs, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Agrarausgaben. In seinen Prüfungen zur sogenannten Zuverlässigkeitserklärung zwischen 2018 und 2020 prüfte der Rechnungshof 698 EU-Agrarzahlungen und stellte in 101 Fällen Fehler fest. In 17 dieser Fälle hatte der Hof den Verdacht, dass der Fehler mit Betrug zusammenhängen könnte. Der Europäische Rechnungshof kann selbst keine Untersuchungen von Betrugsfällen durchführen. Jedoch leiten die Prüfer bei Verdacht auf Betrug die Fälle zur weiteren Untersuchung an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung oder die Europäische Staatsanwaltschaft weiter.

Der Sonderbericht 14/2022 "Reaktion der Kommission auf Betrug im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik: Es ist an der Zeit, das Problem an der Wurzel anzugehen" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.


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