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Rubrik:Politik & Gesellschaft    Datum: 27.04.2021
Stellungnahme zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2021
Für die Gemeinwohl-Ökonomie stellt die nicht-finanzielle Berichterstattung ein zentrales Instrument zur Etablierung einer werteorientierten, ethischen Wirtschaftsweise dar.
Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) begrüßt die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) und dankt für die Möglichkeit, sich in den Erarbeitungsprozess inhaltlich mit eingebracht haben zu können. Für die Gemeinwohl-Ökonomie stellt die nicht-finanzielle Berichterstattung ein zentrales Instrument zur Etablierung einer werteorientierten, ethischen Wirtschaftsweise dar. Sie dient dazu, wirtschaftliche und politische Entscheidungen konsequent auf ihre Ausrichtung an ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit hin zu überprüfen und messbar zu machen. Vor diesem Hintergrund sind die Inhalte und die rechtliche Verbindlichkeit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie für die Gemeinwohl-Ökonomie von zentraler Bedeutung. Die nun vorliegende Fassung kann aus Sicht der Gemeinwohl-Ökonomie lediglich als Zwischenstand gewertet werden, der in seiner Reichweite deutlich ausgeweitet werden muss. Im Folgenden eine Übersicht, an welchen Stellen die Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie den Anforderungen einer zukunftsfähigen Wirtschaftsordnung im Sinne der GemeinwohlÖkonomie noch nicht genügt:

1. Erhöhung der Verbindlichkeit und Relevanz der DNS
"Das BIP ist nicht dafür konzipiert, die Gesamtheit aller gesellschaftlichen Aspekte der Wohlfahrtsmessung abzubilden (.) Die Bundesregierung wird prüfen, wie eine weitere Ergänzung des BIP mit Orientierung an anderen Wohlfahrtsmaßstäben erfolgen kann" (S.219)

Die Gemeinwohl-Ökonomie begrüßt sehr, dass die Bundesregierung eine rein finanzielle Erfolgsmessung für unzureichend erachtet, um wirtschaftliches Handeln ganzheitlich zu erfassen. Ist die Mehrung des Gemeinwohls, wie in der Verfassung vorgesehen, der Maßstab wirtschaftlichen Handelns, dann haben ökonomische, soziale und ökologische Kennzahlen gleichberechtigt nebeneinander zu stehen.

Die Gemeinwohl-Ökonomie erkennt die Ziele und Indikatoren der vorliegenden Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie als eine erste Grundlage an, um eine qualitative volkswirtschaftliche Wohlstandsmessung, z.B. als "Gemeinwohl-Produkt" zu etablieren. Mittelfristig sollte die Entwicklung dieser Ziele und Indikatoren auf einer noch breiteren, (basis-) demokratischen Legitimierung aufbauen.

2. Eindeutige Verantwortlichkeiten und Berichtspflicht
"Die Bundesregierung will insbesondere mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung den Austausch fortführen, an welchen Stellen die Strategie (ihre Governance ebenso wie die mit ihr festgelegte Maßnahmen und Ziele) weiter geschärft werden soll."

Die Gemeinwohl-Ökonomie hält es für nicht ausreichend, lediglich den Austausch mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung fortzuführen. Vielmehr müssten die verschiedenen Ziele der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie hauptverantwortlichen Ministerien zugeordnet werden, welche sich in regelmäßigen Abständen vor dem Parlament verantworten müssen. Die Strategie, ihre Governance ebenso wie die mit ihr festgelegten Maßnahmen und Ziele müssten von einem wissenschaftlichen Expert*innen-Gremium erarbeitet und jährlich anhand einer Zielevaluierung angepasst werden.

3. Mechanismen zur Verhinderung von Off-Track-Indikatoren
Die Gemeinwohl-Ökonomie fordert stärkere Mechanismen zur Verhinderung von Off-Track- Indikatoren, also wirksamen Maßnahmen zur Verhinderung von Entwicklung entgegen der gesteckten Nachhaltigkeitsziele. Ein Bericht zu den Off-Track-Indikatoren, in welchem weitere Maßnahmen genannt werden, reicht dabei nicht aus. Dies wurde bereits 2018 auch von internationalen Experten in einem Peer Review an den Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung herangetragen. In der DNS sind jedoch keine weiteren Maßnahmen zu erkennen.

Konkret schlägt die Gemeinwohl-Ökonomie vor, dass Gesetze, die zu einer Fehlentwicklung in Off-Track-Bereichen beitragen könnten, mind. höhere formale Hürden gelten, besser aber gar nicht erst verabschiedet werden dürfen und entsprechende, kontraproduktiv wirkende Subventionen zeitnah abgebaut werden. Weitere Maßnahmen zur Verhinderung von Entwicklungen entgegen der gesteckten Nachhaltigkeitsziele müssen unverzüglich eingeleitet und umgesetzt werden.

4. Anspruchsvollere Nachhaltigkeitsberichterstattung
"Die Bundesregierung wird sich auf europäischer Ebene für eine Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung einsetzen und hält es für wichtig, dass hierbei auch Vertreter der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft eingebunden sind. (S.285)"

Die Gemeinwohl-Ökonomie begrüßt, dass die Bundesregierung die nichtfinanzielle Berichterstattung stärkt und dabei auch relevante Anspruchsgruppen mit einbeziehen möchte. Die Gemeinwohl-Ökonomie weist dabei darauf hin, dass sich die Bundesregierung an einem ambitionierteren Standard der nichtfinanziellen Berichterstattung orientieren und die hierfür definierten Kriterien des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie der Meta-Kriterien in einer Studie des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) berücksichtigen sollte. Zudem plädiert sie weiterhin für die Ausweitung des CSRRichtlinien- Umsetzungsgesetz auch auf nicht kapitalmarktorientierte, große Unternehmen (>500 Mitarbeitende > 50 Mio. € Umsatz) sowie mittelfristig auf alle Unternehmen ab 20 Mitarbeiter*innen (KMU).

5. Wirtschaftspolitische Anreizmechanismen
Zudem sollen "Informations- und Unterstützungsangebot für Unternehmen (insbesondere KMU) in der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen (CSR-Richtlinien)" ausgebaut werden (S.285f)

Die Gemeinwohl-Ökonomie erwartet mit Spannung, wie die genannten Unterstützungsangebote aussehen werden. Sie plädiert dafür, dass Teile der anfallenden Sach- und Personalkosten der Nachhaltigkeitsberichterstattung übernommen werden. Darüber hinaus sollte wissenschaftlich überprüft werden, inwiefern steuerliche Anreize und Maßnahmen der Wirtschaftsförderung systematisch an das Ergebnis von Nachhaltigkeitsberichten geknüpft werden können.

6. Anpassungen bei den Indikatoren
"Diese (Indikatoren) sind nur Mittel zum Zweck. Bedeutend für die politische Debatte sind am Ende aber die Ziele, die das Ambitionsniveau der nachhaltigen Entwicklung bestimmen, sowie die dazugehörigen in der DNS festgelegten Maßnahmen." (S.91)

Die Gemeinwohl-Ökonomie fordert weiterhin die Änderung des Indikators im Bereich Nachhaltige Produktion (12.2) von "Anzahl der EMAS-Organisationen" zu "Anteil mittlerer und großer Unternehmen", die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, der den Anforderungen des CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes entspricht. Weiterhin sollte auch der Indikator im Bereich nachhaltige Beschaffung (12.3.a) von "Anteil des Papiers mit Blauem Engel am Gesamtpapierverbrauch der unmittelbaren Bundesverwaltung" zu "Anteil öffentlicher Beschaffung von Produkten mit staatlichen Umweltzeichen" angepasst werden.


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