Ein Service von
www.ECO-World.de
 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  ECO-News Deutschland, D-81371 München
Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 16.07.2020
Europäischer Bio-Kongress 2020
Politik, Wissenschaft, Wirtschaft & Gesellschaft einig: Bio ist Teil der Lösung
Die Botschaft, die von allen hochrangigen Sprechern des Europäischen Bio-Kongresses (EOC 2020 - Organic in Action) von IFOAM Organics Europe und dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) in die Welt gesandt wurde, ist eindeutig: Unser Ernährungs-System steckt in einer tiefen Krise - und Bio kann einen wichtigen Beitrag leisten, mit Hunger, Artensterben oder Klimaveränderungen fertig zu werden.

Felix Prinz zu Löwenstein, BÖLW-Vorsitzender, sagte: "Die Farm-to-Fork-Strategie der EU Kommission zielt darauf, den Ökolandbau in ganz Europa auf 25 % bis 2030 auszubauen. Die EU-Kommission tut das nicht nur, um eine attraktive Marktchance zu nutzen. Sondern weil Bio ein wichtiges Instrument ist, um Landwirtschaft und Ernährung wirksam umzubauen. Entsprechend groß ist die Verantwortung, die auf uns als Bäuerinnen, Verarbeiter, Händlerinnen in der Bio-Branche zukommt. Wir müssen auch Impulse für die dreiviertel der Betriebe setzen, die aktuell konventionell wirtschaften. Denn das zweite EU-Ziel, den Pestizidverbrauch zu halbieren, bedeutet: Die gesamte Landwirtschaft und das ganze Ernährungssystem müssen entscheidend verändert werden. Dafür sind die Erfahrungen von Öko-Praxis und -Forschung Gold wert, die wir seit vielen Jahrzehnten auf dem Acker, im Stall, in der Verarbeitung und im Handel gemeinsam mit einer immer größeren Zahl von Kundinnen und Kunden machen."

Mit Blick auf die Kongress-Statements der EU-Kommissare für Gesundheit, Stella Kyriakides, und Agrar, Janusz Wojciechowski, sowie der EU-Abgeordneten Waitz (Grüne/EFA) und Lins (EVP) betonte IFOAM Organics Europe-Präsident, Jan Plagge: "Die Politik meint es ernst. Mit EU-weit 25 % Bio bis 2030 gibt Brüssel der Transformation der Land- und Ernährungswirtschaft eine klare Richtung. Wir begrüßen den ganzheitlichen Ansatz und auch die Zielmarke für den Ökolandbau der Farm to Fork-Strategie sehr. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, dass wir in Zukunft deutlich stabilere Systeme brauchen. Und die Bio-Betriebe in ganz Europa und weltweit zeigen schon, wie Innovation, Effizienz, Nachhaltigkeit und Resilienz auf dem Acker, im Stall, in den Mühlen, Molkereien oder Bäckereien sowie im Handel Hand in Hand gehen können."

Der dreitägige Online-Kongress diskutierte die Neufassung des EU-Bio-Rechts, die EU-Agrarpolitik, europäische Öko-Aktionspläne und das Wirtschaften in Zeiten nach Corona. Es schalteten sich etwa 1000 verschiedene Akteure aus allen Teilen der Welt dazu und diskutierten mit den Referenten aus ganz Europa.

Eine Dokumentation inkl. der kompletten Video-Aufzeichnung der fünf Sessions und der 10 Take-aways finden Sie auf der BÖLW-Webseite www.boelw.de/eoc2020

Stimmen des Kongresses:
Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, betonte, dass Ökolandbau ein Eckpfeiler der Farm to Fork-Strategie für ein nachhaltiges Ernährungssystem sei. Bio böte den europäischen Bäuerinnen und Bauern ökonomische Perspektiven und erfülle die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger von einer Produktion innerhalb der planetaren Belastungsgrenzen. 25 % Öko bis 2030 seien dabei sehr ambitioniert - aber ohne Ambition gäbe es eben auch keine Transformation. Mit den EU-Staaten müsse evaluiert werden, wie die EU-Agrarpolitik am besten genutzt werden könne, um den jeweiligen nationalen Sektor am besten voranzubringen. Entscheidend sei auch, die Nachfrage nach Bio zu stimulieren. Die EU wolle etwa den Anteil von Bio in öffentlichen Kantinen erhöhen. Die Corona-Pandemie hätte deutlich gezeigt, dass Europa ein robusteres, sicheres und nachhaltigeres Ernährungssystem brauche. Bio sei hierbei zweifelsohne ein Teil der Lösung.

EU-Agrarkommissar, Janusz Wojciechowski, stellte heraus, dass Europa die globale Führung nachhaltiger Produktion von Lebensmitteln zum Ziel hätte. Wojciechowski betonte, dass Agro-Biodiversität und eine verbesserte Wertschöpfungskette auch zu einer resilienteren Landwirtschaft beitragen könnten. Die EU-Kommission werde noch im Jahr 2020 einen Bio-Aktionsplan entwickeln - in enger Kooperation mit Mitgliedsstaaten und dem Sektor, so dass man gemeinsam die ökologische Produktion und Nachfrage wie auch das Vertrauen in Bio-Lebensmittel weiter verbessern könne.

Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, betonte, die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) müsse zielorientierter gestaltet werden. Die Ratspräsidentschaft böte dazu eine große Gelegenheit und sei auch eine große Verantwortung. Umweltleistungen der Bäuerinnen und Bauern könnten nicht kostenfrei geliefert werden. Was Bio in Deutschland angeht, dürfte man jetzt nicht nachlassen und hätte noch einen Weg vor sich auf dem Kurs hin zum Ziel 20 % Ökolandbau bis 2030.

EU-Öko-Verordnung
Nicolas Verlet, Leiter der Öko-Abteilung der EU-Kommission, berichtete über den Stand des neuen Bio-Rechts. Verlet betonte, dass aktuell mit den Kontroll- und Importregeln sehr entscheidende Rechtsakte ausgearbeitet würden. Die intensive Zusammenarbeit würde weiter fortgesetzt, um ein gutes Ergebnis zu erreichen. Der Kommissionsvertreter bestätigte, dass der EU-Gesetzgeber aktuell prüfe, ob die Anwendung des neuen Bio-Rechts um ein Jahr, auf den 1.1.2022, verschoben werden könne.

Marian Blom, Vizepräsidentin von IFOAM Organics Europe, zeigte sich zufrieden darüber, dass das Herz der bestehenden Produktionsregeln auch in der neuen Öko-Verordnung weiterschlage. Gut sei, dass Bio-Pflanzen auch weiterhin im gewachsenen Boden und nicht in Hydrokultur wachsen werden. Blom betonte, dass die Auswirkungen des neuen Bio-Rechts in Gänze erst in einigen Jahren abgeschätzt werden könnten. Wichtig sei, das Bio-Recht fit für die Zukunft zu machen, um Bio weiter auszuweiten.

Georg Eckert, Präsident des European Organic Certifiers Council (EOCC), sieht für die neuen Kontrollregeln noch einige Herausforderungen wie etwa das Vorhandensein nicht zugelassener Stoffe, die Regeln für Einfuhren aus Drittländern oder die neu eingeführte Gruppenzertifizierung. Eckert begrüßte, dass die jährliche Kontrolle Teil des Bio-Rechts bleibt aber eine stärkere Risikoorientierung bei der Kontrolle ermöglicht wird. Grundsätzlich sei mehr Zeit notwendig, um alle Fragen zur Kontrolle mit der notwendigen Tiefe zu diskutieren und gut zu lösen.

Michel Reynaud, IFOAM Organics Europe-Repräsentant für Zertifizierung, kommentierte den anstehenden Paradigmenwechsel bei den Importregeln im neuen Bio-Recht von der Gleichwertigkeit zur Gleichheit - was bedeutet, dass das Bio-Recht künftig auch in Drittländern eins zu eins angewendet werden müsse. Damit hat Europa eine noch höhere Verantwortung für Bäuerinnen und Bauern im globalen Süden. Auch wenn die Herausforderung groß ist die besonderen Bedingungen in allen Weltregionen beim Bio-Recht mit zu denken, hat der Konformitätsansatz aus seiner Sicht aber auch Vorteile, da es weniger unterschiedliche Standards in den einzelnen Ländern geben werde.

EU-Agrarpolitik
Wolfgang Burtscher, Generaldirektor der Generaldirektion Landwirtschaft (DG AGRI) in der EU-Kommission, wies auf die Lehren durch die COVID-19-Pandemie hin: Man sähe klar und deutlich, dass mehr auf Resilienz gesetzt werden müsse. Die Farm to Fork- und Biodiversitätsstrategie böten eine große Gelegenheit für Europa, einen Satz nach vorn aus der Krise heraus zu machen. Man müsse dazu auch nicht von Null beginnen, sondern könne auf Bio setzen. Deshalb forciere die EU das 25 %-Öko-Ziel bis 2030. Öko könne zum Grundpfeiler des europäischen Ernährungssystems avancieren. Die EU-Kommission sähe viel Potenzial, um die Nachfrage nach Bio weiter zu stärken. Der europäische Öko-Aktionsplan werde hier eine bedeutende Rolle spielen. Die EU-Staaten müssten in ihren nationalen Strategieplänen die EU-Ziele adressieren.

Walter Dübner vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sagte, Deutschland wolle erreichen, dass die GAP zum Umwelt- und Klimaschutz beiträgt. Die ehrgeizigen Ziele der EU werde man dafür während der deutschen Ratspräsidentschaft diskutieren. Klar sei, dass mehr Umweltleistungen nicht kostenlos geschafft werden könnten. Die Bundesrepublik stehe dazu, 20 % Bio bis 2030 erreichen zu wollen. Auch die anderen EU-Staaten würden aufgeschlossener, was Bio-Ziele angeht.

Norbert Lins, EU-Abgeordneter (EVP) und Vorsitzender des -Agrarausschusses im Europäischen Parlament, betonte, dass 25 % Bio bis 2030 sehr ambitioniert seien - einige Staaten lägen aktuell weit unter dem EU-Schnitt von 8 %, hingegen wären andere Staaten wie Österreich gute Beispiele, wie man das Ziel schaffen könne. In der GAP müsse es ein Mindest-Budget für Umweltleistungen geben. Viel Potenzial stecke für Lins in der Grünen Architektur, die im Europaparlament noch diskutiert wird.

Der Präsident von IFOAM Organics Europe, Jan Plagge, hob die GAP als eines der wichtigsten politischen Instrumente Europas hervor. Plagge betonte, dass die Agrarpolitik auch kein abstraktes Thema sei, sondern die Bäuerinnen und Bauern auf ihrer Grundlage Entscheidungen träfen, wie sie ihre Betriebe entwickeln. Die Landwirte seien offen für Veränderungen, bräuchten aber klare Leitplanken. Wichtig sei, dass die GAP einen fairen Wettbewerb gewährleiste. Die EU-Staaten müssten in ihren nationalen Strategieplänen Bio-Ziele verankern und definieren, wie sie die Bio-Produktion und -Nachfrage ankurbeln werden. Der IFOAM-Präsident wies darauf hin, dass Öko-Prämien eines der günstigsten und wirksamsten Instrumente für mehr Nachhaltigkeit seien. Die GAP müsse weg von Flächenprämien und hin zur Honorierung von Gemeinwohlleistungen. Dazu brauche es auch ein gesichertes Budget.

Organic in Action - die Kraft eines guten Plans
Für Nathalie Sauze-Vandevyver, Direktorin in der DG AGRI der EU-Kommission, stellte eine nachhaltige Landwirtschaft eine hohe Priorität dar, das zeigten der Green Deal, die Farm to Fork- und die Biodiversitätsstrategie deutlich. Die Zeit sei jetzt auch genau richtig, um über ein Update des europäischen Bio-Aktionsplans zu sprechen. Noch 2020 solle dieser veröffentlicht werden. Wichtig sei, dass die EU-Staaten den Aktionsplan unterstützen.

Thomas Fertl, IFOAM Organics Europe-Repräsentant für Landwirtschaft, begrüßte, dass Europa die Vorteile von Bio anerkenne und diese nutze, um EU-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Wichtig sei, dass im EU Organic Action Plan die Flächen- und Zeitziele ergänzt würden. Entscheidend sei auch, dass die gesamte Wertschöpfungskette mitgedacht und entsprechende Budgets im Bio-Plan eingestellt würden. Darüber hinaus müsse es eine Verzahnung mit all den Politikbereichen geben, die für Transformation eine Rolle spielen.

Jürn Sanders, Wissenschaftler am Thünen-Institut, stellte auf dem EOC den deutschen Bio-Aktionsplan - die Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau (ZöL) - vor. Sanders betonte, dass die 20 % Ökolandbau, die sich die deutsche Bundesregierung als Ziel im Koalitionsvertrag gesetzt hätte, keine Utopie, sondern möglich seien. Dafür sei aber ein wirksamer Öko-Aktionsplan notwendig wie ihn Deutschland mit der ZöL auf den Weg gebracht habe - als Produkt einer Zusammenarbeit von 200 unterschiedlichen Akteuren. Für die ZöL seien fünf Aktionsfelder identifiziert und adressiert worden. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre sei zudem ein Zeitplan festgeschrieben; zugleich würde die ZöL an die aktuellen Bedingungen angepasst. Aus den bisherigen Erfahrungen ginge bereits hervor, dass ein Öko-Aktionsplan dann erfolgreich ist, wenn er ausreichend Ressourcen zur Verfügung stelle, wirksame Aktionen einfordere und Brücken baue bzw. Allianzen schmiede mit dem konventionellen Sektor und der Zivilgesellschaft.

Alexander Beck, geschäftsführender Vorstand der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL), betonte mit Blick auf die Wertschöpfungskette, dass der Lebensmittelverarbeitung eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung von Bio zukomme - auch als wichtiges Bindeglied zu den Kundinnen und Kunden. Als Flaschenhals müsse die Herstellung stärker in einer nachhaltig ausgerichteten Wirtschaftsförderung und auch der Forschung berücksichtigt werden. Dies seien gute Ansatzpunkte für den europäischen Bio-Aktionsplan.

Lukas Nossol, IFOAM Organics Europe-Repräsentant für den Handel, berichtete von den Beispielen Dänemark und Italien. Diese zeigten, dass für das Vorankommen von Bio eine Kombination an Maßnahmen den Erfolg brächte: Öffentliche Kampagnen würden zu einer erfolgreichen Bio-Entwicklung ebenso beitragen wie geeignete Rahmenbedingungen, die zu wahren Preisen führten oder auch die Stärkung von Öko in der Gemeinschaftsverpflegung. Ebenso sei essenziell, die Bio-Verbände in den Mitgliedsstaaten zu stärken, da sie Treiber der Fortentwicklung des Sektors sind, mahnte Nossol an.

Alexander Gerber, BÖLW-Vorstand für Landwirtschaft, betonte, dass Aktionspläne für die EU-Staaten verpflichtend sein müssten. Es brauche zudem Kohärenz, etwa mit Blick auf die EU-Agrarpolitik. Denn diese steuere aktuell entgegen der Bio-Ziele. Neben der Kohärenz sei auch ausschlaggebend, mehr Bio-Forschung im Aktionsplan anzulegen. Und zwar über die ganze Wertschöpfungskette, etwa Beratung für Verarbeiter oder neue Möglichkeiten für Kantinen, um auf mehr Bio zu setzen. Auch neue Konzepte wie Agroforstsysteme oder mehrjährige Kulturen sollten in den Aktionsplänen berücksichtigt werden.

Wirtschaften in der Post-Corona-Zeit
Tassos Haniotis, Direktor für Strategie, Vereinfachung und Politische Analyse in der DG AGRI der EU-Kommission, sah mit Blick auf die Ernährungswirtschaft der Zukunft drei Schwerpunkte: 1. müsse die Lebensmittelkette einen fairen Wettbewerb für Bio sicherstellen; 2. sei es notwendig, dass die gesamte Landwirtschaft nachhaltig werden und 3. müsse Öko als Teil der Lösung die Speerspitze für neue Methoden und deren Erprobung in der Praxis angenommen werden. Als Schlüssel für die Umsetzung der Farm to Fork-Strategie sah Haniotis Zeit, Investition und Wissen. Wichtig sei, dass in den nationalen Strategieplänen zur Umsetzung der EU-Strategie ausreichend Ambitionen erkennbar seien. Der Kommissionsvertreter betonte, dass genügend Wissen und Erfahrungen zur Verfügung stünden - man müsse diese nun auch flächendeckend in die Praxis bringen.

Thomas Waitz, Abgeordneter im Europäischen Parlament (EP) und Co-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, betonte mit Blick auf die Corona-Pandemie, wie notwendig ein Ernährungssystem sei, dass die Umwelt gesünder macht. Eine zweite COVID19-Lektion sei, dass die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln nachhaltiger werden müsse. Ökolandbau böte hier die beste Möglichkeit, die Lebensmittelversorgung auch in Zukunft sicher zu stellen. Deshalb gebe es auch zunehmende Unterstützung für eine grünere EU-Agrarpolitik - auch aus Industrie-Kreisen. Da die GAP aktuell aber nur teilweise mit den Zielen der Farm to Fork- und Biodiversitätsstrategie übereinstimme, müsse noch viel getan werden, damit die Nachhaltigkeitsziele nicht umgangen werden.

Olivier de Schutter, Co-Vorsitzender des International Panel of Experts on Sustainable Food Systems (IPES-Food), betonte, dass ein nachhaltiges Ernährungssystem nur geschaffen werden könne, wenn man alle Ebenen - von der lokalen bis zur UN-Ebene - einbezöge. De Schutter lobte die Ambitionen der EU-Kommission, vor allem auch den umfassenden Blick über die gesamte Kette. Ein Übergang zu besserer Produktion und Ernährung gelänge mit drei Schwerpunkten: 1. das historische Produktionssystem müsse in Richtung eines agrarökologischen umgestellt werden. 2. sei es entscheidend, verschiedene Politikfelder wie Agrar, Gesundheit und Umwelt zu integrieren, die aktuell nicht kohärent arbeiteten. Und 3. brauche es eine Governance für Transformation, die einen umfassenden Umbau über die verschiedenen Politikfelder ermögliche. Für Letzteres sei es sinnvoll, einen europäischen Ernährungsrat einzurichten, der auch die nationalen Regierungen stärker einbindet.

Für Sarah Compson, Vorsitzende der Interessensgruppe der Hersteller und Händler bei IFOAM Organics Europe, zeige Corona, dass aktiver an der Krisenprävention durch die Lebensmittelproduktion gearbeitet werden müsse. Wichtig sei dabei, dass nicht nur auf Produktivität, sondern vor allem auch auf Resilienz gesetzt würde. Bio bedeute Vielfalt - und Vielfalt mache das Ernährungssystem resilienter. Compson betonte, dass es Bio auf jedem Teller brauche und das 25 % Öko eine starke Vision für eine nachhaltige Zukunft sei. Ökolandbau liefere vielfältige Leistungen für die Gesellschaft.

Laut Sébastien Treyer, Geschäftsführer des Institute for Sustainable Development and International Relations (IDDRI), müssten die tieferen Ursachen der Krise angepackt werden und verwies dabei auf Klima und Biodiversität. Treyer stellte fest, dass die Pfade in die nachhaltige Zukunft klar definiert werden müssten. Vor der Pandemie seien wichtige Maßnahmen schlichtweg unterlassen worden, weil die Kosten zu hoch erschienen. Heute wisse man, dass uns vor allem eine nicht nachhaltige Produktion teuer zu stehen komme. Was es deshalb brauche, sei eine klare Politik, die Nachhaltigkeit voranstelle und entschlossen umsetze - mit dem Ziel, die gesamte Produktionskette umzubauen.

Organic in Action - Get inspired!
Anu Aarolaakso vom finnischen Savo Consortium for Education beschrieb die große Bedeutung von Bio in der Gemeinschaftsverpflegung. Die Kantinen hätten eine wichtige Rolle für die Lebensmittelproduktion, weshalb die finnische Regierung beschlossen hat, mehr Bio in die Schulverpflegung zu bringen. Aktuell seien etwa 1.400 Küchen in das Projekt eingebunden.

François Jégou, leitender Experte des Projekts URBACT BioCanteens, berichtete über das europaweite Netzwerk, das zum Ziel hat, Bio-Essen in die Schulen zu bringen - von Portugal über Frankreich bis nach Rumänien. Jégou betonte das große Potenzial, dass Schulen bieten, um eine vielfältige Ernährungskultur von Kindesbeinen an zu etablieren. Für die Regierenden sei die Bio-Gemeinschaftsverpflegung der ideale Ansatzpunkt, um für eine nachhaltige Verpflegung zu sorgen. Wichtig sei es, die gesamte Wertschöpfungskette im Blick zu haben.

Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von fast 50.000 Bio-Betrieben etwa 12 Mrd. Euro umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind: Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Bioland, Biokreis, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Interessensgemeinschaft der Biomärkte, Naturland, Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe.


Lesen Sie weiter auf www.ECO-World.de, dem Portal für ein bewusst genussvolles Leben & ökologisch nachhaltiges Handeln.