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![]() In Katlenburg-Lindau ist die Errichtung einer Anlage zur Sauenhaltung und Ferkelerzeugung geplant. Die potentiellen Betreiber wollen 2.400 Sauen halten und jährlich 50.000 Ferkel, d. h. wöchentlich ca. 1.000 "produzieren". Eine Anlage dieser Größenordnung bedarf einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Dies trifft auf weite Teile der Massentierhaltungsanlagen zu: Genehmigungsbedürftigkeit besteht ab 20.000 Hennenplätzen, 40.000 Junghennenplätzen, 40.000 Mastgeflügelplätzen, 20.000 Truthühnermastplätzen, 2.000 Mastschweineplätzen, 750 Sauenplätzen inklusive Ferkelaufzuchtplätzen, 6.000 Ferkelaufzuchtplätzen. Bemerkenswert ist, daß der Gesetzgeber, die damalige Bundesregierung, zum 1. Februar 1997 die zur Notwendigkeit der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung führende Anzahl Tierplätze stark heraufgesetzt hat. Die Beteiligungsrechte von Anwohnern und Tierschutzverbänden wurden damit stark eingeschränkt. Für Rinder, Kälber, Schafe, Ziegen, Kaninchen und andere Tiere, die ebenfalls massenhaft gehalten werden, ist kein immissionsschutzrechtliches Verfahren vorgeschrieben. Für diese oder kleinere Sauen-, Ferkel- oder Geflügelhaltungsanlagen ist jedoch zumindest eine Baugenehmigung erforderlich. In diesem Artikel sollen beispielhaft nur die Rechtsschutzmöglichkeiten immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren aufgezeigt werden. Wird ein Antrag auf Genehmigung der Anlage eingereicht, muß die Genehmigungsbehörde prüfen, ob die geltenden Rechtsvorschriften bei Errichtung und Betrieb der Anlage eingehalten werden. Dies betrifft nicht nur die Normen des Immissionsschutzgesetzes selbst, sondern auch baurechtliche, sonstige umweltrechtliche, aber selbstverständlich auch tierschutzrechtliche Vorgaben. Solche Tierschutzbestimmungen bestehen für Massentierhaltungsanlagen vor allem im Tierschutzgesetz und Tierseuchengesetz sowie den aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen. §2 des Tierschutzgesetzes bestimmt z. B. unter anderem, daß, wer ein Tier hält, die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken darf, daß ihm dadurch Schmerzen, vermeidbare Schäden oder Leiden zugefügt werden. Ist diese Norm an sich eindeutig, eröffnet sie in der bisherigen Praxis jedoch Tür und Tor für die Zulassung tierquälerischer Massentierhaltungsanlagen, da sie aus Sicht der Genehmigungsbehörden dafür scheinbar genügend Auslegungsspielraum offen läßt. Im Bereich der Massentierhaltung bestehen derzeit nur drei konkretisierende Verordnungen (VO) mit eindeutigen Vorgaben zur Haltungsart der Tiere. Es handelt sich um die VO zum Schutz von Legehennen bei Käfighaltung, die VO über den Schutz von Schweinen bei Stallhaltung und die VO zum Schutz von Kälbern bei Stallhaltung. Ob mit diesen Bestimmungen der Tierschutz tatsächlich durchgesetzt werden kann, ist sicherlich zweifelhaft. Über die Rechtmäßigkeit der Hennenhaltungsverordnung hat demnächst das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. Die Genehmigungsbehörde darf die Genehmigung nicht erteilen, wenn diese genannten gesetzlichen Mindestvorgaben nicht erfüllt sind. Dabei haben die Genehmigungsbehörden die Möglichkeit und die Verpflichtung, Rechtsvorschriften, die gegen höheres Recht verstoßen, außer acht zu lassen. Dies ist ein Grundsatz, den die Behörden z. B. bei der Anwendung der Hennenhaltungsverordnung, die nach Ansicht vieler Juristen gegen die höherrangigen §§ 1 und 2 des Tierschutzgesetzes verstößt, leider nicht immer beachten. Welche Möglichkeiten haben nun Bürger, Gemeinden und Tierschutzverbände, die Beachtung dieser Mindestanforderungen einzufordern? Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hat jedermann das Recht, Einwendungen gegen die geplante Anlage zu erheben. So können Anwohner, Gemeinden und Tierschutzverbände die Behörden auf die vorhandenen Mißstände aufmerksam machen. Die Einwendungen sind von der Genehmigungsbehörde zu prüfen und mit den Einwendern zu erörtern. Wird die Anlage dennoch genehmigt, sind die Möglichkeiten der Tierschutzverbände, Bürger und Gemeinden, die Beachtung von Tierschutzbestimmungen einzufordern, nach dem derzeit gültigen Recht und dessen Auslegung durch die Gerichte sehr beschränkt. Dies ist ein Mißstand, der zu Recht immer wieder beklagt wird. Dennoch sind die zuständigen Verwaltungsgerichte bislang den von Kritikern entwickelten Ansätzen, den Tieren vor Gericht Gehör zu verschaffen, nicht gefolgt. Grundsätzlich kann gegen die Genehmigung zunächst Widerspruch erhoben und später Klage bei dem Verwaltungsgericht eingereicht werden. Das deutsche Rechtssystem ist jedoch geprägt vom Gedanken des Individualrechtsschutzes. Prozeßbefugt ist nur derjenige, der in seinen eigenen Rechten verletzt ist. Für Bürger und Gemeinden gilt, daß diese zum Beispiel ohne weiteres ihre im Grundgesetz verankerten Rechte auf Eigentum oder den Schutz der Gesundheit einklagen können. Die Gemeinden können unter anderem die Beachtung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung (Artikel 28 GG) einfordern. Dies sind eigene Rechte der Bürger und Gemeinden. Die Rechtsprechung billigt dem einzelnen Anwohner jedoch nicht das Recht zu, die Wahrung der Tierrechte einzuklagen, da es sich hier nicht um eigene Rechte des Klägers handelt. Die geltende Rechtsprechung spricht dem Menschen keine Rechtsposition zu, nach der der Mensch selbst bei einer eklatanten Verletzung von Tierrechten betroffen ist. Auch eine objektiv rechtswidrige Genehmigung kann deshalb nicht gerichtlich überprüft und aufgehoben werden. Ebenso wird den Tierschutzvereinen kein Klagerecht eingeräumt. Im Bereich des Naturschutzrechtes gab es eine ähnliche Problematik. Auch die Verletzung der natürlichen Lebensgrundlagen konnte von einem einzelnen Menschen nicht geahndet werden. Diese mißliche Situation wurde vom Gesetzgeber zumindest teilweise beseitigt, indem die Verbandsklage als Treuhandklage für die Natur geschaffen wurde. So können anerkannte Naturschutzverbände gemäß § 29 Bundesnaturschutzgesetz die Beachtung der ihnen eingeräumten Mitwirkungsrechte einfordern. Auf Landesebene wurde teilweise auch die Möglichkeit einer altruistischen Verbandsklage geschaffen.
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