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Presse-Stelle:  Bündnis 90/ Die Grünen Bundesvorstand, D-10115 Berlin
Rubrik:Politik    Datum: 12.02.2001
Reform des Betriebsverfassungsgesetzes
Beschluss des Parteirates von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Der Parteirat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat auf seiner heutigen Sitzung nachfolgenden Beschluss gefasst. Wir geben Ihnen den Wortlaut zur Kenntnis:


Reform des Betriebsverfassungsgesetzes


Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die Novellierung der Mitbestimmung ein zentrales Anliegen. Wir verfolgen mit dem Koalitionspartner und den Gewerkschaften das Ziel, die Verbreiterung und Modernisierung der betrieblichen Mitbestimmung voranzubringen.

Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 muss gründlich reformiert werden. Es ist der Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung, den globalisierten Wirtschafts- und Unternehmensstrukturen und dem technologischen und organisatorischen Wandel in der Arbeitswelt nicht mehr gewachsen. Mit der Reform wollen wir die zunehmende Erosion der Mitbestimmung stoppen, zukünftig wieder mehr Betriebsräte auch in kleinen und mittleren Betrieben verankern und die innerbetriebliche Partizipation stärken.

Eine demokratische Bürgergesellschaft braucht Demokratie im Betrieb. Wer zu gesellschaftlichem und demokratischem Engagement motiviert werden soll, muss sich auch am Arbeitsplatz einbringen können und als Akteur ernst genommen und geachtet werden. Die Gewährung von individuellen und kollektiven Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechten am Arbeitsplatz ist maßgeblich für die Herausbildung eines Beschäftigungsmodells, das eine hohe Produktivität durch motivierte Mitarbeiter anstrebt. In gesellschaftspolitischer Hinsicht entsprechen individuelle und kollektive Partizipationsrechte dem Leitbild der "Bürgergesellschaft im Betrieb". Ein friedlicher demokratischer Interessenausgleich im Betrieb ist die Basis für die hohe Akzeptanz der Mitbestimmung bei Arbeitnehmern, Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Die betriebliche Mitbestimmung hat sich bewährt. Gerade unter den Bedingungen verschärften Wettbewerbs ist eine lebendige Mitbestimmung in den Betrieben eine wesentliche Voraussetzung bei entsprechender Flankierung durch Tarifverträge betriebsindividuelle, sozial verantwortliche und flexible Innovationsprozesse zu ermöglichen.

In den Referentenentwurf des Arbeitsministeriums sind bereits viele grüne Vorschläge eingeflossen: Elemente der verhandelnden Mitbestimmung bei der Entwicklung von neuen Betriebsratsstrukturen, erleichterte und entbürokratisierte Wahlverfahren, die Stärkung von Individualrechten, die Mitbestimmung beim betrieblichen Umweltschutzes, die stärkere Berücksichtigung von Frauen und die Stärkung der Jugendvertretungen. Verbesserungen sind aber durchaus denkbar.

Der Referentenentwurf ist eine gute und solide Grundlage für die anstehende Reform.

Wir wollen die zugespitzte und emotionalisierte Debatte um die Mitbestimmung auf eine sachliche Grundlage stellen, denn die Mitbestimmung braucht eine breite Akzeptanz in den Betrieben.
Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf, die für die Verbesserung der Mitbestimmung, für die Steigerung der Akzeptanz und für die bessere praktische Umsetzung in den Betrieben Hilfestellungen bieten, werden von uns ernstgenommen.

Weitere Verbesserungen prüfen wir nach folgenden Kriterien:
· Wir wollen mehr Demokratie in den Betrieben. Das bedeutet aber auch, dass Minderheitenrechte durch die Beibehaltung des Verhältniswahlrechtes geschützt werden müssen und auch Mindestbeteiligungen bei beschleunigten Wahlen sinnvoll sind.
· Wir wollen die Mitbestimmung in kleinen und mittleren Betrieben stärken. Gerade deshalb bedürfen die besonderen Belastungen der kleinen und mittleren Betriebe, einer sachlichen Überprüfung.
· Wir wollen die Arbeitsbedingungen der Betriebsräte und der Betriebe verbessern, denn die Anforderungen an Schnelligkeit und Effizienz sind gestiegen. Die Senkung der Schwellenwerte steht deshalb außer Frage, über die Ausgestaltung im Detail muss im Gesetzgebungsverfahren nach den Gesichtspunkten der Praktikabilität entschieden werden.
· Wir wollen erreichen, dass die Reform der Mitbestimmung auf die Notwendigkeit schneller betrieblicher Investitionsentscheidungen und Mitbestimmungsprozesse (§ 91 Betriebsverfassungsgesetz) abgestimmt wird.

Für Verbesserungen, die das gemeinsame Ziel nicht in Frage stellen, setzen wir uns ein.
Forderungen allerdings, die durch Änderungen des § 77,3 den Tarifvorrang aushöhlen wollen widersprechen dem Geist der Wirtschaftsverfassung und stehen für uns daher nicht zur Diskussion.



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