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in pinkfarbenem Einband verramscht. Der sachlichen Titel "Der Fleisch-Report" hat nicht mehr versprochen als der Inhalt des 1990 erschienen Buches hielt. Die Autoren Nina Kleinschmitt und Wolf-Michael Eimler haben Reportagen, die sie für verschiedene öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten über die Praxis der industriellen Tierhaltung und Fleischverarbeitung produziert hatten, in Buchform zusammengefaßt. Bereits im Vorwort gehen auf "eine mögliche mit Aids vergleichbare Epedemie verursacht durch BSE" ein, neben den damals aktuellen Skandalen. Schon damals war offensichtlich, daß die verantwortlichen Politiker vor einschneidenden Maßnahmen zurückgeschreckt hatten und ohne Zweifel dem keinen Riegel vorgeschoben haben, was 10 Jahre später die öffentliche Diskussion beherrscht: Die Herstellung von Tiermehl und die Verfütterung an Pflanzenfresser. Alle Details, die heute scheinbar überraschend entdeckt werden, waren bekannt: die Schlachter wissen nicht, woher das Fleisch stammt, das sie verarbeiten, von Veterinären erstellte Bescheinigunen über die Unbedenklichkeit sind wertlos, weil eine Kontrolle gar nicht möglich ist, Schlachtabfälle und Kadaver wurden zu Tierfutter verarbeitet. Doch das ist nur der Einstieg in breite Palette von unsauberen Machenschaften bei der Erzeugung von Fleisch. Damals war es eher Hormone, die in der Kälbermast verwendet wurde, die die Öffenlichtkeit erregten. Den Verbrauchern war eingeredet worden, daß gutes Kalbfleisch weiß sein müsse. In enge Boxen, die jede Bewegung unterbanden, wurden die Kälbchen eingepfercht, die einen aus Magermilchpulver und billigem Fett zusammengerührten Milchaustauscher-Brei zu trinken bekommen. Damit sie ordentlich an Gewicht zunahmen, wurden sie mit Hormonen und Anabolika vollgepumpt. Clenbuterol, das in der Tiermedizin ursprünglich als Medikament für Atemwegserkrankungen zugelassen war, wurde als "Hustensaft" ins Futter gemischt. Es gab einen Skandal, in Nordrhein-Westfalen wurden einige tausend Kälber getötet und zu Tierfutter verarbeitet. Der "Fleisch-Report" macht aber klar, daß der Skandal eigentlich der Normalfall ist. Bei Schweinen und Geflügel sind die gleichen Strukturen und Methoden zu finden. Es werden die Konturen eines "landwirtschaftlich-industriellen Komplexes" deutlich, der auch Politik und Wissenschaft einschließt. Von einer Mafia zu sprechen wäre irreführend, weil die meiste völlig legal geschieht, in der Fachliteratur veröffentlicht und auf Austellungen vorgeführt wird. Darin liegt der eigentlich Skandal. Das Sagen haben wenige Agrarindustriellen. Die Landwirte sind zu Lohnarbeitern degradiert, die nur noch formal als sebständige Unternehmer fungieren, weil sich damit Steuern sparen lassen. Sie mästen Vieh, das ihnen nur auf dem Papier gehört, mit dem Futter, das ihnen vorgeschrieben wird und müssen sich mit dem zufriedengeben, was ihnen der "Viehbaron" zugesteht. Der neue Stall wurde auf Kredit gebaut und da die Bank ihr Geld sehen will, muß man weitermachen, egal wie gering die Verdienstspanne ist. Zustände wie man sie aus Südamerika kennt mitten in Deutschland. Die Agrarpolitik der EU hat diese Strukturen gestützt. Nur die Großen können aus den vielfältigen Möglichkeiten ihren Nutzen ziehen, ganze Tiere lebend oder geschlachtet in Einzelteilen über Grenzen zu verschieben und Subventionen einzustreichen. Nicht nur der Tierschutz, auch jegliche Transparenz für die Verbraucher bleiben auf der Strecke. Heute setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, daß die vollmundigen Versprechungen der CMA (Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) über die Qualität und Sicherheit deutscher Fleischwaren reine Propaganda waren. Die Informationen waren nie geheime Verschlußsache, aber für die Autoren, wie sie zugeben "auf Umwegen" zu bekommen. Wer es genauer wissen wollte, wie die CMA-prämierten Wurstwaren hergestellt wurden, konnte sich in dem 1982 erschienen Buch "Iß und stirb" von Eva Kapfelsperger und Udo Pollmer informieren. Dort konnte man erfahren, daß "gute" Leberwurst zum größten Teil aus Schweineklauen, Schinkendeckelspeck und Schweinkopffleisch bestand und daß man bei der Herstellung von Kochwurst reichlich Innereien, darunter auch "entfernte Lymphknoten, Hirn, Rückenmark" verwenden durfte. Alles kein Geheimnis, sondern Know-How, ohne das kein Metzergeselle die Prüfung bestehen würde. Es ist mehr als scheinheilig, wenn die Verantwortlichen in Politik oder beim Bauernverband nun so tun, als ob sie von all dem nichts gewußt hätten. Nur leider genügt es nicht, wenn jetzt ein einzelner Landwirtschaftsminister geopfert wird oder nach einer neuen staatlichen Aufsichtsbehörde gerufen wird, die dann doch wieder mit den gleichen "bewährten" Fachleuten besetzt wird. Es ist ja kein Geheimnis, daß die finanziellen Zuwendungen für eine unabhängige Verbraucherberatung in den letzten Jahren immer weiter reduziert worden sind. Ungestraft darf man mit fröhlich scharrenden Hühner auf dem Karton für Eier aus Käfighaltung werben, wo jedes Hühner weniger Platz als ein Bogen A4-Papier hat. Namen wie "Wiesenhof" oder "Landkorn" lassen an kleine Bauernhöfe, nicht an industrielle Legemaschinen denken. Die Deklaration bei Lebensmitteln ist offensichtlich bewußt so geregelt, daß die Wahrheit verschleiert werden kann. Es wäre ja denkbar gewesen, daß ein Landwirtschaftsminister die Restauflage des "Fleisch-Report" aufkauft und zum Beispiel bei der "Grünen Woche" in Berlin an die Besucher verteilt. Doch das wird die Agrar-Lobby zu verhindern wissen. Haben die Autoren doch keinen Hehl daraus gemacht, daß es Alternativen gibt: Weniger, aber besseres Fleisch essen, aus artgerechter Haltung, möglichst vom Bio-Bauern. Die dünne Liste von Bezugsquellen von 1990 ist mittlerweile sicher nicht mehr brauchbar, aber die Tatsache, daß es allein ein Berlin und Brandenburg heute hunderte von Bezugsmöglichkeiten für "sauberes" Fleisch gibt, zeigt, daß sich etwas verändert hat. Fleischer beziehen ihre Tiere nur von Bauern, die ihnen bekannt sind, Bauern fangen wieder an, ihr Futter selbst anzubauen statt dubioses Mischfutter zu kaufen, Vieh wird wieder zum Weiden aus dem Stall gelassen. Die Agrarlobby hat eine kranke Landwirtschaft hervorgebracht, die nur mit kranken Tieren funktioniert und in letzter Konsequenz kranke Menschen zur Folge hat. Wer dafür noch Argumente brauchten sollte, findet sie im "Fleisch-Report" solange noch Restexemplare zu haben sind.
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