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Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 14.07.2016
Konservierende Landwirtschaft: weniger Arbeit, mehr Erträge
Gerade in Gegenden außerhalb Europas, in denen die Ernährungssituation kritisch ist, kann die konservierende Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten.
Die Landwirtschaft steht heute vor so großen ökologischen und sozialen Herausforderungen wie nie. Einerseits steigt der Bedarf an Nahrungsmitteln ständig und andererseits wird von Landwirten verlangt, umwelt- und ressourcenschonend zu arbeiten. Angesichts dieser widersprüchlichen Anforderungen ist ein Umdenken nötig und traditionelle landwirtschaftliche Methoden werden mehr und mehr in Frage gestellt. Während Landwirtschaft, also wörtlich die Bewirtschaftung des Landes, seit jeher mit der Bodenbearbeitung in Verbindung gebracht wird, gibt es heute viele Ansätze, die auf eine Reduzierung der Bodenbearbeitung setzen und dabei sogar bessere Erträge bringen als klassische Anbau- und Erntemethoden.

Foto: www.pixabay.com
Einer dieser Ansätze ist die sogenannte "konservierende Landwirtschaft" oder "Conservation Agriculture"(CA), wie sie in ihrem Ursprungsland Amerika genannt wird. Diese Methode umfasst Techniken, die darauf abzielen, den Boden gegen Schäden zu schützen und Erosion zu mindern. Langfristiges Ziel des Ansatzes ist es, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten oder sie sogar zu verbessern. So fördert die konservierende Landwirtschaft nachhaltige und profitable landwirtschaftliche Systeme sowie eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Landwirte. Die Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen unterstützt diese Form der Landwirtschaft, besonders in Entwicklungsländern, und hält die konservierende Landwirtschaft für ein Modell der Zukunft, da sie eine mögliche Antwort auf die Herausforderungen der Umwelt und der Nahrungsmittelproduktion ist.

Die FAO hat drei grundlegende Prinzipien definiert, die die konservierende Landwirtschaft ausmachen:
  • Eine permanente Bodenbedeckung mit Mulchen oder Zwischenfrüchten, damit der Boden niemals "nackt" und ungeschützt ist.
  • Die Einrichtung von Fruchtfolgen auf dem Feld, d.h. das abwechselnde Anbauen von verschiedenen Nutzpflanzen und Zwischenfrüchten auf demselben Feld.
  • Die konservierende Bodenbearbeitung, bei der auf wendende Bodenbearbeitung mit dem Pflug verzichtet wird. Anstatt den Boden umzuwälzen, wird er nur oberflächlich mit Scheibeneggen oder Grubbern bearbeitet. Dadurch wird die natürliche Fauna geschützt und die natürlich im Boden vorkommenden Würmer, Pilze, Bakterien und Organismen werden erhalten. Durch dieses Verfahren wird der Boden vor Erosionen und Austrocknung bewahrt.
Die Kombination dieser drei Maßnahmen trägt zu einer optimalen Effizienz der konservierenden Landwirtschaft bei, denn wenn der Boden nicht gewendet und die oberste Bodenschicht mit Pflanzenresten angereichert wird, werden die Nährstoffe besser verteilt. Dank der angebauten Zwischenfrüchte haben es Unkräuter schwerer, sich zu verbreiten. So entsteht ein Ökoystem, das sich selbst reguliert. Das bedeutet zugleich aber auch, dass der Landwirt seine Arbeitsweise im Vergleich zur konventionellen Bodenbearbeitung stark anpassen muss.

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Der Begriff der Conservation Agriculture ist eng verbunden mit den Begriffen der ökologischen Intesivierung und der Agroökologie, da bei all diesen Konzepten die den Systemen inhärenten biologischen und ökologischen Prozesse genutzt werden, um die menschlichen Eingriffe zu reduzieren.

Auch beim Wassermanagement spielt die konservierende Bodenbearbeitung eine positive Rolle. Indem der Boden nicht gewendet und die Aktivität der im Boden lebenden Organismen gefördert wird, kann der Boden ein gesundes, stabiles Makroporensystem entwickeln und es bilden sich stabile Bodenaggregate. Dadurch kann Regenwasser leichter in den Boden eindringen und Bodenerosion und Verschlämmung werden verhindert. Indem der Oberflächenabfluss durch die Vegetationsdecke verringert wird, nimmt das Wasser keine überschüssigen Nitatre, Phosphor oder Pestizide auf. Der Boden wirkt wie ein Schwamm und nimmt das Wasser mitsamt seiner Nährstoffe auf, die dann im Boden biologisch abgebaut werden.

Dieser landwirtschaftliche Ansatz hat überdies eine positivere Klimabilanz als die konventionelle Landwirtschaft. Dadurch, dass weniger Maschinen zur Bodenbearbeitung eingesetzt werden, können fossile Brennstoffe gespart werden, die sonst zum Betrieb dieser Maschinen eingesetzt werden. Außerdem ermöglicht es die Anreicherung des Bodens mit organischem Material, Kohlenstoff zu binden und ihn so der Atmosphäre zu entziehen. Der Nährstoffgehalt im Boden wird erhöht und so die Menge an benötigtem Dünger reduziert. Kurz gesagt, können dank der Conservation Agriculture bessere Erträge mit weniger Energieaufwand und weniger Dünger erzielt werden. So werden auch die Kosten reduziert, was für die Landwirte ein wirtschaftlicher Vorteil ist.

Daher eignet sich die konservierende Landwirtschaft für alle Arten von Betrieben und ermöglicht es, landwirtschaftliche Produktion, verbesserte Lebensbedingungen und Umweltschutz zu verbinden. So bereitet dieses bereits weit verbreitete Konzept den Weg für neue, innovative Systeme, die die Umwelt respektieren.

Die konservierende Landwirtschaft beinhaltet auch eine soziolgische Dimension und ist ein Anzeichen für einen gewissen Mentalitätswandel in der Bevölkerung und bei den Landwirten. Denn der Verzicht auf intensive Bodenbearbeitung drückt eine gewisse Skepsis der Landwirte gegenüber der Technik aus und ihren Wunsch, wieder eine verstärkte Verbindung zur Natur aufzubauen.

Foto: Horsch Maschinen GmbH
Allerdings hat dieses System auch einige Kritiker. Bisweilen wird der konservierenden Bodenbearbeitung vorgeworfen, für eine höhere Bodenverdichtung zu sorgen, da die Böden nicht regelmäßig durchgepflügt und dadurch aufgelockert werden. Allerdings kann man dem entgegenhalten, dass durch die fehlende Bodenbearbeitung die im Boden lebenden Organismen weniger gestört werden und diese durch ihre Aktivität zu einer natürlichen Belüftung und Auflockerung des Bodens beitragen. So kann beispielsweise durch die Regenwurmgänge Sauerstoff bis zu den Wurzeln der Pflanzen vordringen. Außerdem schützt die Mulchschicht die Böden vor Verdichtungen beim Befahren mit Landmaschinen.

Einer der Faktoren, die Landwirte davon abhalten können, zu dieser Art der Landwirtschaft überzugehen, ist das damit verbundene wirtschaftliche Risiko. Die Erträge stabilisieren sich erst nach einigen Jahren, sodass sich die Übergangszeit zwischen den beiden Systemen sehr schwierig gestaltet. Eine Umstellung auf Conservation Agriculture erfordert einen gewissen Lernprozess sowie einen nicht zu unterschätzenden finanziellen Aufwand. Da ein Wechsel zur konservierenden Landwirtschaft die Änderung eines ganzen Systems beinhaltet, ist die Zahl der Landwirte, die dazu bereit sind, bislang relativ begrenzt. Zu Beginn der 2010er Jahre verzichtete etwa ein Drittel der deutschen Landwirte auf den Pflug und näherte sich damit den konservierenden Bodenbearbeitungsmethoden an.

Bislang ist die landwirtschaftliche Industrie jedoch nicht dazu ausgelegt, konservierende Landwirtschaft in größerem Maße zu fördern. Landmaschinen, Düngemittel, Saatgut, Pflanzenschutzmittel - alles wird noch hauptsächlich für konventionelle Anbaumethoden konzipiert. Doch gibt es immer mehr Hersteller und Landwirte, die Interesse an alternativen Modellen zeigen und nach Maschinen und Hilfsmitteln suchen, um diese konkret anzuwenden.

Gerade in Gegenden außerhalb Europas, in denen die Ernährungssituation kritisch ist, kann die konservierende Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten. Da sie reiche Erträge bringt, ohne besonders hoch entwickelte Technik oder teure Düngemittel zu benötigen, ist sie besonders für ressourcenarme Gegenden geeignet. Die intelligente Nutzung ökologischer Prozesse verringert den finanziellen und Arbeitsaufwand. Daher erscheint sie wie eine ideale Antwort auf die zwei anscheinend widerstreitenden Anforderungen an die Landwirtschaft der Zukunft, nämlich den steigenden Bedarf an Lebensmitteln zu decken und die Umwelt zu schonen und die auf der Welt nur begrenzt vorhandenen Ressourcen zu sparen. Angesichts der steigenden Weltbevölkerung wird es in den nächsten Jahrzehnten die Aufgabe der Landwirtschaft sein, basierend auf diesem Ansatz immer weitere, innovative Konzepte zu entwickeln, um die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt so gut es geht zu vereinen.


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