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![]() Liberty war ein KZ-Huhn. Sie hatte nie das Licht der Sonne gesehen, nie einen Windhauch oder einen Regentropfen gespürt, nie in der Erde nach Würmern gescharrt, nie einen Gacker-Tratsch mit anderen Hühnern gehalten. Zur Eierlegemaschine degradiert, fristete sie ein trostloses Dasein. Bis sie im letzten Frühjahr in der Sonnen-Arche zusammen mit der Hühnerschwester Happyness Asyl fand. Dort war ihr Leben ein Schrei nach Freiheit. Morgens war sie immer die erste, die durch die Hühnerklappe ins Freie eilte, und abends die letzte, die auf die Stange zurückkehrte. Liberty war den ganzen Tag unterwegs, vom Blumenbeet im Osten ging es in den Gemüsegarten im Westen und von da in den Obstgarten im Süden. Meistens war sie allein, nur manchmal zusammen mit Happyness, ihrer ehemaligen Leidensgenossin. Ihr weißes Federkleid, das einen kleinen Körper mit einem ungewöhnlich langen Hals umschloss, tauchte immer nur für kurze Momente auf, um rastlos zum nächsten Ort zu eilen - so als wollte sie sagen "Keine Zeit, keine Zeit - ich muss noch so viel nachholen." Der Lieblingsplatz von Liberty war der Pferdemisthaufen. Kein Huhn scharrte so eifrig nach Würmern und konnte sich so hingebungsvoll in seltenen Momenten einem Sonnen- oder Sandbad hingeben wie sie. Jeden Tag wurde ihr Selbstbewusstsein größer: Sie fand mehr und mehr Gefallen an einem geschützten Leben ohne Angst in Freiheit. Auch vor unserem Wolfshund-Rudel Solara, Solei, Rafael und Amor hatte sie immer weniger Scheu: Zuletzt ließ sie sich sogar von ihnen liebevoll beschnuppern. Groß war die Freude, als sie uns mit ihrem ersten in Freiheit gelegten Ei beschenkte. Dieses Premieren-Ei wurde mit besonderer Aufmerksamkeit und Genuss verzehrt. Zuletzt kam Liberty regelmäßig zu jeder Mahlzeit im Freien an unseren Tisch. Sie hatte bald herausgefunden, dass sie von jeder Hand eine Sonderration zugeworfen bekam. Diese wusste sie immer besser vor anderen Hühnerschnäbeln zu verteidigen. Aber zugenommen hat Liberty nie: Ihr kleiner, drahtiger Körper blieb, wie er war. Zu Weihnachten ging das Leben von Liberty zu Ende: Sie lag eines Morgens auf dem Boden im Hühnerstall und konnte nicht mehr laufen. Trotz aller Bemühungen kam sie nicht mehr auf die Beine. Liberty starb in meinen Armen. Kurz vor ihrem Ende öffnete sie noch einmal ganz weit die Augen, schaute sich erstaunt um und trat dann die Reise über den Regenbogen an. Dort wird sie unserem Wunder-Schaf Seraphin berichten, dass ein Hühnerparadies auf Erden keine Illusion ist. Und Winston Churchill raunte aus den Wolken: "Wir beginnen die Freiheit und die Gesundheit immer erst dann zu schätzen, wenn wir sie verloren haben." Bernhard Fricke
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