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Presse-Stelle:  ECO-News, D-81371 München
Rubrik:Umweltschutz    Datum: 09.04.1999
"Der soziale Sog bewirkt mehr als Druck."
Von Heike Leitschuh-Fecht
Wie das Leitbild Nachhaltigkeit seinen Weg in den Alltag finden kann

Indem deutlich wird, daß die Technik alleine nicht die Rettung bringen wird, rücken zunehmend auch die Konsumstile, bzw. der hohe Ressourcenverbrauch des Konsums und damit die Bürgerinnen und Bürger ins Blickfeld des politischen Interesses - zumal ihr Konsum mit 56 Prozent zum Bruttosozialprodukt beiträgt. Wenn auch, was nur zu verständlich ist, die Arbeitslosigkeit und der drohende Verlust sozialer Sicherheit die Menschen wieder stärker umtreibt, rangiert der Umweltschutz auf der gesellschaftlichen Werteskale immer noch weit oben. Für rund 70 Prozent der Bevölkerung ist er gar wichtiger als wirtschaftliches Wachstum (Billig).

Verhaltensänderungen im großen Stil folgen daraus aber noch nicht und wenn doch, beschränken sie sich häufig auf die Bereiche, die die Sorge um die eigene Gesundheit und vor allem die der Kinder betreffen. Die meisten Menschen kaufen Lebensmittel aus ökologischem Landbau, oder achten sehr darauf, daß die Kleidung ihrer Kinder nicht mit allergieauslösenden Chemikalien behandelt wurde, in der richtigen Überzeugung, sich und ihrer Familie damit etwas Gutes zu tun. Daß sie so auch zum Schutz der Natur beitragen, wissen sie zwar und ist sicher das treibende Motiv für das Sammeln und Sortieren von Müll, nicht aber unbedingt für das Konsumverhalten und den Lebensstil.


Was ist nachhaltiger Konsum?

Wir sollen "nachhaltig konsumieren" verlangt die Agenda 21 von Rio. Leichter gesagt als getan. Erst elf Prozent der Menschen in den alten Bundesländern und sieben Prozent in den neuen haben vom Leitbild 'Nachhaltigkeit' schon mal etwas gehört.

Demnach könnte eine Definition für nachhaltigen Konsum lauten: Wir sollten weniger kaufen, Produkte länger und gemeinschaftlich nutzen, bewußter konsumieren, d.h. umweltverträglich hergestellte Produkte bevorzugen und immaterielle Bedürfnisse nicht materiell befriedigen.

Die meisten Menschen tun irgend etwas für die Umwelt, ob bewußt oder unbewußt. Die einen Sortieren ihren Müll, die anderen kaufen nur Recyclingpapier, wieder andere benutzen umweltfreundliche Waschmittel. Und nicht zu vergessen: Viele leben sehr bescheiden, weil sie wenig Geld haben. Noch zu wenig tut sich jedoch bislang in den Bereichen, die für eine nachhaltige Entwicklung von zentraler Bedeutung sind: beim Energieverbrauch, Mobilitätsverhalten, Lebensmittelkonsum, bei der Nutzung von Haushaltsgeräten und im Bereichen Bauen und Wohnen. Außerdem bleiben die Verhaltensänderungen meist auf einige Felder beschränkt. Dieses wird auch 'Patchwork-Lebensstil' genannt - jede und jeder sucht sich das aus, was für sie/ihn am einfachsten ist.


Glücksgefühle beim Müllsortieren? Was uns hindert

Es gibt mehrere Faktoren, die ein nachhaltiges Konsumverhalten behindern:
Die Bürgerinnen und Bürger sind Täter und Opfer zugleich. Auch wenn die meisten die Ansicht äußern, Regierung und Wirtschaft seien für die Lösung der ökologischen Krise verantwortlich, so wissen oder spüren sie doch auch, daß sie selbst Teil des Problems sind. Viele verweisen dennoch darauf, daß erst die Rahmenbedingungen geändert werden müßten, bevor sie selbst etwas tun können; eine Einstellung, die in allen gesellschaftlichen Gruppen anzutreffen ist.
Die Lebensstile haben sich sehr stark differenziert. Für weite Teile der Bevölkerung gehören jedoch Hedonismus (Streben nach Genuß), Mobilität und Selbstverwirklichung zu den zentralen Lebenseinstellungen, bzw. -zielen. Ökologische Verhaltensweisen werden dabei oft als hinderlich empfunden. So kann es durchaus sein, daß sich der alte Mann mit schmaler Rente, der von Ökologie nicht viel weiß, aber zu Fuß einkaufen geht, nicht alle Zimmer heizt und die Alufolie mehrfach nutzt, praktisch der bessere 'Öko' ist, als die gutverdienende Anwältin, die zwar im Naturkostladen einkauft, und die neuste und sparsamste Waschmaschine hat, aber Bus- und Bahnfahren nicht leiden kann und mindestens einmal im Jahr in ferne Länder fliegt (Kuckartz).
Viele Menschen haben große Zukunftsangst und glauben nicht, daß ökologischen Probleme in den Griff zu bekommen sind. Im Großen und Ganzen sind sie jedoch mit ihren aktuellen Lebensbedingungen eher zufrieden. Dieser besonders hierzulande typische Kontrast führt dazu, daß viele die Probleme verdrängen (können) und/oder resignieren.

Ökologische Alternativen sind oft teurer als konventionelle

Produkte/Dienstleistungen. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher keinen individuellen Zusatznutzen erkennen, sind sie in der Regel nicht bereit, den höheren Preis zu zahlen. Dies hat auch etwas mit Werthaltungen zu tun: Sozial-ökologische Faktoren werden noch selten als wichtiges Qualitätsmerkmal betrachtet.

Lebensstil und Konsumverhalten tangieren auch das Sozialprestige. Menschen definieren sich u.a. über ihren Lebensstil. Einigen ökologischen Verhaltensweisen, z.B. öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder Urlaub in der Region statt in der Karibik, haftet aber eher ein sozial negatives Image an.
Nicht wenige Beispiele nachhaltigen Konsumverhaltens funktionieren nur dann richtig, wenn viele mitmachen (Beispiel Car Sharing). Die Menschen wollen sich darauf verlassen können, daß sie nicht die einzigen sind, die das Neue probieren. Oft fehlt ihnen dafür das Vertrauen.
Doch der zentrale Punkt ist das persönliche Wohlbefinden. Wir suchen im Leben nach Freude, Zufriedenheit, Glück. Finden wir das bei dem, was derzeit zu einem umweltbewußten Alltagsverhalten gehört? "Begeisterung beim Drosseln der Heizung, Glücksgefühle beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel. Erregung beim verpackungsfreien Einkauf, Lustgefühle bei der Entsorgung von Altpapier in die Wertstofftonne?" (ebd. S. 62)

Hierzu Beitrag von Lenelis Kruse-Graumann (kruse.doc)


Fang' Du schon mal an!

Es gibt ein beliebtes Spiel, das heißt: 'Geh' Du voran!' Mit wachsender Begeisterung wird es in umweltpolitischen Diskussionen gespielt und besonders Industrie, Handel und Verbraucher sind wahre Meister darin, sich gegenseitig die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, warum sich die sozial-ökologischen Alternativen nicht, oder nur langsam durchsetzen. Die Industrie sagt, die Verbraucherin und der Verbraucher verhielten sich widersprüchlich und unberechenbar, während die Anbieter von Öko-Ware auf den Handel schimpfen, der würde lieb- und gedankenlos mit ihren Produkten umgehen. Deshalb sei deren Absatz so gering. Die Konsumentinnen und Konsumenten hingegen fahren die Returkutsche: Öko-Angebote - ob Produkte oder Dienstleistungen - seien nur schwer zu finden und wenn, seien sie zu teuer, zu umständlich oder unbequem.

Nachhaltiges Konsumverhalten, ist aber ein gesellschaftlicher Prozeß, an dem sich alle Gruppen (neben Politik, Industrie, Handel und Verbrauchern auch Handwerk, Gewerkschaften, Verbraucherorganisationen, Kirchen, soziale, umwelt-, entwicklungspolitische Gruppen, Wissenschaft, Medien, Schulen, Staat, Kulturschaffende und Umweltberatung) beteiligen sollten. Jede Gruppe hat spezifische Aufgaben wahrzunehmen. Dies ist einer der zentralen Punkte im Entwurf der "Tutzinger Erklärung - Schritte zu einem nachhaltigen Konsum", von der sich die Initiatoren Umweltbundesamt und Evangelische Akademie Tutzing eine erhebliche Wirkung erwarten, wenn die Erklärung Eingang in die Diskussionen der einzelnen Gruppen findet.


Nachhaltigkeit erfolgreich kommunizieren

Was müßte geschehen, damit sich nachhaltiges Konsumverhalten, nachhaltige Lebensstile durchsetzen? Wie kann das Leitbild einer nachhaltig-zukunftsfähigen Entwicklung populär werden?
Das große Defizit der Umweltkommunikation ist, daß sie in den Massenmedien meist nach folgendem Muster abläuft: Irgend etwas passiert (Wissenschaftler sehen für die Zukunft die Gefahr von kriegerischen Auseinandersetzungen um Wasser, oder das Öl eines Tankers verseucht einen ganzen Landstrich), die Medien berichten ausführlich, führen uns das ganze wirkliche oder vermutete Ausmaß der Katastrophe mit drastischen Bildern vor Augen, und wenn wir Glück haben, informieren sie vielleicht auch noch, was dagegen zu tun wäre. Damit ist das Thema erledigt, doch die nächste schlechte Nachricht läßt nicht lange auf sich warten. 'Good news is no news' lautet eine ungeschriebene Regel des Geschäfts mit der Ware Information und die andere heißt, möglichst schnell, möglichst aktuell, möglichst sensationell sein. Und so werden die Themen weder kontinuierlich verfolgt, noch erfahren wir ausreichend davon, wo es überall Beispiele gibt, die dem allgemeinen negativen Trend entgegenstehen und wie sie funktionieren.

Das Leitbild Nachhaltigkeit ist Chance und Verpflichtung, dies zu ändern. Die Medien spielen dabei eine herausragend wichtige Rolle. Sie könnten damit der erdrückenden Flut schlechter Nachrichten, die sich täglich via Zeitungen und Fernsehen in unsere Wohnungen ergießt, die unser Denken und Handeln behindert, eine anregend wirkende, gestaltende Kraft entgegengesetzen. Eine nachhaltige Entwicklung ist eine konkrete Utopie, die, wenn sie anschaulich kommuniziert wird, große Ausstrahlungskraft entfalten kann. Und die Medien könnten stark dazu beitragen, daß die Verbindung von sozialen, ökologischen, ökonomischen und entwicklungspolitischen Themen begreifbar wird.

Der Fernsehjournalist Franz Alt hat z.B. in seiner Serie 'Zeitsprünge' mit Hilfe der Computersimulation (für die Bereiche Mobilität, Zukunft der Arbeit oder Landwirtschaft) äußerst anschaulich aufgezeigt, wie wir in 15 oder 30 Jahren leben könnten, wenn jetzt eine sozial-ökologische Wende eingeleitet wird. Solche positiven Visionen sprechen nicht nur den Verstand an, sondern auch das Herz und die Sinne. Sie machen Lust auf Veränderung. An Herz und Sinne rühren auch die Künstlerinnen und Künstler. Sie können ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, das Leitbild Nachhaltigkeit positiv zu kommunizieren.


Gute Beispiele können anstecken

Nachhaltigkeit popularisieren heißt, mit Beispielen zeigen, wie die Veränderung aussehen könnte. Am meisten überzeugen die Beispiele, die beweisen, "daß es geht"- trotz aller Widerstände. Es geht, wenn Menschen mit einer positiven Vision, Beharrlichkeit, Überzeugungskraft und einer Portion Cleverness für die Verwirklichung eines zukunftsfähigen Projektes eintreten:
 So ist es in Freiburg mit der europaweit bislang größten Gemeinschaftsanlage gelungen, Menschen zu bewegen, sich finanziell für die Solarenergie zu engagieren, die das auf sich allein gestellt wahrscheinlich nicht gewagt hätten. Es begann auf dem Dach eines Verlagshauses und mittlerweile ist auch die Tribüne des örtlichen Fußballvereins solarbedacht. Der 'Trick' dabei: Die Fußballfans konnten sich mit einem Anteil an der Solaranlage auch einen der begehrten Plätze im Stadion sichern. Sicher ist es kein Zufall, daß solche Dinge gerade in Freiburg passieren. Bietet die Stadt doch insgesamt ein günstiges Klima, für ökologische Innovationen.
 So zeigt die Solidargemeinschaft Brucker Land in Bayern, daß es möglich ist, weite Teile der Bevölkerung für Produkte aus der Region zu begeistern, vorausgesetzt die ökologische Meßlatte wird nicht gleich zu Beginn so hoch gelegt, daß nur wenige sie überspringen können. Die Initiative Brucker Land setzt sich für gesunde, umweltverträgliche, regional produzierte und vertriebene Lebensmittel ein und unterstützt damit auch Landwirtschaft und Handwerk, d.h. Arbeitsplätze der Region. Mit durchschlagendem Erfolg: Die Nachfrage nach den Produkten ist enorm - obwohl sie 10 bis 15 Prozent teurer sind. Das Erfolgsrezept: Richtlinien, die den Bauern eine Annäherung an die ökologische Landwirtschaft ermöglichen, umfassende Information sowie Kooperation mit dem traditionellen Handel, mit Bauern, Handwerk, Kirchen, Schulen, Umweltverbänden etc. - und natürlich Durchhaltevermögen.
 Die wachsende Beteiligung an Car-Sharing-Initiativen zeigt, daß man auch ohne eigenes Auto durchaus mobil sein kann, vorausgesetzt die Alternativen sind gut organisiert und auf die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer abgestimmt. So arbeiten die bestehenden Car-Sharing-Projekte derzeit an Kooperationsverbünden mit den örtlichen Verkehrsbetrieben bzw. der Bahn AG, um ihren Mitgliedern die (alternative) Mobilität so einfach wie möglich zu machen. Eine soziale Innovation, die denjenigen, die daran teilnehmen, eine Reihe von Vorteilen (weniger Zeitaufwand und Ärger bei Parkplatzsuche, Wartung, für viele weniger Kosten, etc.) und auch neue Mobilitätserfahrungen bringen kann: Spontan mit dem Auto am Sonntag ins Grüne zu fahren ist zwar nicht mehr so einfach, aber dafür werden u.U. langsamere und erlebnisintensivere Formen der Fortbewegung (wieder)entdeckt.
 Oder nehmen wir den mittelständischen Büromöbelhersteller Sedus Stoll in Waldshut. Das Unternehmen konnte einen wirtschaftlichen Abwärtstrend zu Beginn der 90er Jahre umkehren, indem es sich auf die Produktion langlebiger, ressourcenschonender Möbel konzentrierte. Dafür braucht es eine hochmotivierte Belegschaft und die hat das Unternehmen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit Prämien am Unternehmenserfolg beteiligt (je nach Betriebsergebnis bis zu 15. oder 16. Monatsgehalt). Mit einem auch auf die Bedürfnisse der Beschäftigten eingestellten Arbeitszeitmodell (Zeitkonten) konnten auch in schwächeren Zeiten Entlassungen weitgehend vermieden werden. Die Entlohnung erfolgt - unabhängig von der aktuellen Tätigkeit - nach Qualifikation. Damit will man die Motivation zur Fortbildung steigern. Und in der Kantine gibt es ökologische Vollwertkost. Für ein gutes Betriebsklima spricht, daß der Krankenstand unter 4 Prozent liegt. Langlebige Produkte sind keine Billigprodukte, sondern qualitativ hochwertige Ware. Das prägt bei Sedus Stoll in starkem Maße das Selbstverständnis der Beschäftigten und ihre Arbeitshaltung.


Feed-Back ist wichtig

Die Reihe der Beispiele ließe sich noch lange fortsetzen. Sicher entsprechen sie im Einzelfall noch nicht höchsten Anforderungen an Nachhaltigkeit, aber sie zeigen die Richtung auf, in die es gehen kann. Und sie zeigen vor allem, daß das Neue aus dem Alten entstehen muß. Nachhaltige Innovationen, zukunftsfähige Projekte sollten an die Alltagserfahrungen und -bedürfnisse der Menschen anknüpfen, um Lernprozesse möglich zu machen. Die Menschen müssen merken, daß ihr Tun direkte Folgen hat, d.h. daß sie Verantwortung haben und mit ihrem Verhalten - auch wenn es ihnen relativ unbedeutend erscheint ("Was bringt das, wenn ich mein Auto stehen lasse und zigtausend andere fahren?") Einfluß nehmen können - und daß ihre Kompetenz gefragt ist, in der Kommune und im Betrieb. Dies motiviert, insbesondere dann, wenn Verstand und Herz angesprochen werden. Umweltpsychologen wie Sigrun Preuss oder Micha Hilgers machen seit längerem auf diese Dinge aufmerksam (Hilgers, Preuss).

Es ist daher wichtig, jede Veränderung, jeden Erfolg und sei er noch so klein, zu kommunizieren, erfahrbar zu machen, Rückmeldung zu organisieren, aber auch Mißerfolge zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen. Wenn z.B. eine Stadt eine Wassersparkampagne initiiert, braucht sie ein gute, moderne Werbekampagne. Sie sollte aber auch die Bürgerinnen und Bürger häufig und regelmäßig darüber informieren, wieviel Wasser bereits eingespart wurde. Eine gute Idee wäre auch, gleichzeitig einen Wettbewerb auszuschreiben, mit dem der Haushalt belohnt wird, der am fleißigsten spart, und/oder die besten Ideen prämiert werden. Wenn die Medien über solche Dinge verstärkt berichten, es sei denn es bleiben keine isolierten Einzelaktionen der Kommunen, kann es gelingen, daß nachhaltiges Konsumverhalten nach und nach eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung erfährt.

Selbstverständlich ist alles dies nicht die Aufgabe der Medien alleine; alle gesellschaftlichen Gruppen sind gefordert, ihr Kommunikationsverhalten zu überprüfen und ggf. neu zu definieren. Und natürlich läßt sich durch Kommunikation nicht jedes Problem lösen. In vielen Fällen bedarf es auch neuer Angebote (Möglichkeiten, Produkte gemeinsam zu nutzen, langlebige, reparaturfreundliche Produkte etc.) und/oder finanzieller Anreize. Doch darüber wird bereits seit langem nachgedacht; viele gute Vorschläge liegen auf dem Tisch und warten darauf, umgesetzt zu werden. Wohingegen die Frage, wie die Ideen erfolgreich kommuniziert werden können, bislang vernachlässigt wurde.

Manche meinen, der Begriff 'Nachhaltigkeit' sei für die Kommunikation zu spröde und müßte geändert werden. Doch das ist nicht das Problem, wie das oben Gesagte zeigt: Ob nachhaltig, zukunftsfähig oder dauerhaft - es kommt nicht in erster Linie darauf an, wie die Begriffe klingen, sondern was mit ihnen assoziiert wird. Das hängt davon ab, mit welchen konkreten Beispielen, mit welchen Visionen das Thema verbunden ist - das wiederum haben wir in der Hand.


Egoismus und Lebensfreude als Triebkraft

Qualität sollte wieder eine zentrale Bedeutung erhalten. In der Studie "Zukunftsfähiges Deutschland" wird das mit dem Leitbild "Gut leben, statt viel haben" angesprochen (BUND/Misereor). Der sozial-ökologische Strukturwandel braucht daher zuvorderst einen kulturellen Wandel: Schmackhaftes, gesundes Brot, aus ökologisch angebautem Getreide, hergestellt ohne chemische Backzusätze, von Bauern und Bäckern der Region, sollte im Bewußtsein der Konsumentinnen und Konsumenten einen sehr hohen Wert bekommen, ebenso wie klare Flüsse, oder lebenswerte Städte. Gaben die Bundesbürger in den 50er Jahren noch rund 40 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus, so sind es heute nur noch knapp 18 Prozent. Sicher haben die Mieten einen hohen Kostenanteil, aber auch andere Konsumgüter, wie Autos oder Elektronikgeräte sind im Stellenwert stark gestiegen. Daher werden ökologische Lebensmittel als teuer empfunden.

Insofern: "Der Begriff 'Suffizienz' als Charakterisierung für einen nachhaltigen Lebensstil trifft nicht richtig, denn der klingt nach Verzicht, sagte Martin Held, Studienleiter an der Ev. Akademie in Tutzing auf der Tagung des Umweltbundesamts. Ohne (Lebens)Freude an den Veränderungen und schöpferische Kreativität sind die Veränderungen nicht erreichbar."
Wenn als Begründung für Nachhaltigkeit die Verantwortung für kommende Generationen und für die Welt angeführt wird, dann kann das Bedürfnis der Menschen, ihre eigene Lebensqualität zu verbessern nicht als Triebkraft der Veränderungen genutzt werden. Der Soziologe Gerhard Schulze schlägt daher ganz pragmatisch vor, sich den Egoismus der Menschen zunutze zu machen, statt ihn anzuprangern und zu bekämpfen.

Gleichzeitig sollte aber auch klar sein, daß ein nachhaltiger Lebensstil weder nur was für die gutbetuchten Schichten der Gesellschaft sein kann, noch, daß die Verantwortung dafür allein den Bürgern aufgebürdet werden kann. Deshalb gehören strukturverändernde Maßnahmen, wie die sozial-ökologische Steuerreform etc. stets mit dazu. Der kann nicht verordnet werden, aber der Staat kann seinerseits zu einem gesellschaftlichen Klima beitragen, das ihn befördert. Maßnahmen, die Entsolidarisierung und Ellenbogenmentalität begünstigen, sind dazu sicher nicht geeignet.



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