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Höchstpreise für Kakao Die Finanzmedien meldeten in diesem Jahr die höchsten Kakao-Preise seit über 30 Jahren: mehr als 3000 Euro je Tonne. Die Analysten geben großen Spekulanten eine Teilschuld am Preisanstieg. So orderte der Londoner Hedge-Fonds Armajaro an einem Stück 240.100 Tonnen Kakaobohnen, sieben Prozent der weltweiten Kakao-Jahresproduktion, was den Rohstoffpreis in die Höhe trieb. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Ein weiterer Grund ist der schleichende Niedergang der Kakao-Plantagen im wichtigsten Anbauland Elfenbeinküste. Aufgrund von "Raubbau" gehen die Ernten dort kontinuierlich zurück. Bei steigender Nachfrage gerade auch von "neureichen", auf den Schokogeschmack gekommenen, Ländern wie China bedeutet dies Rohstoffknappheit und Preisanstieg, was wiederum die Börsenzocker anlockt. Den Profit streichen am Ende lediglich die Spekulanten ein. Die Kakao-Bauern und Arbeiter auf den Plantagen, die größtenteils in Westafrika liegen, haben kaum etwas davon. Das gilt besonders für die Tausende von Kindern, die wie Sklaven auf westafrikanischen Plantagen schuften müssen. "Nicht nur mit Gold oder Erdöl lässt sich an der Börse zocken - auch Kakao ist von den Spekulanten heiß begehrt. Der Preis ist auf dem höchsten Stand seit 30 Jahren, doch auf den Plantagen hält sich der Jubel in Grenzen", berichtete die Deutsche Welle im Juli. Die Kakaoproduzenten in der Elfenbeinküste hätten keine Chance, ihren Kakao selbst zu lagern. "Deswegen sind sie bei der ganzen Kakao-Spekulation völlig außen vor. Sie müssen sofort und zu jedem Preis verkaufen, ob sie wollen oder nicht". "Die Elfenbeinküste ist die absolute Nummer eins in Sachen Rohkakao", so ein im März gesendeter WDR-Bericht von Jochen Taßler. "Rund ein Drittel der Welternte kommt von dort, Deutschland bezieht sogar die Hälfte seines Rohkakaos aus der Elfenbeinküste." Fast jeder vierte Einwohner der Elfenbeinküste lebe von Kakao, angebaut meist in kleinen Plantagen. Das Einkommen reiche kaum zum Leben. Kinderarbeit ist im Kakao-Geschäft der Elfenbeinküste Alltag. "Viele Kinder haben schon Rückenschäden", sagt Friedel Hütz-Adams vom Forschungsinstitut Südwind, das eine Studie über die "dunklen Seiten der Schokolade" erstellt hat. Kakao im Siegelrausch Der westafrikanische Sklavenhandel mit Kindern ist seit Jahren bekannt. Sie werden aus den Nachbarländern wie Burkina Faso in die Kakao-Anbauländer verkauft. 2001 hatten sich die Schokoladenhersteller verpflichtet, die "schlimmsten Formen der Kinderarbeit" zu verhindern. Ein bis 2005 eingeführtes Güte-Siegel sollte dem Problem Abhilfe schaffen. Doch bis heue ist zertifizierte Schokolade eher Mangelware. Generell ist auch kaum zu erwarten, dass eine Zertifizierung mehr bringt, als eine Verteuerung der Schokoladen und die Entstehung eines weiteren Nischenproduktes für den Konsumenten. Ein Siegel für fair produzierten und fair gehandelten Kakao gibt es schon seit Jahrzehnten. Die Schoko-Branche bräuchte kein neues zu erfinden, sondern sich schlichtweg den Fairtrade-Regeln unterwerfen. Doch das eben will sie nicht. WDR-Journalist Jochen Taßler meint: "Wer garantiert kinderarbeitsfreie Schokolade kaufen möchte, kann sich in Deutschland zurzeit nur an einem Siegel orientieren: Fairtrade." Daneben gibt es zwar noch zwei weitere von der Industrie erfundene Kakao-Gütesiegel, die offiziell Kinderarbeit ausschließen: Das Siegel der "Rainforest Alliance" und das Label "UTZ CERTIFIED". Bio-Kakao hilft Mensch und Umwelt Doch selbst mit einem Dutzend solcher, auf den westlichen Konsumenten ausgerichteter Siegel würden die internationalen, gesichtslosen Kakao-Aufkäufer und Kakao-Spekulanten weiterhin unbekümmert mit Rohkakao handeln, egal woher er kommt und egal wie er produziert und geerntet wird. Hauptsache der Profit stimmt! Dasselbe lässt sich leider auch für die seit Jahrzehnten eingeführten Bio-Siegel konstatieren. Bis heute ist zertifizierter Bioanbau global gesehen lediglich eine Nische, die den konventionellen Anbau minimal ergänzt, aber nicht ersetzt. Nichtsdestoweniger: Bio-Kakao ist der bessere Kakao, weil er Mensch und Umwelt nicht mit chemischen Pestiziden belastet und darüber hinaus weniger Energie verbraucht und damit klar klimafreundlicher ist. Bis heute ist beispielsweise im konventionallen Kakao-Anbau in Brasilien das Pestizid Endosulfan erlaubt. Das von BAYER in Brasilien und Deutschland produzierte, aber in mehr als 60 Ländern verbotene Gift "ist fischgiftig, wird im Boden nur langsam abgebaut, kann bei Langzeitexposition Leber- und Nierenschäden verursachen, und steht im Verdacht, Geburtsdefekte zu verursachen", so die Erklärung von Bern. Bio-Kakao-Bauern verzichten von Haus aus auf dieses Gift! Bio-Kakao an der Börse Weil sich mit der Bio-Nische inzwischen aber ebenso sehr gut Geld verdienen lässt, bedienen sich längst auch Konzerne und Finanzjongleure daran. Laut Börse von New York liegt der Preis von Bio-Kakao etwa 40 Prozent über dem von konventionellem Kakao. So investiert auch die Schweizer Firma Barry Callebaut, einer der größten Schoko-Hersteller weltweit, der jährlich etwa 15 Prozent der Welternte aufkauft, in Bio-Kakao in Brasilien. Dort lässt Barry Callebaut im traditionellen Kakao-Anbaugebiet im Süden von Bahia, in der Region Ilhéus Kakao biologisch anbauen. Ilhéus war einst in den 1920er und 30er Jahren globaler Hauptexporteur von Kakao. Doch aufgrund von fehlender Nachhaltigkeit der Monokultur brach die Kakao-Produktion Bahias ein: von 400.000 Tonnen im Jahr 1980 auf nur 100.000 im Jahr 2000, so der Schweizer Marc Nüscheler, der seit über 25 Jahren in Brasilien Kakao pflanzt und Präsident der Bio-Anbauvereinigung von Südbahia (Cabruca) ist. Allein in der Region Ilhéus habe der Niedergang der Kakao-Plantagen zur Abwanderung von rund 100.000 Kakao-Pflanzerfamilien in die Städte geführt. Paradox: Kakao-Land Brasilien importiert heute Rohkakao aus Indonesien und Afrika. Das Bio-Kakao-Projekt von Barry Callebaut soll nun mithelfen die Kakao-Produktion Bahias aus seinem Tief herauszuholen. Die Kooperative Cabruca produziert heute etwa 200 Tonnen Bio-Kakao jährlich, der vor allem an Barry Callebaut verkauft wird. Den Großteil seines Kakao-Bedarfs freilich deckt der Schweizer Milliardenkonzern weiterhin aus Westafrika. Bio-Kakao statt Kokain Während sich in diesem Jahr die Kakaospekulanten die Freude kaum verkneifen konnten, musste leider ein Bio-Kakao-Projekt in Kolumbien einpacken. Das Projekt "Kakao statt Kokain" des österreichischen Schokoladenherstellers Josef Zotter scheiterte. Er wollte eine Produktion nach Fairtrade- und Bio-Standards aufbauen, so die Nachrichtenagentur APA. "Weil aber in der Region Anori seit 2002 die Kokafelder aus der Luft mit Pflanzengiften zerstört worden seien, wären die Flächen noch belastet. Für eine Bio-Zertifizierung müssten die Anbauflächen aber mindestens drei Jahre frei von Pestiziden sein." Dies sei für Zotter ökonomisch gesehen zu lang gewesen. Josef Zotter: "Als die Situation immer schwieriger wurde und ich gesehen habe, dass wir das Projekt nicht auf den Boden bringen, habe ich einen Strich gezogen." Gesunde Schokolade Kakao ist gesund, das liegt besonders an seinem hohen Gehalt an wertvollen sekundären Pflanzenstoffe. Insbesondere die Flavonoide Epicatechine und Procyanidine sind in den Samen der Tropenfrucht in relativ großen Mengen enthalten, die wiederum gut für das menschliche Gehirn sein sollen. Forscher der Universitäten Düsseldorf und Witten-Herdecke fanden eine positive Wirkung des Kakaos auf die Haut. In ihren Studien stellte sich heraus, dass Kakaogetränke durch den Gehalt an Flavonoiden, die Durchblutung und die Reaktion der Haut auf UV-Strahlung, sowie die Hautstruktur positiv beeinflussen. Und auch das Sexleben profitiere von Kakao, indem das "Göttergetränk" die Libido fördert. Norbert Suchanek Rio de Janeiro
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