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Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 16.04.2009
Kranke Bienen finden eigenen Stock nicht mehr
Forscher entdecken Notfallprogramm zum Schutz des Volkes
Kranke Bienen schützen Stock vor Ansteckung (Foto: Miofrag/pixelio)

Frankfurt (pte/16.04.2009/13:55) - Das enge Zusammenleben von mehreren Zehntausenden Bienen in einem Bienenstock bietet ideale Angriffsmöglichkeiten für Krankheitserreger und Parasiten. Bienenparasiten wie zum Beispiel die Varroamilbe können ganze Bienenvölker vernichten. Da Bienen kein so ausgeklügeltes Immunsystem haben, wie etwa der Mensch, greifen sie zu außergewöhnlichen Maßnahmen: Kranke Sammlerinnen kehren häufig nicht mehr zu ihrem Volk zurück, um dieses vor der weiteren Ansteckung zu bewahren. Das haben Forscher des Instituts für Bienenkunde der Frankfurter Goethe-Universität www.uni-frankfurt.de und der Polytechnischen Gesellschaft nun entdeckt.

"Gesunde Bienen haben ein phänomenales Gedächtnis", so Bernd Grünewald vom Institut für Bienenkunde gegenüber pressetext. "In einem Radius von fünf Kilometern um den Stock sind sie in der Lage sich perfekt zu orientieren". Zudem merken sie sich Form, Farbe, Duft und Textur von Blüten. "Wir konnten nun feststellen, dass Bienen, die von der Varroamilbe befallen waren, sich nicht mehr orientieren konnten und sich verflogen", erklärt Grünewald. Offensichtlich werde bei den Bienen bei der Infektion ein Stresshormon ausgeschüttet, das zu kognitiven Störungen führt.

Dass kranke Arbeiterinnen die Orientierung verlieren, haben die Forscher erstmals entdeckt, als sie das Sammelverhalten von Bienen mit Varroa-Befall untersuchten. "Beim Vergleich des Varroa-Befalles von ausfliegenden und zurückkehrenden Sammlerinnen konnten wir feststellen, dass bei den Rückkehrern nur etwa halb so viele befallene Bienen waren wie bei den ausfliegenden", schildert Grünewald. Dieses unerwartete Ergebnis lasse sich nicht durch den natürlichen Tod der Tiere erklären, sondern weise vielmehr auf einen spezifischen Verhaltensmechanismus hin, durch den erhebliche Mengen von Parasiten aus dem Volk entfernt werden können. Die ursprünglich in Asien beheimatete Varroa-Milbe hat sich über die vergangenen Jahrzehnte weltweit verbreitet und bildet die derzeit größte Gefahr für die Bienenvölker. Unbehandelt richtet sie ein befallenes Volk rasch zugrunde.

"Ähnliche Beeinträchtigungen in der kognitiven Leistung der Bienen sind auch aufgetreten, wenn die Bienen mit einer Darmerkrankung, der Nosemose, infiziert waren", so Grünewald. Auch hier kehrten kranke Arbeiterinnen häufig nicht mehr von ihren Sammelflügen zurück. "Dieses adaptive suizidale Verhalten könnte, weil es die Überlebenschancen des Bienenvolks erhöht, während der Evolution durch die natürliche Selektion begünstigt worden sein", meint der Privatdozent Stefan Fuchs, der ebenfalls an der Studie mitarbeitete. Das Programm sei offensichtlich so eingerichtet, dass zwar einige Tausend Arbeiterinnen verloren gehen, der gesamte Stock jedoch dem sicheren Tod entgeht.

Die Wissenschaftler haben ihre Untersuchungen auf die Wirkung von Pestiziden ausgedehnt. Dazu wurden die Bienen mit einer geringen, aber nicht tödlichen Dosis Imidacloprid gefüttert. Das Insektizid, das in der Vergangenheit immer wieder in Verdacht geraten war, auch bei geringen Dosierungen Bienenschäden hervorzurufen, hat bei den behandelten Bienen bewirkt, dass sie einige Stunden nach der Applikation seltener ausflogen und seltener am Fütterer erschienen. Zudem waren sie auf ihren Sammelflügen deutlich länger unterwegs. Der Effekt hielt allerdings nur knapp drei Stunden an. In den folgenden Tagen waren keine bleibenden Auswirkungen mehr zu erkennen. Die verwendeten Dosierungen lagen mit etwa 30 Mikrogramm Wirkstoff pro Kilogramm Körpergewicht erheblich über der zu erwartenden Exposition in der Umwelt. Ähnliche Effekte konnten die Forscher auch bei dem zweiten getesteten Wirkstoff, dem Organophosphat Coumaphos, das teilweise zur Bekämpfung der Varroa-Milbe eingesetzt wird, feststellen. Für einige Tage erschienen die Bienen seltener am Fütterer. Auf die Dauer der Flüge wirkte sich die Behandlung nur undeutlich aus. Ähnlich wie beim Imidacloprid traten die Effekte allerdings erst bei höheren Dosen auf, als sie in Bienenvölkern bei einer Behandlung zu erwarten sind. (Ende)


Aussender: pressetext.deutschland
Redakteur: Wolfgang Weitlaner
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