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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Energie & Technik    Datum: 09.05.2008
Regional erzeugt - regional verbraucht
Nur regionale Energie ist Ökoenergie
Es ist noch gar nicht so lange her: Tausende Kilometer von dichten Hecken zogen sich durch deutsche Landschaften, begrenzten Felder, Äcker, Wiesen und Obsthaine. Dieses Netzwerk, Schachbrettmuster oder Mosaik von Heckengehölzen war nicht nur Nahrungsquelle, Brutraum und Zufluchtsort von zahlreichen Vogelarten, von Hasen, Rehen, Füchsen und allerlei Kleingetier. Sie waren auch eine natürliche Schutzwand gegen die Verbreitung von Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschädlingen und schützten vor Bodenerosion. Mehr noch: Die Hecken lieferten auch Jahrhunderte lang der ländlichen Bevölkerung nachhaltige, ökologisch und regional erzeugte Energie in Form von Holz. Die Flurbereinigung machte damit per Federstrich Schluss!

Die ökologischen Hecken standen dem Fortschritt, der Industrialisierung der Landwirtschaft im Weg mit der Folge: Energie unabhängige Bauern wurden immer mehr zum Energie abhängigen Industrielandwirt. Statt nachhaltige Energie zu produzieren, wurden sie zu einem immer größeren Verbraucher von umweltschädlicher fossiler Energie in Form von Diesel und Pestiziden entwickelt. Viele blieben dabei auf der Strecke, und viel traditionelles Wissen ging dabei verloren. Was damals vor rund 50 Jahren in Deutschland begann, dies wird heute, Tag für Tag, Stunde um Stunde in Südasien, in Afrika, in Ozeanien, in Lateinamerika forciert unter den Namen "Entwicklung" fortgesetzt: die Förderung einer Energie intensiven Landwirtschaft auf Kosten der Zerstörung nachhaltiger bäuerlicher Strukturen und traditioneller Kulturen.

Wenn heute die Großen in Politik und Wirtschaft vom Ausbau der Bio- oder Agrarenergie zur Rettung des Planeten sprechen, warum wird dann nicht dieses falsch Entwicklungsmodell über Bord geworfen? Warum werden nicht die alten Hecken bundesweit neu gepflanzt, die Fehler der Flurbereinigung wieder beseitigt?

Kein Interesse am Klimaschutz

Bis auf wenige kleine Alibiprojekte wird nichts dergleichen getan. Denn beim Thema Bioenergie geht es ja gar nicht um die Rettung des Planeten geht, sondern nur um die Rettung von umweltzerstörenden Unternehmen und Gesellschaftsstrukturen, die vom globalen Energieverbrauch profitieren und abhängen. Vor allem geht es um die Rettung von gut bezahlten Jobs in der Automobil- und der Agrarindustriebranche und den davon abhängigen Industrien: Das reicht vom Straßenbau, über die Transportbranche bis hin zum Erzbergbau und natürlich der Treibstoffindustrie. Sie alle profitieren nicht, wenn wir zum Wohle unseres unter Hitzewallungen leidenden Planeten wirklich auf ökologische, regional erzeugte Energien zum regionalen Energieverbrauch setzen.

Biogas ist nicht gleich Biogas

Neben Holz ist Biogas eine weitere alternative Energiequelle, die man lokal oder regional erzeugen und regional verbrauchen kann. Biogas lässt sich in der Stadt aus unseren Fäkalien gewinnen oder auf dem Land aus landwirtschaftlichen Abfällen wie Stroh, Mist oder Gülle. Das erzeugte Gas, Methan, lässt sich wie Erdgas verwenden: zum Heizen wie zum Antreiben eines Motors - so die graue Theorie. Im Kleinen funktioniert dies auch. Problematisch wird es, wenn mit Biogas "Geld" zu verdienen ist. Dann wird das gut gemeinte zur Perversion.

Zu Recht bekämpften Umweltschützer und Tierschützer seit Jahrzehnten die Massentierhaltung: Hühnerfarmen und Schweinemastanstalten mit Tausenden von eingepferchten Tieren, gemästet mit aus aller Welt zusammengekauftem "Kraftfutter". Diese unökologische, extrem Energie verbrauchende und tierquälerische Produktion wird nun im Zuge eines angeblichen Klimaschutzes in Deutschland und weltweit gefördert, denn sie produzieren nun ebenso angeblich umweltfreundliches "Biogas". Tatsächlich gibt es einen regelrechten Boom bei großen Biogasanlagen. Jens-Uwe Schade vom Umweltministerium Brandenburg bestätigt den Trend zur Massentierhaltung mit kombinierter Biogasanlage: speziell seit 2004, seitdem das Erneuerbare-Energien-Gesetz noch einmal novelliert wurde. Zu den zwölf schon bestehenden Biogasanlagen werden demnächst acht neue dazukommen, alle ebenfalls gebunden an Massentierhaltung.

Doch Biogas aus Tierquälerei, Biogas aus mit importierten Futtermitteln gemästete arme Schweine, wie es auch der "Ökostromhändler" Lichtblick vorführt: Dies hat nichts mit Ökologie zu tun! Andreas Bauer vom Umweltinstitut in München: "Grüne Energie" und Massentierhaltung - das widerspricht sich." Gleiches gilt für Biogas hergestellt aus extra dafür angebauten Energiepflanzen wie den so genannten Energiemais.

Biogas contra Bodenschutz

Was in der Agrarenergiediskussion grundsätzlich immer unter den Tisch fällt, ist der Bodenschutz. Und dies hat seinen Grund. Unser Planet leidet nicht nur an steigenden Temperaturen ausgelöst durch Treibhausgase. Er leidet auch an extremer, globaler Bodenerosion ausgelöst durch eine sich wie Krebs ausbreitende industrielle Landwirtschaft. Ohne gesunde Böden gibt es keine gesunden Nahrungsmittel. Doch die oberste, fruchtbare Bodenschicht, Humus, ist in der Regel nur dünn. Sie muss immer wieder erneuert, am Leben erhalten werden. Diese oberste Bodenschicht ist auch einer der wichtigsten Kohlenstoffspeicher unseres Planeten. Nimmt diese Humusschicht ab, wird das Treibhausgas Kohlendioxid freigesetzt. Das heißt: jegliche Landwirtschaft, die zur Erosion der Humusschicht beiträgt, heizt auch unser Klima an! Und das trifft gerade auch auf den Energiemais zu. "Die Verengung der Fruchtfolgen und der Ersatz von Zwischenfrüchten mit hohem Humusreproduktionspotential durch humuszehrende Energiepflanzen führen zu einem für die Herausforderungen des Klimawandels absolut kontraproduktiven weiteren Humusabbau", berichtet Andrea Beste vom Büro für Bodenschutz & Ökologische Agrarkultur. "Humusschwund und der damit zusammen hängende Rückgang der biologischen Aktivität verstärken Verdichtung und Erosion und verringern die Infiltrations- und Speicherkapazität für Wasser. Dies verstärkt die Folgen des Klimawandels - Extremregenfälle, Hochwassergefahr und Dürre - wesentlich."

Was gleichfalls beflissentlich von der Bioenergielobby verschwiegen wird: Auch die Biogaserzeugung produziert Gülle. Traditionell landen landwirtschaftliche Abfälle auf dem "Kompost", und dieser Kompost ist der Stoff, der natürliche Dünger aus dem schließlich Humus, neuer Boden wird. Bei der Vergärung der organischen Abfälle zu Biogas nun entsteht ein anderer "Dünger" oder besser gesagt eine andere "Gülle" mit weniger Kohlenstoff und noch mehr Nitrat. "Biogasgülle hat eine noch geringere Humusreproduktionsleistung als herkömmliche Gülle", so Andrea Beste. "Da vergorene Gülle noch mehr schnell verfügbaren Stickstoff enthält und noch weniger verfügbaren Kohlenstoff als unvergorene Gülle, trägt sie darüber hinaus in noch geringerem Maße zu einer Ernährung der Bodenmikroorganismen bei." Für den ökologischen Landbau sei deshalb der Einsatz von vergorener Gülle eher abzulehnen, "weil er dem bodenfruchtbarkeitsfördernden Prinzip des ökologischen Landbaus völlig widerspricht."

Die Sache mit der Bioenergie ist also viel komplizierter, als es uns die Geschäftemacher - wie zum Beispiel Gero Lücking, Sprecher des Biogas-Großproduzenten und alternativen Stromhändlers Lichtblick - weismachen wollen. Gegenüber dem Fernsehen behauptete er: Bislang wurde die Gülle auf Felder ausgebracht, die Böden damit massiv belastet. Dank Biogas sei dieses Problem jetzt vom Tisch." Aber das ist eben nicht der Fall, auch die Biogasproduktion erzeugt einen Reststoff, der laut Büro für Bodenschutz & Ökologische Agrarkultur sogar noch problematischer bei der "Entsorgung" ist.

Strom vom eigenen Dach

Wer ein eigenes Haus oder Grundstück und das nötige Kleingeld dazu besitzt, kann natürlich auch selbst regionale, regenerative Energie erzeugen: Mit Hilfe von Solarzellen auf dem Dach oder einem Windkraftwerk im Garten. Ein mit Holz aus der Region gefüttertes Blockheizkraftwerk im Keller hilft ebenso nicht nur über den Winter. Die meisten Menschen in Deutschland sind allerdings einfache Mieter. Sie haben es schwerer, an ökologische Energien heran zu kommen, vor allem, wenn es um den Strom aus der Steckdose geht. Doch zumindest können auch sei schon seit einigen Jahren den Stromkonzernen und besonders der Atomindustrie den Stinkefinger zeigen. Denn es gibt eine Reihe von alternativen Stromanbietern wie die Elektrizitätswerke Schönau, Greenpeace-Energy, LichtBlick oder Naturstrom, die garantiert Kernkraft freien Strom anbieten. Der alternative Strom stammt zu 100 Prozent aus den so genannten Regenerativen Energiequellen: Wasserkraft, Biomasse, Windkraft, Photovoltaik (Solarstrom). Dies heißt allerdings nicht, dass der angeboten Strom auch wirklich 100 Prozent ökologisch erzeugt wird: nicht jedes Wasserkraftprojekt, nicht jedes Biogas- oder Biomassekraftwerk ist ökologisch. Auch ist der "alternative" Stromanbieter kein Garant dafür, dass der Strom tatsächlich in der Region erzeugt wird, in der man den Strom verbraucht: In der Regel kommt der Strom selbst bei den "alternativen" Anbietern aus den verschiedensten Regionen und Ländern, was aber nicht jeder klar offenlegt.

Die Elektrizitätswerke Schönau beispielsweise beziehen einen Großteil ihres angebotenen Stroms von Wassserkraftwerken aus Norwegen. Naturstrom gibt an, dass die angebotene Energie in 2008 aus Kleinwasserkraftwerken, Windkraft und Photovoltaik aus Deutschland und Österreich stamme. Greenpeace-Energy bezieht seinen gesamten Strom von einem "Öko-Stromhändler" aus Österreich. Und LichtBlick kauft den meisten Strom von Wasserkraftwerken in Norwegen und Österreich ein.

Doch allen alternativen Energieanbietern zum Trotz: Der beste Klimaschutz heißt Abschalten! Energiesparen! Auto in der Garage lassen oder noch besser gar nicht erst anschaffen!

Norbert Suchanek


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