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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Haus & Garten    Datum: 20.03.2008
Biosprit macht heimischen Naturdämmstoff teurer, doch Kokosfasern gibt es in Hülle und Fülle
Unsere Welt ist rund, und jegliche Nutzungsformen unserer Kulturpflanzen stehen in Konkurrenz zueinander. Das ist die immer deutlicher werdende Erfahrung des aktuellen Biotreibstoffbooms. Nicht nur die Nahrungsmittelpreise sind deshalb im Steigen. Auch biologische Dämmstoffe sind davon betroffen.

"Die Flachspreiskurve zeigt seit einigen Monaten einen stetig steigenden Verlauf", berichteten Wissenschaftler vergangenen Juni bei der jüngsten Tagung "Faserpflanzen aus ökologischem Anbau" des Forschungsrings. "Auch am Flachsmarkt sind die unmittelbaren Auswirkungen der Flächenkonkurrenz zwischen energetischer und stofflicher Nutzung landwirtschaftlicher Flächen nicht spurlos vorüber gegangen: Es ist ein Rückgang der Flachsanbaufläche im Frühjahr 2007 zu verzeichnen", heißt es im November 2007 erschienen Tagungsband. Der Grund hierfür sei einfach: "Viele Flachsanbauer sehen derzeit im gut bezahlten Getreide- oder Energiepflanzenanbau ökonomisch interessante Alternativen zu Flachs." Nach Ansicht des auf Nachwachsende Rohstoffe spezialisierten Nova-Instituts liege das Problem daran, dass der Naturfaseranbau zur Dämmstoff- oder zur Biokunststoffproduktion im Vergleich zum Energiepflanzenanbau zu wenig (staatliche) Förderung erfahre. Schlussfolgerung des Nova-Instituts: Naturfasern oder auch Biokunststoffe sollten ebenso gefördert werden wie Biodiesel oder Biogas. Aber wie sieht es dann mit dem Nahrungsmittelanbau aus, der dadurch nur noch stärker unter Druck gesetzt wird?

Kokosnüsse liefern Nahrung und Dämmstoff

In den Tropen gibt es einen Naturrohstoff, der bislang weder die Nahrungsmittelproduktion negativ beeinflusst, noch steigende Preise verzeichnet: Die Kokosfaser. Sie wird bislang kaum genutzt, obwohl sie in großen Mengen zur Verfügung steht und quasi "Abfallstoff" der Lebensmittelproduktion ist. Denn Kokosnüsse liefern in erster Linie gesundes Kokosnussfleisch, Kokosnussmilch, Kokosfett (Kokosnußbutter) oder köstliches Kokosnusswasser - in Brasilien Àgua de Coco genannt. Die dicke, faserige Schale der Kokosnuss aber wird heutzutage fast ausschließlich ungenutzt weggeschmissen und erhöht die regelrecht zum Himmel stinkenden Abfalldeponien Brasiliens. Dabei sind die Fasern dieser überall in den Tropen in Meeresnähe vorkommenden Palmenfrüchte ein hervorragender Naturrohstoff, der schon seit Jahrtausenden von der Menschheit genutzt wird, und zwar nicht nur als Fußmatten, sondern auch beim Bau von Schiffen und Häusern.

Auch die moderne Baubiologie kennt die Vorteile dieser regelrecht in Hülle und Fülle vorkommenden Faser: Sie gilt als ein ausgezeichneter Naturdämmstoff mit guten Wärme- und Schalldämmeigenschaften. Er ist geruchsneutral, diffusionsoffen, feuchtebeständig, feuchteausgleichend und darüber hinaus elektrostatisch nicht aufladbar. Außerdem sind die innen hohl und hochelastischen Kokosfasern die einzigen Naturfasern, die sehr schwer verrotten - Folge ihres hohen Anteils an pflanzeneigenen Gerbstoffen. Deshalb können nach Expertenmeinung Kokosfasern im Hausbau selbst in empfindlichen Bereichen verwendet werden, in denen sonst nur Dämmstoffe aus Erdöl oder Mineralfasern zum Einsatz kommen.

Bio-Kokosnüsse sind nichts Neues

Die Kokosnuss wächst zwar auch in großer Anzahl "wild" an vielen Tropenküsten. Doch ebenso ist sie aufgrund ihrer vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten schon seit Jahrhunderten eine Kulturpflanze und wird heutzutage gleichfalls wie alle anderen Nahrungspflanzen meist mit Hilfe von Pestiziden in großen Monokulturen angebaut. Die Insektizide kommen vor allem zur Bekämpfung der Nashornkäfer zum Einsatz. Doch dies muss nicht sein. Bereits vor fast 100 Jahren in den deutschen Kolonien der Südsee, in denen die Kokospalmkulturen die Haupteinnahmequelle waren, wusste man um die biologische Bekämpfung dieses "Hauptschädlings". So heißt es im Deutschen Kolonial-Lexikon von 1920: "Als Bekämpfungsmittel dienen: Absuchen und Sammeln der Käfer, Einrichtung von Fanghaufen zur Ansammlung der Larven, Einführung und Züchtung natürlicher Feinde."

Hier in Brasilien sind Kokosnüsse nicht wegzudenkender Teil des Alltags. Sie wachsen an Stränden wie in Hausgärten. Aber es gibt auch große Plantagen vor allem im Nordosten sowie im Südosten. Es sind sicherlich Tausende von Tonnen Kokosnüsse pro Jahr, die allein in Rio de Janeiro lediglich als Lieferant von Kokosfleisch und Kokoswasser verbraucht werden und dann einfach auf dem Abfallhaufen landen - eine Verschwendung ohnegleichen, könnte man doch damit Tausende von Häuser im Norden gegen Wärmeverluste isolieren und die Globale Erwärmung sinnvoll bekämpfen. Aber nicht nur im "kalten" Europa brächte die Nutzung der Kokosfaser als Dämmstoff ökologische Vorteile. Gerade auch in ihren Herkunftsländern wie Brasilien könnte sie erheblich den Energieverbrauch der Gebäude senken helfen. Denn die Faser schützt ebenso - entsprechend im Gebäudebau eingesetzt - vor der Hitze. Millionen von Strom fressenden Klimaanlagen könnten abgeschaltet und Staudämme oder Atomkraftwerke zur Stromherstellung unnötig werden. Leider wird nichts dergleichen in Brasilien getan. Regierung und Unternehmen propagieren als einzige "Lösung" des Klimaproblems die Ausweitung der Monokulturen zur Agrarsprit-Produktion, während gleichzeitig immer mehr neue schlecht oder überhaupt nicht isolierte Häuserblocks mit Strom verbrauchenden Klimaanlagen in die Landschaft geklotzt werden.

Norbert Suchanek
Rio de Janeiro





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