Ein Service von
www.ECO-World.de
 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Dr. Franz Alt Journalist, D-76530 Baden-Baden
Rubrik:Politik & Gesellschaft    Datum: 18.03.2008
Aufstand in ganz Tibet
Franz Alt im Gespräch mit dem Vertreter des Dalai Lama in Europa.
In Dutzenden Klöstern Tibets gibt es in dieser Woche Aufstände gegen die chinesische Besatzung wie seit 20 Jahren nicht mehr. Am 10.März war der 49. Jahrestag des Volksaufstandes in Tibet gegen Chinas Gewaltherrschaft. In dessen Folge floh der Dalai Lama damals mit etwa 80.000 Tibetern nach Indien, wo er seither im Exil lebt. Über die sich zuspitzende Lage auf dem Dach der Welt sprach Franz Alt mit dem Vertreter des Dalai Lama in Europa, Kelsang Gyaltsen, der in der Schweiz lebt.

Franz Alt: Herr Gyaltsen, Agenturen berichten, in dieser Woche sei die Lage in Tibet dramatischer als in den letzten 20 Jahren. Was ist passiert?
Kelsang Gyaltsen: Am 10. März begannen die Demonstrationen mit einem Protestmarsch von 300 Mönchen in die Hauptstadt Tibets, nach Lhasa. Die Mönche kamen aus einem nahe gelegenen Kloster. Am Stadtrand wurden sie von chinesischen Polizisten nieder geknüppelt und zum großen Teil inhaftiert. Die Mönche trugen die Nationalfahne Tibets und forderten mehr kulturelle Autonomie und mehr religiöse Freiheiten. Wir wissen, dass viele der Inhaftierten in dieser Woche im Gefängnis brutal misshandelt und gefoltert wurden.

Franz Alt:Gab es danach weitere Demonstrationen?
Kelsang Gyaltsen: Jeden Tag wurden es mehr. Der Aufstand hat in dieser Woche Klöster in ganz Tibet erfasst. Am Dienstag demonstrierten 600 Mönche, am Mittwoch waren es beinahe 1000 und am Donnerstag gingen erstmals 150 Nonnen auf die Straße.

Immer mehr Mönche und Nonnen marschieren auf Lhasa zu. Die Reaktion der Polizei ist aber jedesmal gleich brutal und unmenschlich. Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Die Lage ist tatsächlich so angespannt wie seit 1989, seit dem Aufstand am Platz des Himmlischen Friedens, nicht mehr. Damals gab es auch in Tibet heftige Proteste gegen die chinesische Besatzungspolitik und gegen den kulturellen Völkermord, den die Besatzer in meiner Heimat verüben. Die meisten Klöster Tibets sind inzwischen von der Polizei abgeriegelt. Mönche und Nonnen sind praktisch Gefangene

Franz Alt:Wie reagiert der Dalai Lama, dessen Vertreter in Europa Sie sind? Ruft er zum Boykott der Olympischen Spiele im August in Peking auf, wie es der tibetische Jugendverband im Exil schon getan hat?
Kelsang Gyaltsen:Der Dalai Lama sagt, China als das größte Land der Welt hat das Recht auf die Olympiade. Aber er fügt hinzu, dass die olympischen Regeln verlangen, dass auch China die Menschenrechte einhält. Dazu haben sich Chinas Regierung und das Olympische Komitee schließlich verpflichtet. Der Dalai Lama erwartet, dass die Weltöffentlichkeit, die Regierungen der ganzen Welt und die Teilnehmer und Besucher der Spiele in Peking gegenüber Chinas Regierung auf die Beachtung der Menschenrechte drängen. China selbst sollte daran interessiert sein, nicht vor der ganzen Welt sein Gesicht zu verlieren.

Franz Alt:Haben der Dalai Lama und Sie die Hoffnung, dass sich die Lage in Tibet entspannt und die olympischen Spiele dazu beitragen?
Kelsang Gyaltsen:Wir haben Hoffnungen, aber auch Befürchtungen. Denn China betreibt seine repressive Politik gegen unserem Volk nun schon seit über 50 Jahren. Es wäre schrecklich, wenn China dafür sorgen würde, dass sich vor lauter Angst vor dem Freiheitswillen der Tibeter, die Lage in Tibet vor der Olympiade nicht verbessert, sondern verschlechtert. Aber die schrecklichen Ereignisse in dieser Woche lassen uns Schlimmes befürchten. Jetzt kann uns nur noch der Protest der Internationalen Gemeinschaft helfen. Darauf hoffen wir. Denn es muss für jeden Menschen unerträglich sein, dass andere Menschen dafür geschlagen, verhaftet und gefoltert werden, weil sie sich für politische Freiheit und kulturelle Autonomie einsetzen.
Quelle: Franz Alt 2008

Kelsang Gyaltsan, EU-Gesandter des Dalai Lama, zur aktuellen Lage in Tibet und der Forderung, der Dalai Lama möge die Unabhängigkeit Tibets aufgeben
[ARD-Morgenmagazin, 18.03.2008]



Lesen Sie weiter auf www.ECO-World.de, dem Portal für ein bewusst genussvolles Leben & ökologisch nachhaltiges Handeln.