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VON CARLOS TEIXEIRA, LPN Seit Mitte des Jahres hat Portugal den Ratsvorsitz in der Europäischen Union inne. Am 1. September, einem typisch heißen portugiesischen Sommertag, trafen sich die EU-UmweltministerInnen zu einem informellen Treffen in Lissabon. Dieses Mal unter Beteiligung der drei nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien. Der Grund für die Einladung der ausländischen Gäste: gemeinsame Interessen im Kampf gegen Wasserknappheit und Dürre. Denn darum ging es bei diesem informellen Treffen hauptsächlich und diese beiden Themen gehören auch zu den Umweltprioritäten der portugiesischen Ratspräsidentschaft. Die Umweltverbände nutzten das Treffen, um direkt am Ort des Geschehens die Öffentlichkeit und die Medien mit einer Demonstration auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Akzeptable Vorlage der EU-Kommission Als die portugiesische Regierung Ende 2006 ihr Programm festlegte, erkannten die portugiesischen Umweltverbände sofort, wie wichtig dieses Thema auf der Agenda der Ratspräsidentschaft werden würde, zumal die Nachwirkungen der Dürre des Sommers 2005 in Südeuropa noch zu spüren waren. Allerdings war zunächst nur die unkonkrete, aber gute Absicht der Präsidentschaft zu erkennen, dem Thema eine europäische Dimension zu geben. Dafür sollte die Entwicklung neuer Gesetzesregelungen zur Bekämpfung von Dürren und ihren Folgen vorgeschlagen werden. Außerdem eröffnete die Regierung den Dialog mit dem zuständigen portugiesischen Wasserinstitut INAG - und die portugiesischen NGOs hatten Gelegenheit, am Text für den Rat mitzuwirken. Am 18. Juli hatte die EU-Kommission ihre Mitteilung über Wasserknappheit und Dürre vorgelegt. Dieses Dokument war die Grundlage für die Diskussion im Umweltrat. Aus Sicht der portugiesischen Umweltverbände war die Mitteilung pointiert und die meisten Vorschläge waren unterstützenswert. Allerdings sollten nach Meinung der Verbände folgende Punkte beachtet werden: - eine effektive Umsetzung und Durchsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL); - bessere Möglichkeiten für europäische Förderinstrumente, etwa den Strukturfonds oder den Fonds für ländliche Entwicklung, Maßnahmen in diesem Bereich zu unterstützen; - eine Strategie gegen Wasserknappheit und Dürren als Bestandteil einer wirksamen Klimapolitik, die gegen extreme Ereignisse wie Dürren und Hochwasserfluten Vorsorge trifft und deren Folgen abmildert. Klimaschutz heißt auch Grundwasserschutz Die vollständige Umsetzung der WRRL haben portugiesische Umweltverbände seit Beginn der Verhandlungen gefordert. Besonders wichtig ist dabei die Verbesserung der Effizienz. So muss es eine Reduktion des Wasserverbrauchs geben, statt den Bau neuer Dämme oder Flussverlegungen voranzutreiben. Auch beim Grundwasserschutz ist noch viel zu tun: Die Wasserqualität im Grundwasserleiter (Aquifer) muss geschützt, seine Regenerationsfähigkeit gesteigert werden. Außerdem darf das Grundwasser dort nur als strategische Reserve genutzt und nicht ausgebeutet werden. Der politische Druck für die Umsetzung der WRRL dient auch dazu, den Vorschlag einer neuen Richtlinie zu verhindern. Natürlich gibt es die Chance auf eine anspruchsvolle Richtlinie. Aber die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten dadurch einfach an finanzielle Förderungen gelangen, um sie unter dem Vorwand der Dürrebekämpfung zum Bau von Dämmen oder anderen nicht nachhaltigen Projekten zu verwenden, darf auf keinen Fall ignoriert werden. Ein Abrücken vom integrierten Ansatz der WRRL und ein neuer Gesetzesvorschlag sind jedenfalls inakzeptabel. Protest gegen Staudamm am Rio Sabor Am Tag des Ratstreffens konnten sowohl John Hontelez als Geschäftsführer des Europäischen Umweltbüros (EEB) als auch ein Mitglied eines portugiesischen Umweltverbandes an der Diskussion teilnehmen und ihre Standpunkte vortragen. In der Rede vor dem Umweltrat forderte der portugiesische Umweltschützer, erst die WRRL vollständig umzusetzen, bevor neue Gesetze erlassen werden. Außerdem schlugen die Verbände vor, dass Mitgliedstaaten, die nachweisen können, dass sie Vorsorgemaßnahmen im Sinne der WRRL getroffen haben, leichteren Zugang zum Solidaritätsfonds haben sollten. Und sie nutzten die Gelegenheit, speziell auf einen Umweltskandal einzugehen: Die EU-Kommission hatte kurz vor dem Ratstermin das Verfahren gegen den Bau eines Staudamms am Unterlauf des Rio Sabor eingestellt. Wegen vermuteter Verstöße gegen das EU-Umweltrecht hatte sie gegen Portugal ermittelt, dies aber trotz zahlreicher Proteste fallengelassen. Durch diese Entscheidung könnte das letzte Tal eines frei fließenden Flusses in Europa zerstört werden - ein Hinweis auf die Widersprüchlichkeit von EU-Entscheidungen. Wasserrahmenrichtlinie gestärkt Die UmweltministerInnen selbst diskutierten hauptsächlich über die Frage, ob eine eigens für Wasserknappheit und Dürre erarbeitete Richtlinie parallel zur neuen Hochwasserrichtlinie wirklich nötig sei oder ob die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ausreichend wäre. Portugal, Griechenland, Italien und Zypern waren für ein neues Gesetz, doch die meisten anderen Minister sprachen sich dagegen aus. Deshalb betont das verabschiedete Textdokument, wie wichtig die Umsetzung der WRRL ist, und enthält keine klare Aussage über eine neu zu erarbeitende Richtlinie. Aus Sicht der portugiesischen Umweltverbände ist das ein gutes Ergebnis. Nun gilt es, besonders auf die "Schlussfolgerungen des Rates" zu achten, die beim formellen Treffen des Umweltministerrats am 30. Oktober präsentiert werden sollen. Die portugiesischen Umweltverbände haben vor, den gesamten Prozess während der portugiesischen Präsidentschaft mit Beobachtern, Positionspapieren und öffentlichen Demonstrationen kritisch zu begleiten. Carlos Teixeira arbeitet für den portugiesischen Umweltverband "Liga para a Protecção da Natureza" (LPN) in Lissabon und ist dort Sprecher für Biodiversität und Wasserpolitik. Kontakt: Carlos Teixeira carlosmglteixeirapt@gmail.com, www.lpn.pt www.wrrl-info.de Erschienen in umwelt aktuell 10/2007 www.oekom.de/zeitschriften/umwelt-aktuell/archiv.html
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