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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 09.07.2007
Agrarminister beschließen: Mehr Gen-Tech im Bio-Food
Die neue EU-Verordnung über ökologisch angebaute Lebensmittel lag schon seit über einem Jahr auf dem Schreibtisch der EU-Kommission. Lobbyisten der Bio-Branche haben sich in Brüssel wie in Berlin den Mund fusselig geredet, um das Schlimmste zu verhindern. Doch andere Lobbyisten mit etwas mehr Macht und einen etwas größeren Geldbeutel machten schließlich das Rennen. Das ohnehin schon ökologisch angeschlagene "Bio-Siegel" wird in der Europaeischen Union nun - dank der neuen EG-Öko-Verordnung - weiter verwässert.

Zwar dürfen weiterhin keine gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der Biolandwirtschaft eingesetzt werden. Gentechnische Verunreinigungen von bis zu 0,9 Prozent sind aber nun erlaubt! Außerdem gestattet die neue Öko-Verordnung jetzt auch die Verwendung von gentechnisch hergestellten Lebensmittelzusatzstoffen in Bioprodukten, wenn diese Zusatzstoffe nur noch in genmanipulierter Form auf dem Markt sind.

Laut der verbraucherpolitischen Sprecherin der Grünen, Ulrike Höfken, breche die nun in Ausnahmefällen mögliche Verwendung von gentechnisch veränderten Zusatzstoffen mit dem Grundsatz, dass bei der Erzeugung von Bioprodukten die Gentechnik grundsätzlich außen vor bleibt. Auch die Aufhebung der klaren Verbotsvorschriften beim Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide seien eine deutliche Verschlechterung des bisherigen EU-Öko-Standards. Ihr Fazit: Die bisherigen EU-Öko-Standards werden deutlich verschlechtert. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU), derzeit Vorsitzender des Agrarministerrats, mache "mit seinem Vorgehen den boomenden Öko-Markt kaputt".

Nach Meinung Ulrike Höfkens habe sich Seehofer bewusst gegen die Beschlüsse des deutschen Bundesrates und der Bundestagsfraktionen gestellt, und sich nicht für eine Anhebung der Standards auf EU-Ebene eingesetzt. Gleiches hatte aber leider auch die Rot-grüne Vorgängerregierung nicht getan, die für die ersten Verwässerungen der Biogesetzgebung auf EU-Ebene mitverantwortlich war.

Ulrike Höfkens grüner Kollege Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf nannte die neue EU-Ökoverordnung sogar einen "Teilerfolg". Der Agrarexperte der Grünen im EU-Parlament begrüßte es, dass bewährte Gütesiegel wie Naturland, Demeter oder Bioland weiter zusätzlich zum EU-Ökosiegel aufgedruckt werden dürften. Anbauverband Bioland präsentierte sich in seiner weit verbreiteten, professionellen Pressemitteilung zur neuen Verordnung gleichfalls als zahnloser Schmusetiger ohne Format und sieht wie Graefe zu Baringdorf sogar positives in der neuen Verordnung . "Zwar sei das grundsätzliche Bemühen der Europäischen Kommission und der EU-Agrarminister anzuerkennen, die bestehenden Regelungen transparenter zu gestalten", schreibt Bioland. "Mit der neuen Verordnung werden jedoch Erfahrungen und juristische Praxis mit der seit 15 Jahren bestehenden Verordnung 2092/91 für zum Teil zweifelhafte Prinzipien und Kriterien geopfert." Außerdem sei es "Positiv aus Sicht des privatrechtlich organisierten ökologischen Landbaus", so Biolandpräsident Thomas Dosch, "dass ein Bioverband auch in Zukunft mit eigenen strengeren Richtlinien und entsprechenden Qualitätszeichen am Markt aktiv sein kann."

Ganz nebenbei legt die neue Verordnung auch fest, dass die Zutaten von Biolebensmittel zu mindestens 95 Prozent aus ökologischer Landwirtschaft stammen müssen. Die verabschiedete Änderung, dass nun ab 2009 alle Ökoerzeugnisse auch noch ein einheitliches EU-Bio-Logo tragen müssen - zusätzlich zu den bestehenden nationalen Labels - trägt in Wirklichkeit auch nicht gerade zu mehr Qualität oder zu mehr Verbrauchersicherheit bei, sondern verteuert lediglich die Biolebensmittel. Gewinner der neuen Eu-Ökoverordnung sind ganz klar die Gentechnik- sowie die Werbe- und Verpackungsbranche. Denn Tausende von Lebensmittelverpackungen müssen nun dank des neuen EU-Bio-Labels neu gestaltet und hergestellt werden.

Resümee: Die neue EG-Öko-Verordnung ist das Ergebnis dessen, was die seit den 1980ern zunehmend globalisierte und industrialisierte Biobranche mit ihren eigenen Verwässerungsbeschlüssen seit Jahren gesät hat.

Gibt es nun keinen deutlichen Ruck in der Bio- und Öko-Szene, setzen die am Bio-Boom saftig verdienenden, neureichen Bio-Verbände und weichgespülten Öko-Politiker weiterhin lediglich auf gutes Zureden, statt massiv auf die Straße zu gehen und vom Recht auf friedliche, aber lautstarke Demonstrationen Gebrauch zu machen, dürfen die Verbraucher mit weiteren Verwässerungen rechnen.

Norbert Suchanek









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