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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 28.02.2007
Umwelt- und Nord-Süd-Nachrichten, Februar 2007
zusammengestellt von Norbert Suchanek
EU im "Ethanol-Delirium"

Die Lobby der Automobilindustrie und der Klimaschutz: Die EU-Kommission will beides unter einen Hut bringen setzt auf die falsche Lösung. Biodiesel und Biosprit. Im Januar legte deshalb die Kommission eine Richtlinie zur Treibstoffqualität vor, in der die Hersteller verpflichtet werden, dem Benzin mehr Ethanol beizumischen um das Klima zu schützen. Die Treibhausgase aus dem Verkehr (Herstellung, Transport und Verbrennung von Treibstoffen) sollen so zwischen 2011 und 2020 um 10 Prozent reduziert werden, um die klima-schädlichen CO2-Abgase um 500 Millionen Tonnen zu verringern. Von Problemen bei der Alkohol und Biodiesel-Herstellung - Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, mehr Pestizide usw. - und von Alternativen zum Individualverkehr, mehr ÖPNV zum Beispiel, will die von der Auto-Lobby offensichtlich verblendete oder kontrollierte EU-Kommission allerdings (noch) nichts wissen.


Mehr Biosprit weniger Essen

Die "Bio-Nachrichten" stießen vor über einem Jahr mit einer Spezialausgabe zum Thema Bioenergie und einem Text meines britischen Kollegen, George Monbiot, "Autos ernähren statt Menschen" in ein Wespennest. Inzwischen ist diese Horrorvision leider schon in Teilen wahr geworden, zum Beispiel in den USA, wo George Bushs "Ethanol-Delirium" (die forcierte Biospritproduktion aus Mais) den Preis für das gelbe Korn bereits verdoppelt hat. Wie der international bekannte Ökologe Lester Braun jüngst berichtete, würden die derzeit in den USA im Bau befindlichen Alkoholfabriken künftig die Hälfte der US-amerikanischen Maisernte verschlingen. Brown: "Mit dem Korn, das für 100 Liter Ethanol gebraucht wird, kann sich ein Mensch ein Jahr lang ernähren." In Brüssel starteten nun schließlich auch die EU-Grünen eine Kampagne gegen den "Biodiesel-Boom" mit dem Titel: "Mehr Menschen ernähren - weniger Auto fahren."
www.bionachrichten.de/archiv/BN99.pdf


Auch deutsche Grüne nun gegen Biosprit

Nach langen Jahren der Pro-Biotreibstoff-Haltung ist nun endlich auch den Grünen und der TAZ ein Licht aufgegangen. Biodiesel ist doch nicht so das Gelbe vom Ei. "Biobrennstoff ist für die Agrarindustrie der Königsweg, um von einem zerstörerischen Weg auf den anderen zu wechseln", zitierte jüngst die TAZ die grüne Energieexpertin Rebecca Harms: Denn der Anbau von Biomasse im großen Stil bedeutet Monokultur, Pestizide und Gentechnik - genau das Gegenteil von nachhaltigem Landbau.


2007 - Mehr Gen-Futter auf deutschen Feldern

Die deutschen "Bauern" werden in diesem Jahr gentechnisch veränderten Mais auf einer Gesamtfläche von 2663 Hektar anbauen. Das ist zumindest die offizielle Zahl aus Standortregister des Bundesamts für Verbraucherschutz. Gen-Kartoffeln wiederum will in diesem Jahr der Chemie-Konzern BASF auf einer Fläche von 200 Hektar anbauen. Die meisten Gen-Anbauflächen werden in diesem Jahr in Brandenburg Brandenburg (1.521 Hektar), in Sachsen (555 Hektar) und in "Meck-Pomm" (369 Hektar) liegen. In Bayern wurden bisher nur 4,7 Hektar für die Aussaat von Gentech-Pflanzen angemeldet.
www.zs-l.de www.saveourseeds.org


Selbst die "New York Times" entdeckt Probleme des Biosprits

Der Traum vom ökologischen Biotreibstoff aus Palmöl könne ein Alptraum sein: Diese Überschrift stand nicht in irgendwelchen alternativen Öko-Zeitschriften, sondern am 31. Januar 2007 in der konservativen New York Times. Subventioniert von Regierungen investierten Energieunternehmen in neue Kraftwerke, die mit Pflanzenkraftstoffen befeuert werden und so in der Theorie umweltfreundlicher seien, so die New York Times. Doch wie Forscher nun im vergangenen Jahr in Indonesien und Malaysia feststellten, sei die Produktion diese Pflanzenöle, vor allem Palmöl, tatsächlich eher eine ökologischer Alptraum. Die Ausweitung der Ölpalm-Plantagen geschehe oft durch Trockenlegen und Abbrennen von Sumpfgebieten, was große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid freisetze.
www.nytimes.com/2007/01/31/business/worldbusiness/31biofuel.html


Biosprit oder Tortilla?

Wie Franz Alt berichtet, werde weltweit immer mehr Biosprit produziert - hauptsächlich aus Mais, Zuckerrohr und Raps. Doch diese Entwicklung könne zur Verteuerung von Lebensmitteln führen, wie zum Beispiel in Mexiko. Dort sei der Tortilla-Preis jüngst um beinahe 100 Prozent gestiegen. Alt: "Ursache: Die Preise für den Tortilla-Rohstoff Mais sind stark angestiegen, weil aus Mais in ganz Amerika immer mehr Treibstoff für Autos hergestellt wird."
Der einfache Umstieg von herkömmlicher Energie zu Bioenergien reiche nicht, so Alts Resümee. Der Umstieg auf erneuerbare Energien zu 100 Prozent müsse von einer Energieeffizienz-Revolution begleitet werden. Es führe kein Weg an kleineren, energiesparenderen Autos vorbei. Viel billiger - und verantwortungsbewusster - sei es, spritsparende Autos zu bauen anstatt immer mehr Bioenergie anzubauen und in die ganze Welt zu exportieren.
Kommentar:
Hier, meine ich, irrt Kollege und offensichtlicher PKW-Fan Franz Alt. Sparsame Autos helfen kaum, schließlich verbraucht bereits die Herstellung neuer, sparsamer Autos extreme Mengen an Energie, Rohstoffen, Wasser und Lebensraum. Ich empfehle allen, die neue sparsame Autos fordern, eine Reise zu den Orten in Amazonien, wo die Rohstoffe dafür ausgebeutet werden. Meines Erachtens führt kein Weg an "weniger Privat-Autos" und mehr ÖPNV und mehr "zu Fuß" gehen vorbei, was letztendlich auch zu einem gesünderen Leben führt.
Norbert Suchanek


Biosprit als Chance für die Dritte Welt

Die Internationale Energie Agentur in Paris (IEA) und die Welternährungsorganisation der UNO, die FAO, halten Biosprit noch immer als Chance für die so genannte Dritte Welt. Bereits 30 Länder hätten bereits eine Beimengverpflichtung von Bio-Sprit. Diese Mengen könnten nur mit Hilfe der Anbauflächen in den Ländern des "Südens" gedeckt werden und damit würden sich neue Einkommenschancen für die Ärmsten unter den Armen ergeben. Die seit Jahrzehnten von der Industrie-Lobby beeinflussten UN-Agenturen IEA und FAO irren sich aber in diesem Fall doppelt und gewaltig: Erstens gibt es faktisch die "Dritte Welt" nicht mehr. Die Ganze Welt ist längst ein Spielball transnationaler Konzerne. Zweitens sind es in erster Linie große Agrarbetriebe die vom Biotreibstoff-Anbau profitieren. Die Ärmsten der Armen verlieren in aller Regel ihren Lebensraum und Existenz durch die Ausweitung der "Ethanol- oder Biodiesel-Plantagen".


Umweltministerium sieht Palmöl zur Stromerzeugung skeptisch

Wie das Bundesumweltministerium der Presse Mitte Januar mitteilte, verfolge das Ministerium das steigende Interesse an Palmöl-Blockheizkraftwerken in Deutschland mit Skepsis. "Der Grund: Palmöl wird in manchen Gegenden der Welt in nicht nachhaltiger Weise durch Umwandlung von Primärwald in Ölpalm-Plantagen erzeugt. Der Einsatz so produzierten Palmöl zur Stromerzeugung entspricht nicht den Zielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)." Palmöl werde weltweit gehandelt, seine Herkunft lasse sich dabei nicht immer lückenlos zurückverfolgen. Die Bundesregierung strebe deshalb gemeinsam mit vielen internationalen Organisationen, Umweltverbänden und Wirtschaftskreisen die Entwicklung von Zertifizierungssystemen an.
www.bmu.de/presse


Agrar-Subventionen für "Reiche" - Vertreibung für "Arme"

Laut TAZ finanzieren die europäischen Steuerzahler die deutsche Agrarwirtschaft jährlich mit über sechs Milliarden Euro. Besonders multinationale Konzerne gehörten zu den großen Profiteuren der Subventionen - ohne sich dafür an umwelt- und sozialverträgliche Standards halten zu müssen, kritisierte die Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen auf der jüngsten Grünen Woche in Berlin. "Während die Gewinne der großen Konzerne steigen, werden Millionen von Kleinbauern weltweit durch Exportdumping in die Armut abgedrängt", sagte Marita Wiggerthale von der Entwicklungsorganisation Oxfam.


Deutschlandfunk: Brandrodungen für Biokraftstoffe

Wie nun auch der Deutschlandfunk Anfang Januar 2007 berichtet, beschleunige der "Run" auf Biokraftstoffe in Europa den Klimawandel durch massive Brandrodungen für den Bau riesiger Palmölplantagen in den Tropenregionen. So zum Beispiel auf der südostasiatischen Insel Borneo. "Laut WWF verschwindet hier alle 20 Sekunden eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes." Die Plantagenunternehmen schreckten auch nicht davor zurück, Bauern mit illegalen Mitteln von ihrem Land zu vertreiben. Sie hätten schon ein ganzes Dorf umsiedeln müssen, um die Bauern vor Übergriffen zu schützen, berichtet Nur Hidayti von der indonesischen Organisation SAWITWATCH:


"Volle Tanks, leere Teller"

"Volle Tanks, leere Teller", so betitelte am 23. Januar 2007 Spiegel Online und zeigte damit, dass das Thema "Biosprit" nun auch - besser spät als nie - in den Redaktionsetagen des einst für seinen investigativen Journalismus gerühmten Nachrichtenmagazins angekommen ist. "Was auf der einen Seite der Grenze als Durchbruch in der Umwelttechnik gefeiert wird, schürt auf der anderen Seite die Angst ums Überleben", so Spiegel Online. "In den USA boomt das Geschäft mit Bio-Sprit. Im Gegenzug wird in Mexiko nun der Mais knapp - und für die Armen unbezahlbar."


Ausverkauf der Regenwälder Indonesiens

Laut Greenpeace will das indonesische Forstwirtschaftsministerium über eine Million Hektar tropischen Regenwald versteigern. "Damit beginnt quasi der Schlussverkauf", so Greenpeace. Schon jetzt seien 72 Prozent der "Urwälder" des Landes zerstört. Nirgendwo sonst seien so viele Tier- und Pflanzenarten akut bedroht, so Greenpeace. Die Arten verlören mit dem Wald ihren Lebensraum. Nach Darstellung von Greenpeace wird die Auktion offiziell damit begründet, dass die betroffene Urwaldfläche, bereits in früheren Jahren zum Abholzen freigegeben worden sei. Die bestehenden Konzessionen seien aber entweder gar nicht oder schlecht genutzt worden. Was weder die indonesische Regierung noch Greenpeace erwähnen: Die zum Ausverkauf befindlichen "Urwaldgebiete" sind nicht menschenleer. Und sie gehören zumindest moralisch auch gar nicht dem Mitte des 20. Jahrhunderts aus zahlreichen Inselgruppen gebildeten Staats Indonesien, sondern den in und von den Wäldern lebenden Ureinwohnern.


Staudamm auf "Teufel komm raus"

Über ein Jahrzehnt lang protestierten Menschenrechtler, Umweltschützer, Ureinwohner gegen eines der größten und unsinnigsten Staudammprojekte in der Geschichte der Menschheit: Der Narmada-Staudamm in Indien. Doch die nationalen und internationalen Proteste verhallten im Nichts, verloren sich im Dschungel der von inhaltsleeren Nachrichten überfüllten Massenmedien. Vergangenen Januar nun weihte die indische Regierung nun offiziell das fertig gestellte Staudammprojekt ein. Die lokale Anti-Staudammbewegung Narmada Bachao Andolan allerdings verkündete gleichzeitig, dass sie die Proteste gegen den Narmada-Staudamm nicht einstellen werde: Es sei an der Zeit, dass die Politiker sich an die Gesetze und einschlägigen Gerichtsurteile hielten und die Entschädigung der vertriebenen 200.000 Menschen in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen rückten. Der Staudamm kostete dem indischen Staat übrigens über zwei Milliarden US-Dollar.


Gen-Biodiesel aus Indien

Indische Forscher experimentieren derzeit mit einer gentechnisch manipulierten Pflanze namens Jatropha, ein so genanntes Wollmilchgewächs. Ziel der Experimente: Kreieren eines GVO, das mehr als vier Mal so viel Treibstoff pro Hektar produzieren könne wie die Sojabohne. Laut Fachzeitschrift Technology Review plane die indische Regierung eine nationale Initiative, um die (bislang noch nicht gen-manipulierte) Jatropha-Pflanze im ganzen Land zu einer wichtigen Treibstoffquelle zu machen. Mindestens 400.000 Hektar sollten mit dem der "Biosprit-Branche" dienenden Wollmilchgewächs bepflanzt werden.
Quelle, Übersetzung: Ben Schwan. ( nbo-tr@tr.heise.de /Technology Review)


Lug und Trug bei Molkereikonzern Campina

Laut TAZ habe Greenpeace dem Milchkonzern Campina Verbrauchertäuschung nachgewiesen. Seit Januar dürfe das Milchunternehmen (Ex-Südmilch) deshalb eine seiner Buttermarken nicht mehr "Weidebutter Mark Brandenburg" nennen. Campina werbe für "Weidebutter Mark Brandenburg" mit Kühen, die auf Sommerweiden grasen, so Greenpeace. Doch tatsächlich hätten viele Milchkühe von Campina in Deutschland keinen Auslauf, sondern würden ganzjährig in Ställen gehalten. "Campina hat jahrelang die Verbraucher getäuscht", meint Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter. "Mit artgerechter Haltung und Fütterung der Tiere hat die Weidebutter nichts zu tun. Wie bei seinem 'Landliebe'-Milchsortiment, das mit Hilfe von Gen-Pflanzen hergestellt wird, versuchte der Konzern auch bei der Weidebutter, sein Image gewinnbringend aufzupolieren." TAZ: "Die Butter von Campina sei Greenpeace bereits im vergangenen Jahr bei einem Test aufgefallen. Die angebliche Weidebutter von Campina habe bei diesen Tests extrem niedrige Werte an bestimmten gesunden Fettsäuren (Omega 3-Fett) aufgewiesen." Wie Greenpeace berichtete, sei der Gehalt dieser gesunden Fettsäuren besonders hoch, wenn Kühe weiden und Grünfutter fressen.


Grüne Woche: Nabelschau der Agrarindustrie

"Die Grüne Woche verkommt immer mehr zu einer Art 'Agro-Peepshow', in der die Agrarindustrie eine Nabelschau betreibt und sich nicht den brennenden Problemen der Verbraucher, Bauern und Umwelt widmet", kritisiert die Euronatur-Umweltstiftung. Der Öffentlichkeit werde viel zu oft eine heile Welt in der Landwirtschaft vorgegaukelt und die oft brutalen Realitäten ausgeblendet.


Biogas ist die bessere Alternative

Kraftwerke mit Palmöl aus den Tropen in Deutschland zu betreiben, sei unsinnig und unnötig. Warum nutzen wir nicht einfach das Biogas-Potential unserer heimischen Bauern, so das faktische Resümee eines Textes des Hamburger Journalisten Volker Bräutigam in der Zeitschrift "Ossietzky". Eine Biogasanlage (betrieben aus Abfällen aus der Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung) gebe es bisher nur auf jedem 500. deutschen Bauernhof. Bräutigam: "Die große Mehrheit der Bauern wirtschaftet traditionell: flächenverbrauchend, die Pflanzenvielfalt vernichtend, bodenverdichtend, grundwasserbelastend, energieverschwendend, giftversprühend, zum Schaden von Natur und Umwelt. Die Lobby der Bauernverbände, der petrochemischen Industrie sowie der Energiewirtschaft verhindert zusammen mit konservativen Politikern - nicht nur in Deutschland - ökologisch überfällige Strukturveränderungen auf dem Lande."
Bräutigam zitiert den Biogas-Fachmann und Bauern Hubert Hümme: "Mit Energie aus Biomasse könnte die deutsche Landwirtschaft den gesamten Strombedarf unseres Landes decken. In Deutschland werden 18 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt. Demnach könnten theoretisch 180 Gigawatt Strom aus Biomasse produziert werden, nicht zu reden von der Fernwärme. Zum Vergleich: Die gesamte gegenwärtig in Deutschland installierte Kraftwerksleistung (Kohle, Atom, Gas, Öl, Wasser, Wind, Sonne) beträgt nur 125 Gigawatt."
Volker Bräutigam in Ossietzky, "Der Bauernhof als Kraftwerk", 19.01.2007
www.linksnet.de/artikel.php?id=2817


Buchtipp:
Mehr als nur Wald
"Human Impacts on Amazonia" ist das seit Jahren beste und wichtigste Buch über Amazonien.


1998 brachte der Ethno-Ökologe Darrell Addison Posey über 20 kritische Wissenschaftler zur ersten "Oxford Amazon Conference" zusammen. Doch erst im vergangenen Jahr - fünf Jahre nach dem tragischen Tod Darrell Poseys - wurde das Ergebnis der Konferenz in Buchform veröffentlicht. "Human Impacts on Amazonia" ist ein Buch, das sowohl tiefe Einsichten in die historischen und aktuellen sozioökologischen Zusammenhänge Amazoniens und der Cerrado-Region aufzeigt, wie auch aufrüttelt. Wer dieses Buch ließt, wird die aktuelle Diskussion um Biodiesel und das Voranschreiten der Soja-Front, wird das Öffnen der von zahlreichen indigenen Völkern mitgestalteten Ökosysteme Amazoniens zur Energie- und Rohstoffausbeutung auf der einen Seite und zum von Einheimischen bereinigten "künstlichen" Naturschutzgebiet als Tourismusattraktion auf der anderen Seite mit anderen Augen sehen.
"Amazonien wird gewöhnlich als weite Wildnis angesehen - eine große 'leere' Region 'voll' von unberührter Natur", schreibt Posey im Vorwort. "Aber für die Autoren dieses Buches sind das Amazonasbecken, seine Geschichte, seine Landschaften seine Ökosystem unbestreitbar durch menschliche Einflüsse gestaltet. Und für die indigenen Völker Amazoniens sind seine Wälder, Savannen, Berge und Flüsse Heimat, Wohnstätten, Gärten, Hinterhöfe, Jagdgebiete und spirituelle Zufluchtsorte." Der Forscher und ehemalige Direktor des Oxford Centre for Brazilian Studies und des Traditional Resource Rights Programme zitiert den amazonischen Konferenzteilnehmer Miguel Hilario-Manenima von den Shipibo-Conibo-Indianern: "Wenn die Pflanzen verschwunden sind, ist unser Wissen verschwunden; wenn unser Wissen verschwunden ist, ist unsere Seele verschwunden; wenn unsere Seele verschwunden ist, dann werden wir als Menschen aufhören zu existieren. Der Fehler, diese indigene Gleichung nicht zu verstehen, wird der Grund für das Versagen der gesamten Menschheit sein."
Norbert Suchanek
"Human Impacts on Amazonia - The role of traditional ecological knowledge in
Conservation and development", Edited by Darrell Addison Posey and Michael J. Balick, Columbia University Press, New York, 2006, ISBN 0-231-10589-4
www.columbia.edu/cu/cup


Buchtipp:
Emissionshandel schadet dem Klima

Der Schwede Dag Hammarskjöld (1905-1961) war der zweite Generalsekretär der Vereinten Nationen. Die nach ihm benannte, 1962 gegründete Dag Hammarskjöld-Stiftung veröffentlichte 2006 ein Buch, das den Unterzeichnern des Kyoto-Protokolls und Befürwortern des so genannten Emissionshandels, wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen muss. Es zieht den Schluss: Das Emissionshandelssystem sei "sowohl ineffektiv als auch ungerecht" und fördere faktisch die Ausbeutung der fossilen Brennstoffe, statt sie zu stoppen.
"Emissionshandel ist schlecht für den Süden, schlecht für den Norden und schlecht für das Klima. Er ist der absurdeste und unmöglichste Markt, den die menschliche Zivilisation jemals gesehen hat", wird der indische Forscher Soumitra Ghosh zitiert. Und genau dies weist das Buch "Carbon Trading - A critical conversation about climate change, privatisation and power" detailliert nach. Dabei liest es sich seitenweise wie ein Krimi. Denn das Buch beschreibt auch, wie es möglich war, dass das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) im Verbund mit den großen NGOs wie WWF und das von Firmen wie Monsanto, Shell und BP co-finanzierte World Resources Institute (WRI) auf einen Markt orientierten Mechanismus eingeschworen wurde, der in erster Linie den an einer weiteren Ausbeutung der fossilen Energien interessierten Energiekonzernen und nicht dem Klimaschutz diene.
Norbert Suchanek
"Carbon Trading - a critical conversation on climate change, privatisation and power", Mediaprint, Schweden, 2006, ISSN 0345-2328
www.dhf.uu.se





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