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Rubrik:Energie & Technik    Datum: 24.11.2006
Forscherelite für Kernkraft
acatech-Symposium 12. November 2006, Berlin - "Die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland"
Das Thema des Symposiums klang vielversprechend. Es sollte "Die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland" unter den verschiedensten Aspekten beleuchtet werden. Veranstalter war acatech - Konvent für Technikwissenschaften der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften e.V., ein Zusammenschluss hochrangiger Wissenschaftler, der den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politk und Gesellschaft fördern will.

Die Themen der einzelnen Vorträge der Veranstaltung, die am 21. November im Leibnizsaal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt stattfand, ließen erwarten, dass Wissenschaftler verschiedener Disziplinen kompetente Antworten auf eine drängende Frage mit hoher Aktualität geben würden.

Leider erwies sich das Symposium als eine Werbeveranstaltung für die Kernenergie, die auch in den Studien, die als Ergebnis von internen Projekten der acatech entstanden sind, eindeutig präferiert wird. So heißt es: "Die durchgeführten szenariogestützten Analysen alternativer Pfade der Entwicklung der Energieversorgung in Deutschland zeigen, dass Effizienzsteigerung in allen Bereichen der Energieanwendung und der Energiebereitstellung sowie die Stromerzeugung aus Kernenergie die derzeit wichtigsten Optionen für eine wirtschaftliche und klimaverträgliche Energieversorgung sind."

Dabei wird hartnäckig an Ideen festgehalten, die man längst in der Mottenkiste vermutet hatte. So soll die Energieversorgung in einigen Jahrzehnten zentral über Kernkraftwerke erfolgen, wobei von einer Machbarkeit des Fusionsreaktors ausgegangen wird. Alle damit zusammenhängenden Probleme seien lösbar. Der Ausstieg aus der Kernenergie wird als deutscher Sonderweg gebrandmarkt. Bedauert wird insbesonders, dass es dadurch bereits zu einem Mangel an Fachpersonal für den Betrieb der bestehenden Kernkraftwerke gekommen sei und entsprechende Studiengänge an Beliebtheit eingbüßt hätten.

Die Bedeutung des Kohlendioxids für die Klimaveränderung wird in zweierlei Hinsicht relativiert. Zum einen gebe es Faktoren, in erster Linie die schwankende Aktivität der Sonne, die einen viel größeren Einfluss auf die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre hätten, zum anderen sei der Anteil der Bundesrepublik Deutschland am globalen CO2-Ausstoß ohnehin marginal. Infolgedessen fällt die Beurteilung aller Formen von Erneuerbarer Energie ungünstig aus: Solarstrom ist zu teuer, Windkraft zu unstet, Biomasse zu wenig vorhanden. Nur als Übergangstechnologien, bis die Kernkraft den erforderlichen Entwicklungsstand erreicht hat, sind sie tolerierbar.

Angesichts des bescheidenen Effekts der CO2-Reduktion muss man sich aber fragen, warum ausgerechnet die Idee von Vattenfall zur Abscheidung und Einlagerung von Kohlendioxid aus Braunkohlekraftwerken so begeistert aufgenommen wird. Klaus Rauscher als Vertreter von Vattenfall auf dem Podium der Abschlussdiskussion musste einräumen, dass die Entwicklungsarbeiten noch Jahre dauern werden und der Erfolg ungewiss ist. Gleichzeitig plädierte er für eine Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke.

Diese Tendenz hat auch der Vortrag über die Bedeutung der regenerativen Energien für die Energieversorgung, wo im Hinblick auf die Situation in Deutschland bei Wind- und Wasserkraft vor allem die Probleme gesehen werden, Photovoltaik nur für den Export taugt und Solarthermie überhaupt nicht vorkommt. Stattdessen konzentriert sich der Vortrag auf Biomasse und es werden, abgesehen von banalen fachlichen Fehlern, nur die thermische Vergasung und Biomass-to-Liquid (BtL) als aussichtsreich angesehen. Die funktionierenden Technologien wie Pflanzenöl, selbst Biodiesel und Biogas schneiden in jeder Hinsicht schlecht ab. Nicht einmal die Substitution von Erdgas durch Biogas in Fahrzeugen, die selbst von der Gasindustrie inzwischen akzeptiert ist und aktiv vorangetrieben wird, erscheint akzeptabel. Am Ende läuft es auf die Erzeugung von Wasserstoff hinaus, wo aber wieder einmal erheblicher Forschungsbedarf eingestanden wird.

Diese Aussagen gewinnen an Brisanz durch die Tatsache, dass acatech in vielfältiger Form mit der Politik vernetzt ist und sich selbst die Qualifikation für eine ideologiefreie Politikberatung zuschreibt. Die Qualität dieser Beratung besteht aber offensichtlich in Produktion und Verbreitung von Forschungsergebnissen, die auf eine Fortschreibung der Politik der letzten Jahrzehnte (Atomkraft, Fusion) mit allen Konsequenzen (Endlager) hinauslaufen - untrennbar verbunden mit der Umlenkung der Hauptmasse der Forschungsgelder in Alibi-Projekte (BtL, Pyrolyse, Wasserstoff-Technologie), die vielversprechend klingen, deren Effizienz aber alles andere als bewiesen ist. Nur darf diese Frage nicht gestellt werden, da es um Zukunftstechnologien geht.

Roland Schnell, Berlin
Fördergesellschaft nachhaltige Biogas- und Bioenergienutzung e.V.
schnell@fnbb.org
www.fnbb.org


Der Konferenzband "Die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland" ist erhältlich bei
acatech - Konvent für Technikwissenschaften der Union
der deutschen Akademien der Wissenschaften e.V.
Geschäftstelle München
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Telefon 0 89 / 520 30 90
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