Ein Service von![]() | |||||||||||||||||||||
"Ob diese Klimaverschiebung bei uns vom Menschen ausgelöst wurde", so ein unterfränkischer Winzer, "kann ich nicht beurteilen. Aber Fakt ist, dass wir früher alle zwei, drei Jahre klimabedingt eine sehr schlechte Weinlese hatten. So konnte nie eine Überschussproduktion entstehen. Doch in den letzten 10, 15 Jahren haben wir Jahr für Jahr Spitzenernten und wissen kaum noch wohin mit dem Wein." Kombiniert mit dem heftigen Konkurrenzkampf in Weinläden und Supermärkten durch die immer stärker auf den Markt drängenden "Übersee-Weine" aus den USA (Kalifornien), Chile, Argentinien, Südafrika und Australien bedeutet dies: drastischer Preisverfall und hohe Einkommenseinbußen für viele einheimische Winzer. Und so manch einer hat in den vergangenen Jahren schon aufgegeben und seinen Weinberg an einen größeren Winzer verpachtet, verkauft oder einfach verwildern lassen - mit der Folge, dass ein Stück Kulturgut und Artenvielfalt verloren ging. Denn gerade die kleinen, traditionell bewirtschafteten Weinberge Deutschlands sind seit jeher ein Paradies für seltene Tier- und Pflanzenarten. EU erlaubt Weinpanscher aus Übersee Mit Beginn 2006 erschwerte die Europäische Union (EU) den kleinen, traditionellen Weinbauern weiter das Überleben, indem sie nämlich der Einfuhr so genannter "fraktionierter" Weine aus Übersee den Weg geebnet hat. Die so genannten fraktionierten Weine sind aber faktisch nichts anderes als "künstliche" Weine, die aus technisch gewonnenen Wein-Bestandteilen so zusammengepanscht wurden, um ein beliebig kontrollier- und manipulierbares Geschmacksprofil zu erstellen. Auch Weine, die mit Eichenspänen behandelt wurden, beispielsweise um eine (teuere) Lagerung im traditionellen Eichenfass vorzutäuschen, sowie Weine, die mit Wasser verdünnt wurden, dürfen jetzt in der EU ohne Kennzeichnungspflicht verkauft werden. "Diese Techniken wurden zwar gegenwärtig nur für Importweine aus den USA legalisiert", so der bekannte Weinfachmann und Wein-Redakteur Ulrich Sautter. "Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die umstrittenen Techniken auch für die Bereitung europäischer Weine zugelassen werden. Dann könnte die Hemmschwelle weiter sinken, beispielsweise, indem erlaubt wird, solchen Weinen künstliche Aromastoffe zuzusetzen." Heimische Weine aus der Region sind ökologischer Dennoch ist noch nicht aller Tage Abend, weder in Franken noch in den anderen deutschen, unter ausländischer Konkurrenz, Preisdruck und dem Kniefall der EU vor den Weinpanschern leidenden Weinbauregionen. Auch die kleinen Winzer haben noch Chancen, um im nationalen und internationalen Preiskampf zu bestehen. Zum einen können sie auf den ökologischen Weinbau umstellen, der höhere Preise und bessere Qualitäten erzielt, was aber auch deutlich mehr Kosten beispielsweise für die heutzutage gesetzlich vorgeschriebene, aber teuere Zertifizierung bedeutet. Zum anderen gibt es hoffentlich bald wieder zunehmend mehr Wein-Kunden, die auf regionale, traditionelle und ökologische Produktion achten. Während viele Weinberge in Main-Franken wie in anderen Anbaugebieten aufgrund von Flurbereinigung und Agroindustrialisierung oder Rationalisierungsmaßnahmen längst ihren traditionellen Charakter verlorenen haben, konnte sich der Theilheimer Altenberg bei Würzburg seine alten Steinmauern und seine Artenvielfalt bis heute erhalten. Hier in einem Seitental des Mains wird schon seit dem 11. Jahrhundert Wein und nun auch zunehmend kontrolliert ökologischer Wein erzeugt. Artenvielfalt durch Tradition und Bioanbau "In unseren Weinbergen kreucht und fleucht es. Unsere Reben sind gesund und widerstandsfähig. Wir verzichten komplett auf synthetisch hergestellte Spritz- und Düngemittel und verwenden nur die Widerstandskraft der Reben stärkende natürliche Mittel", so die Selbstdarstellung eines Theilheimer Biowinzers, dem es wichtig ist, dass die Bodenfruchtbarkeit auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt. Ein weiterer Aspekt ist die Vielfalt der Traubensorten, die allerdings in den Richtlinien des Bio-Weinbaus (noch) keine Rolle spielen. Hier ist der Winzer auf sich allein gestellt. Er und seine Kunden entscheiden, ob ein uralte Weinrebe verloren geht oder erhalten bleibt. Gibt der Winzer den "Modeweinen" - beispielsweise dem Riesling, Deutschlands mit Abstand häufigster Weinsorte - nach, verliert die Weinwelt, verliert unser Ökosystem vielleicht eine alte Weinrebe wie den Gutedel oder den Roten Elbling. Zum Glück gibt es aber beim Wein (noch!) ein Bewusstsein für Sorten- und Geschmacksvielfalt, anders als bei den "gewöhnlichen" Nahrungsmitteln wie Rüben, Weizen oder Kartoffeln, bei denen das Wissen darüber, dass es eigentlich zahlreiche unterschiedliche Sorten und ganz verschiedenen Geschmacksnuancen dieser Nahrungspflanzenarten gibt oder gab, so gut wie verloren gegangen ist. Aber der Trend hin zu Einheit, statt Vielfalt, zur Aufgabe alter Weinsorten zu Gunsten moderner Sorten, ist auch schon beim Weinbau zu erkennen. Dracula, Frankenstein und Frankenwein Frage: Was haben Dracula, Frankenstein und Frankenwein gemeinsam? Den Silvaner, ein milder Wein, der zu allen Gelegenheiten passt. Die Rebsorte Silvaner ist nicht nur der heute typischste Vertreter des Frankenweins, sein Ursprung liegt höchstwahrscheinlich auch genau dort, wo der Ursprung der Dracula- und Frankenstein-Geschichten beheimatet ist: in den rumänischen Karpaten, genau genommen in Transsilvanien, der dicht bewaldeten Bergregion auf dem Balkan, die wiederum ihren Namen dem römischen Gott des Waldes "Silvanus" zu verdanken hat. Wann genau die Rebe ins Frankenland kam, weiß wahrscheinlich niemand. Aber das erste schriftliche Dokument über die Rebe aus Transsilvanien in Franken stammt aus dem Jahr 1665. Nichtsdestotrotz ist nicht der Silvaner, sondern der Blaue Portugieser mein Lieblingswein aus Franken. Der Ursprung dieser Rotwein-Rebe liegt - der Name verrät es - im alten Portugal. Im 18. Jahrhundert etwa wurde die Rebe nach Österreich und (wahrscheinlich) von dort ins Main-Frankenland gebracht, wo sie noch heute in wenigen ausgesuchten Lagen angebaut wird. Norbert Suchanek
| |||||||||||||||||||||
Lesen Sie weiter auf www.ECO-World.de, dem Portal für ein bewusst genussvolles Leben & ökologisch nachhaltiges Handeln. |