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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Essen & Trinken    Datum: 05.10.2006
Kinder essen, was sie sehen
Gesunde Ernährung für Kinder
Fettleibigkeit bei Kindern ist schon lange nicht mehr "nur" ein Problem der Vereinigten Staaten von Amerika. Auch bei uns nimmt die Zahl der deutlich übergewichtigen Kinder zu. Jeder fünfte Erstklässler ist heute übergewichtig - Tendenz steigend. Eine Hauptursache: Die speziell auf die jungen Konsumenten ausgerichtete Fernsehwerbung für die Dickmacher der Nahrungsmittelindustrie wie Süßigkeiten, Snacks oder süße Getränke, den so genannten Softdrinks, voll von künstlich hergestellten Aroma- und Farbstoffen. Kinder, die viel Fernsehen, sind deshalb in der Regel auch dicke Kinder. Amerikanische Forscher haben nun auch wissenschaftlich nachgewiesen, warum das so ist. Das Ergebnis ist so einfach wie logisch: "Kinder essen, was sie sehen."

"Wir wissen seit langer Zeit, dass Fernsehschauen ein Risikofaktor für Übergewicht ist. Die übliche Erklärung ist, dass es an der Bewegungsarmut liegt", erläutert Jean Wiecha, die Hauptautorin der in den "Archives of Pediatric and Adolescent Medicine" erschienen Studie der Harvard School of Public Health und des Children's Hospital Boston (USA). "Unsere Studie belegt, dass Fernsehen Kinder dazu bringt, das zu essen was beworben wird. Das treibt ihre Kalorienaufnahme in die Höhe." Konkret führte im Ergebnis jede Stunde Fernsehen zu 167 zusätzlich aufgenommenen Kilokalorien. Außerdem zeigt die Studie, dass TV-Werbung wirkt. Denn das "Glotzen" führte dazu, dass die Kinder vor allem Nahrungsmittel, die im Fernsehen beworben wurden aßen.

Ohne Frühstück - schlechte Noten

Zuviel schlechtes Essen vor und nach dem Fernseher - kaum oder gar kein richtiges Frühstück vor der Schule: Das ist leider der Alltag in vielen Haushalten mit Kindern.

Etwa zwanzig bis dreißig Prozent aller Schulkinder in Deutschland gehen ohne Frühstück und ohne Pausenbrot in die Schule, so die Schätzung der AOK-Berlin. Doch ohne Frühstück, das sagen die Experten, seien Kinder bereits in den ersten beiden Stunden unkonzentriert und müde. Umgekehrt zeigen Studien, dass Kinder, die regelmäßig vor der Schule frühstücken, bessere Noten haben.

Klar, dass ein gesundes Frühstück nicht aus Coca-Cola, Limo und Schokoriegel besteht. Ein Bio-Vollkornbrot, Milch, Käse, Früchte oder auch ein Frischkornmüsli sorgen da schon eher für wache Kinder und gute Noten. Ideal zum Frühstück sind auch Haferflocken, von denen es heißt, dass sie die Leistungsfähigkeit erhöhen sollen. Gleiches gilt für Nüsse, die schon seit langem als wahre "Gehirnnahrung" bekannt sind.

Generell sollte die Ernährung von Kindern wie von Erwachsenen aus viel Gemüse, Früchten und Getreide aus dem ökologischen Anbau bestehen und möglichst frisch aus der Region stammen. Laut Umfragen, erstellt im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums, halten 91 Prozent der Deutschen nach eigenen Angaben Biolebensmittel bei der Ernährung von Kindern für wichtig. Konkret meinen 58 Prozent der Deutschen, dass Biolebensmittel bei der Ernährung der Kinder "sehr wichtig" sind, und 33 Prozent halten sie für "wichtig. Laut den Umfragen in den vergangenen Jahren glauben nur etwa acht Prozent, dass Biolebensmittel "nicht so wichtig" sind. Die Realität des Alltags sieht allerdings genau anders herum aus. Bis heute greift nur eine kleine Minderheit der Verbraucher täglich zu biologischen Nahrungsmitteln. Das heißt, es klafft bei der Frage der Kinderernährung eine große Lücke zwischen "Wissen", "Glauben" und "Handeln". Es gilt, diese Lücke zu schließen. Kindergarten und Schule können dabei helfen.

Projekt "Bio für Kinder"

So auch der Ansatz des im vergangenen Jahr in München gestarteten Modelprojekts "Bio für Kinder - schmeckt natürlich gut!" Das Gemeinschaftsprojekt der Tollwood GmbH und des Referates Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, begleitet von der "Münchner Aktionswerkstatt G'sundheit" will aber nicht nur zeigen, dass Bioprodukte auch Kindern schmecken. Das Projekt will ebenso deutlich machen, dass die - für Gesundheit und Gesellschaft notwendige - Umstellung der Ernährung auf biologisch erzeugte Lebensmittel auch für Leute mit kleinem Geldbeutel möglich ist.

"Für nur einen Euro mehr..."

In München werden die jüngsten in den städtischen Kinderkrippen schon seit einiger Zeit mit Bio-Lebensmitteln versorgt. In Kindergärten, Horten oder Schulen allerdings fehlt es noch an Angeboten. Doch "wer Ernährungsgewohnheiten beeinflussen will, muss früh anfangen", so Stephanie Weigel von Tollwood. "Unser Ziel ist es nun, dass Münchens Kinder und Jugendliche in Kindergärten und Schulen mit 100 Prozent gesundem und ökologischem Essen versorgt werden."

Obwohl ökologisches und gesundes Essen für Kinder von vielen nicht nur als sinnvoll und notwendig angesehen werde, sondern auch von vielen gewollt sei, gelte es eine Barriere bei Eltern und den Verantwortlichen in Schule und Kindergarten zu überwinden: die befürchteten Mehrkosten, die in der Regel deutlich überschätzt werden!

"Hier", sagt Stephanie Weigel, "setzt 'Bio für Kinder' an: Schulen und Kindergärten brauchen eine Anschubfinanzierung für die Umstellung." Deshalb ist das Herzstück des Projektes ein Patenschaftsmodell, bei dem sich Münchner Unternehmen für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren als Paten einer Kinderbetreuungsstätte oder Schule engagieren. Sie übernehmen in dieser Zeit die Mehrkosten der Bio-Verpflegung "ihrer" Einrichtung - pro Kind und Mahlzeit ein Euro. Nach etwa zwei bis drei Jahren sollen dann die Kindertagesstätten in der Lage sein, den eingeschlagenen Weg selbständig weiter zu führen. Aber schon während dieser Zeit versuchen die Projektbeteiligten die geringen Mehrkosten von rund einem Euro pro Kind und Mahlzeit, noch weiter zu reduzieren - beispielsweise durch Optimierung der Nahrungsmittelmengen und Speisenangebote sowie durch günstigere Lieferbedingungen. Und schließlich soll das Projekt über die Stadtgrenzen Münchens hinaus Schule machen. Denn immer mehr Kinder werden in Zukunft das Mittagessen außer Haus einnehmen, da in den kommenden Jahren bundesweit 10.000 Ganztagsschulen ihren Betrieb aufnehmen sollen.

Bio in der Kinderklinik

Natürlich wissen heute ebenso schulmedizinisch ausgebildete Kinderärzte um den gesundheitlichen Wert von biologischer Ernährung für die Jüngsten unter uns. So stieg im vergangenen Jahr beispielsweise das DRK-Kinderklinikum auf dem Wellersberg im nordrhein-westfälischen Siegen auf Bionahrungsmittel um. In Zusammenarbeit mit einem ökologischen Anbauverband versorgt die bundesweit renommierte Kinderklinik jährlich etwa 6.500 stationäre Patienten sowie etwa 600 Ärzte, Pfleger und Angestellte mit Ökolebensmitteln möglichst aus der Region.

Kinderklinik schon seit 20 Jahren "bio"

Noch mehr Erfahrung mit Bio-Lebensmitteln hat die Kinderklinik Gelsenkirchen, die schon seit rund 20 Jahren ihre kleinen Patienten mit gesunden Lebensmitteln aus dem Bio-Anbau versorgt. "Bei allen Vollkornprodukten wie Backwaren, Nudeln oder Reis verwenden wir ausschließlich Bioprodukte. Gleiches gilt für Fette, Öle und Sojamilch, teilweise auch für eine Reihe von Gemüse- und Obstsorten", so die Küchenleiterin Sabine Voskuhl der Kinderklinik Gelsenkirchen, die die Bioprodukte ausschließlich bei bio-zertifizierten Anbietern "am liebsten aus der Region" einkauft. Sabine Voskuhl: "Die verringerte Schadstoffbelastung der Bioprodukte kommt vor allem den Allergikern entgegen."

Selbst Mutter zweier Kinder weiß Sabine Voskuhl um die Vorlieben von Kindern beim Essen. Vollkornprodukte gehörten zwar nicht immer zu den Lieblingsspeisen der kleinen Patienten. Doch mit viel Phantasie ließe sich diese "kleine" Hürde überwinden, so die Küchenleiterin: "Bio ist lecker, man muss es nur probieren."

Norbert Suchanek


Infos:

"Bio für Kinder", Tollwood,
Waisenhausstr. 20, 80637 München, Tel. 089 - 38 38 50 26
stephanie.weigel@tollwood.de

Münchner Aktionswerkstatt G'sundheit(MAG's)
Bayerstraße 77a, 80335 München, Tel. 089-53 29 56 56
www.mags-muenchen.de

Landeshauptstadt München, Referat Gesundheit und Umwelt,
Bayerstr. 28 a, 80335 München,
Tel. 089 - 233 47560,
www.muenchen.de/biostadt



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