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Bis zum heutigen Freitag (18.08., 16 Uhr) sollen die Stadienbetreiber erklären, nicht weiterhin aus dem Billigplastik Polystyrol gefertigte Becher mit falscher Materialkennzeichnung zu vertreiben. Sollte sich zudem die Vermutung bestätigen, dass BellandVision die nach der Verpackungsverordnung vorge-schriebenen Verwertungsquoten nicht einhält, so könnte dies (lt. § 15 Nr. 6) als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen von bis zu 50.000 € geahndet werden (§ 61 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 61 Abs. 3 Krw-/AbfG). Der Betreiber des Münchner Allianz-Stadions hat zwischenzeitlich gegenüber der DUH erklärt, die noch vorhandenen Becher-Bestände aus Polystyrol an die Firma BellandVision zurücksenden und diese nicht weiter verwenden zu wollen. Nach DUH-Recherchen sind die Bundesligaclubs in Hamburg, Frankfurt, München und Nürnberg offensichtlich einem "modernen Alchimisten" auf den Leim gegangen: Anstelle seines angeblich mit einem Aufwand von 150 Millionen Euro entwickelten Wunderkunststoffs lieferte Belland bereits seit November 2005 (im Frankfurter Stadion) Polystyrolbecher mit "Belland"-Kennzeichnung aus. Auch bei den Bundesligaspielen in der Münchner Allianz Arena des FC Bayern München gegen Eintracht Frankfurt (Ende Februar 2006) und gegen Arminia Bielefeld (Mitte April 2006) wurden verdeckt Polystyrolbecher eingesetzt. Im Rahmen einer chemischen Analyse von Belland-Bechern mit den Schriftzügen "Coca Cola" und "1860 München" stellte das Deutsche Kunststoff Institut fest, dass diese - trotz anders lautender Kennzeichnung - aus dem weit verbreiteten Billigkunststoff "Polystyrol" und nicht aus dem sehr viel teureren BellandMaterial bestehen. Zu der zwischenzeitlichen Entgegnung des Belland-Geschäftsführers Roland Belz (siehe Pressemitteilung von BellandVision vom 16.8.2006), die DUH bliebe den Beweis für die Aussage schuldig, "Belland-Material" führe zu einer massiven Umweltbelastung, erklärte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: "Alle Ökobilanzen zeigen für Großveranstaltungen die Überlegenheit der Mehrweg-Bechersysteme, wie sie zuletzt auch bei der Fußball-WM zum Einsatz gekommen sind. Selbst unter den ökologisch nachteiligen Einwegsystemen ist das Belland-Material das mit Abstand schlechteste Kunststoffmaterial. Während es für Polystyrol, Polypropylen, PET etc. bereits seit Jahren wirtschaftlich betriebene Recyclingverfahren gibt und ein wertstoffliches Recycling stattfindet, existiert bis heute kein Recycling für das so genannte Belland-Material. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass das Belland-Materialsystem nichts weiter ist als ein primitives Einwegsystem mit gravierenden ökologischen Nachteilen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). Die nun für Herbst 2006 angekündigte Belland-Material-Anlage und das mit ihr verknüpfte angebliche Recycling haben eine 15-jährige Vorgeschichte: Schon 1991 kündigte der heutige Geschäftsführer Roland Belz (lt. Handelsblatt vom 8. November 1991) an, in Sachsen-Anhalt ein Werk mit einer Kapazität von zunächst 20.000 Jahrestonnen zu errichten, das Mitte 1992 den Betrieb aufnehmen sollte. Die Ankündigung wurde am 31. Januar 1992 wiederholt. Zuschüsse flossen reichlich doch eine Anlage wurde nicht gebaut. Im Dezember 1992 leitete die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Roland Belz ein, im März 1993 kam ein weiteres im schweizerischen Solothurn hinzu. Am 2. Februar 1996 verkündete das Amtsgericht Stuttgart einen Haftbefehl gegen Roland Belz, der gegen eine Kaution von 1.75 Millionen DM ausgesetzt wurde. Bei der Jahresversammlung der Belland AG am 20. September 1996 wurden ein Feldtest auf der Kunststoffmesse K'95 in Düsseldorf sowie "hervorragende Resultate der Ökobilanz des Fraunhofer Instituts mit dem Wuppertal-Institut" gefeiert und eine neue Kapazitätsplanung von 5.000 Jahrestonnen bekannt gegeben. Die wiederholten vollmundigen Zukunftspläne mündeten schließlich im Sommer 2006 in die Ankündigung des beabsichtigten Baus einer Recyclinganlage mit nur mehr 300 Jahrestonnen, die im "Herbst 2006" ihren Betrieb aufnehmen soll und für die Anfang August angeblich der Bauantrag gestellt worden sei - 15 Jahre nach der ersten Ankündigung einer 20.000 Jahrestonnen-Anlage. In der Chronik von BellandVision berichtet das Unternehmen stolz über die angeblich zufriedenen Besucher des Stuttgarter Kirchentags im Juni 1998, die (lt. Stuttgarter Zeitung vom 18. Mai 1998) "fast ausschließlich aus Belland-Kunststoffgeschirr essen und trinken", weil das Recycling des dafür verwendeten "Belland-Plastik" weniger umweltbelastend und zudem praktischer als Mehrweggeschirr sei. Tatsächlich erhielt Belland seinerzeit nur für ein örtlich und zeitlich begrenztes Pilotprojekt während des Kirchentags "in einem kleinen Umfang" die Ausnahmegenehmigung für Einweggeschirr, und zwar am 16. Juni 1998 beim "Abend der Begegnung", einem Straßenfest in der Stuttgarter Innenstadt. Alle übrigen Kirchentags-Veranstaltungen wurden mit dem bewährten Mehrweggeschirr durchgeführt. Nach Auskunft des damaligen Organisationsbüros des Kirchentages sei der Belland-Versuch "durch und durch eine Katastrophe" gewesen. Die Firma BellandVision habe nicht die benötigten Teile und nicht in ausreichender Anzahl liefern können, so dass auch Geschirr aus anderem Material ausgegeben werden musste. Am Ende weigerte sich BellandVision das gebrauchte Geschirr zum vorgeschriebenen Wiederverwerten zurückzunehmen, weil es in den entsprechend gekennzeichneten Säcken nicht sortenrein gesammelt worden sei. Die daraufhin vom Kirchentag eingesetzten "300 bis 500 Helfer" konnten keine Trennung des Belland-Materials von dem anderen Geschirr erreichen, weil das meiste Belland-Geschirr nicht gekennzeichnet war. So konnte der Nachweis der Wiederverwertung nicht erbracht werden. Seit der erstmaligen Präsentation dieses Kunststoffs vor 22 Jahren findet ein Recycling - von frühen Laborversuchen abgesehen - nicht statt. Dem Verbraucher suggeriert BellandVision hingegen, so ökologisch wie ein Mehrwegsystem zu sein. Damit führt BellandVision nach Überzeugung der DUH den Verbraucher in die Irre. Die DUH hat das Bundesumweltministerium über die teilweise erfolgreichen Verdrängungsversuche von Mehrweg-Bechersystemen durch das Belland-Einwegsystem informiert. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat sich daraufhin mit einem Schreiben an alle Bundesligaclubs gewandt und dafür geworben, bei den während der Fußball-WM der Welt präsentierten ökologischen "Green Goal"-Grundsätzen und insbesondere bei den bewährten Mehrweg-Bechern zu bleiben. "In langen Jahren der Kontrolle einer korrekten Umsetzung der Gesetze und Verordnungen rund um das Kreislaufwirtschaftsgesetz und insbesondere bei der Verpackungsverordnung ist der DUH bislang kein System beziehungsweise Kunststoffmaterial mit so massiven Mängeln und Verbrauchertäuschungen untergekommen wie im Fall des Belland-Materials", bewertet Resch den aufgedeckten Müllskandal. Zusammenfassend kommt die Deutsche Umwelthilfe zu der Bewertung, dass es sich bei Belland-Material um den größtmöglichen anzunehmenden ökologischen und ökonomischen Unsinn handelt: gutgläubige Verbraucher und Entscheider in der Wirtschaft werden durch Vorspiegelung falscher Tatsachen getäuscht. Darüber hinaus wird ein effektives Recycling durch falsche Materialkennzeichnungen unmöglich gemacht ", so Resch. Die DUH hatte vor der Abmahnung der Stadienbetreiber bereits in der vergangenen Woche BellandVision selbst ultimativ aufgefordert, die falsche Kennzeichnung von Polystyrol-Bechern als angebliches Belland-Material zu unterlassen. Darauf hatte das Unternehmen nicht reagiert. Für Rückfragen: Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell (www.duh.de) Tel.: Mobil.: 0171/ 3649170, Fax.: 0 77 32/ 9995-77, E-Mail: resch@duh.de Dr. Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e.V., Neue Promenade 3/Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030/ 25 89 86-15, mobil 0171/ 56 60 577, E-Mail: rosenkranz@duh.de
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