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Die Lebensmittelskandale der jüngsten Vergangenheit haben die Notwendigkeit eines Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) erneut bestätigt:Wirtschaftsunternehmen müssen stärker in die Pflicht genommen werden. Die zuständigen Behörden müssen die Bevölkerung von sich aus umfassender informieren. Die BürgerInnen müssen ihrerseits besser Informationen nachfragen können, auf deren Grundlage sie dann entscheiden, ob sie bestimmte Produkte essen, trinken oder anderweitig nutzen wollen. Auch der Koalitionsvertrag fordert: "Wir wollen ein Verbraucherinformationsgesetz, das den hohen Ansprüchen der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information über gesundheitgefährdende oder risikobehaftete Produkte gerecht wird." VerbraucherInnen und Wirtschaft sollen sich auf gleicher Augenhöhe gegenüberstehen. Keine Rechte - keine Information Von den Ankündigungen des Koalitionsvertrags ist der Entwurf eines "Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation" von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer weit entfernt. Der von den Regierungsfraktionen im Schnellverfahren eingebrachte Entwurf stellt weder mehr Transparenz her noch stärkt er die Rechte der Öffentlichkeit auf umfassende Informationen. Deshalb äußerte die überwiegende Mehrheit der zur Anhörung im Verbraucherausschuss Ende Mai geladenen Sachverständigen - darunter auch die Deutsche Umwelthilfe - deutliche Kritik. Nachbesserungen forderte auch die von Ministerpräsident Günther Oettinger eingesetzte Verbraucherkommission. Mehr als grenzwertig Welches sind nun die wesentlichen Punkte und Defizite des Gesetzentwurfs? Ein Informationsanspruch der Verbraucher- Innen gegenüber privaten Unternehmen ist nicht vorgesehen. VerbraucherInnen sollen auch weiterhin keine rechtlich durchsetzbare Möglichkeit bekommen, direkt bei privaten Unternehmen Daten über die Herstellung oder die Belastung von Lebensmitteln zu erhalten. Es soll allein Informationsansprüche der VerbraucherInnen gegenüber Behörden geben. Diese sollen von vornherein auf so genannte "Erzeugnisse" im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) beschränkt sein. Informationen über sonstige Produkte und Dienstleistungen, aber auch über vom LFGB nicht umfasste Chemikalien und Arzneimittel werden damit ausgeschlossen. Damit nicht genug: Informationen über "Erzeugnisse" werden weiter beschränkt, unter anderem auf Daten über Verstöße gegen das LFGB. Ein solcher Verstoß ist aber regelmäßig nur dann zu bestimmen, wenn es einen Grenzwert gibt und dieser überschritten wird. Für viele Stoffe gibt es aber noch keine Grenzwerte. Und selbst wenn es sie geben sollte: Kontaminationen von Lebensmitteln unterhalb der Grenzwertschwelle müssten nicht mitgeteilt werden. Gummiparagraph Firmengeheimnis Bedenklich sind darüber hinaus die weit reichenden Ausnahmen zugunsten der Wirtschaft. Zwar ist ein Ausschluss von Informationsansprüchen auf Grund von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen grundsätzlich berechtigt. Bei Überwiegendes öffentlichen Interesses müsste jedoch ein Informationsanspruch trotz möglicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bestehen. Nach dem Gesetzentwurf soll dies nicht der Fall sein. Die privaten Unternehmen sollen selbst bestimmen können, welche Daten unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fallen, sogar noch im Nachhinein. Begründen müssen sie dies nicht. Der Gesetzentwurf geht noch weiter, indem er "sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Betrieb mit einem Betriebsund Geschäftsgeheimnis vergleichbar sind" von der Bekanntgabe ausnimmt. Damit wird sich letztlich jeder Informationsanspruch ablehnen lassen. Behörden mauern Zu kritisieren sind schließlich die langen Bearbeitungsfristen und die fehlende Verpflichtung der Behörden zur Mithilfe und Information, wenn sie von Lebensmittelskandalen erfahren. Die mit dem VIG bezweckte umfassende Information von VerbraucherInnen bleibt weiterhin optional. Es ist zu hoffen, dass die Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf vor der Verabschiedung noch grundlegend ändern, damit das VIG seinem Titel auch gerecht und nicht zum Verbraucherinformations- Verhinderungsgesetz wird. Dr. Cornelia Ziehm ist Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz und Recht bei der Deutschen Umwelthilfe e.V. Kontakt: Dr. Cornelia Ziehm E-Mail ziehm@duh.de Erschienen in punkt.um 7/2006 www.oekom.de/nc/zeitschriften/punktum/aktuelles-heft.html
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