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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Energie & Technik    Datum: 08.05.2006
Atomindustrie wittert Morgenluft
"Neue" erneuerbare Energien mit falschen Ansätzen
Der Auswirkungen des Klimawandels werden immer offensichtlicher, das Erdöl knapper - und die internationale Atomindustrie wittert deshalb Morgenluft. Mit dem vermeintlich stimmigen Argument, dass sie keinerlei Treibhausgase produziere, drängt sie zu einem globalen Wiedereinstieg in die Erzeugung von "sauberem" und "sicherem" Atomstrom.

Brasilien, das bereits zwei mehr oder weniger funktionierende Reaktoren und ein drittes seit über zehn Jahren in Bau hat, plant mit Hilfe von Siemens gleich sieben neue Nuklearkraftwerke; China will in den nächsten Jahren gleich mehrere Dutzend Atomreaktoren bauen und in Deutschland denkt die neue Regierung über eine Verlängerung der "Restlaufzeiten" nach, während die Industrie gleichzeitig offen von einem Wiedereinstieg spricht - natürlich nur, um das Klima zu retten.

Doch die Atomreaktorindustrie ist weder eine saubere, noch sichere Sache, noch schützt sie unsere Welt vor dem, von den Auspuffgasen unserer Gesellschaft erzeugten Treibhauseffekt. Denn geflissentlich verschweigen und verdrängen die Atomkonzerne wie Siemens und die auf Atomkraft setzenden Regierungen, dass bereits für die Erzeugung des Kernbrennstoffs, Uran, nur mit einem hohen ökologischer und sozialer Preis gezahlt werden muss. "Seit Anfang der 1940er Jahre, als in Kanada und Afrika das erste Uran aus der Erde geholt wurde, sterben Menschen an den Folgen von Uranabbau und strahlendem Müll", sagt der Münchner Umweltaktivist, Autor und Journalist, Claus Biegert, der 1992 das legendäre World Uranium Hearing in Salzburg veranstaltet hatte, bei dem erstmals die Opfer des Uranabbaus weltweit zu Wort kamen. Biegert spricht von 40.000 Toten, die jährlich auf das Konto der Uranindustrie gehen. "Auf eine Tonne Uran", so Biegert, "kommen 100.000 Tonnen strahlender Abraum, der oft einfach sich türmt, Wind und Regen preisgegeben. Und die dort lebenden Menschen sind dem ausgeliefert, ob sie wollen oder nicht."

Großstaudämme als erneuerbare Energiequelle?

Auch die schon vor über zwanzig Jahren als ökologisch unverträglich identifizierte Staudamm- und Wasserkraftindustrie präsentiert sich mit ihren Großkraftwerken auf dem internationalen Parkett wieder als eine umweltfreundliche, "erneuerbare" und zur Rettung des Weltklimas notwendige Energiequelle. Vergessen sind die Millionen von Menschen, meist Ureinwohner und traditionelle Bevölkerungsgruppen, deren Wälder und Ackerland rücksichtslos unter Wasser gesetzt wurden und in riesigen Stauseen versanken. Vergessen auch, dass diese Stauseen oft mehr Treibhausgase in Form von Methangas und anderen Faulgasen produzieren, als sie durch die Stromerzeugung einsparen.

Die dritte, angeblich umweltfreundliche, "erneuerbare" Energiequelle, die neuerdings unsere Abhängigkeit vom Erdöl beseitigen und unsere Umweltprobleme lösen soll, kommt in Form von "Biosprit", "Bioalkohol" oder "Biodiesel" daher. Alkohol, genauer gesagt Ethanol hergestellt aus konventionell und mit Hilfe von Kunstdünger und Pestiziden angebauten Zuckerrüben, Zuckerrohr oder Mais trägt neuerdings die Vorsilbe "Bio" und gilt als Umweltfreundlich, nur weil Benzin aus Erdöl das Klima anheizt? Schon seit langem fahren Brasiliens Autos zu etwa 44 Prozent mit diesem "Biosprit". Nun will Brasilien, dessen Zuckerrohranbaufläche schon auf 5,7 Millionen Hektar - zu Lasten von Tropenwald und kleinbäuerlicher Nahrungsmittelproduktion - angewachsen ist, auch den Weltmarkt für Biotreibstoffe erobern. Rund 2,5 Milliarden Liter seiner Ethanolproduktion aus Zuckerrohr exportiert Brasilien bereits vor allem in die USA und nach Indien.

Ökologisch bedenklicher Biodiesel

Bislang drehte sich die Biotreibstoff-Diskussion in Deutschland vor allem um die eigenen Bauern und Absatzchancen. Aber geflissentlich unter den Tisch gekehrt wird die Tatsache, dass der Rohstoff dieser so genannten Biotreibstoffe längst auch aus den Tropen kommt. Biodiesel aus Palmöl beispielsweise, erzeugt mit unerträglichen sozialen und ökologischen Kosten wie der Vertreibung von lokalen Bevölkerungsgruppen, Regenwaldabholzung und Gewässervergiftung. Ein anderer Aspekt in der Diskussion um die so genannten Energiepflanzen und Biotreibstoffe steht gleichfalls meist nur zwischen den Zeilen und kaum in den Überschriften: Die Gentechnik-Fantasien der Life-Science-Forscher. Sie setzen auf gentechnisch veränderte Energiepflanzen (GVO): Bäume beispielsweise, in denen Gene eingepflanzt sind, die zur Steigerung der Alkoholausbeute die Bildung von Blüten verhindern, wie erst kürzlich im US-amerikanischen Science-Magazin vorgeschlagen. Was werden wohl Imker und Bienenvölker "sagen", wenn auf Tausenden von Hektaren Bioethanol-Wälder ohne Blüten wachsen, oder wenn sich gar dieses "Anti-Blüten-Gen" - von den Gentechnikern ungewollt - in der Natur weiterverbreiten sollte?

Schon seit dem ersten Bericht an den Club of Rome, "Die Grenzen des Wachstums", 1972, wissen wir, dass der verschwenderische Ressourcenverbrauch so nicht weitergehen darf - will die Menschheit in ihrem Ökosystem Erde überleben. Und einer der größten Verbraucher ist nun mal der Individualverkehr. Das Auto für jeden, so das Worldwatch Institute, "führt nicht in ein zukunftsfähiges Jahrhundert." Es ist zu kurz gegriffen und der falsche Ansatz, wenn wir lediglich fossile Treibstoffe durch andere austauschen, aber trotzdem immer mehr Autos in die Welt setzen und immer mehr Lastwagen quer durch Europa schicken. Ressourcen- und Flächenverbrauch werden dadurch nicht geringer, die Luft nicht wirklich besser. Und die verstopften Straßen werden auch nicht leerer, nur weil die Tankstellen Palm- und Rapsöl, Ethanol, oder Biodiesel statt Benzin und Diesel verkaufen.

Energie sparen, ÖPNV, Windenergie und Solarenergie - die echten Alternativen zu Erdöl und Atomstrom

Die wunderbare neue Welt der Energiepflanzen, die Propaganda umweltfreundlicher Atomkraftwerke oder ökologischer Großstaudämme: Alles Mogelpackungen also zur Aufrechterhaltung des Trugbilds, dass sich unsere globalisierte, Energie fressende, automobilisierte Gesellschaft, dass sich unser konsumorientierter Lebensstil nicht ändern muss - und damit die Konzerne wie Siemens, Monsanto, Procter & Gamble, Nestlé, Mercedes, BMW, Volkswagen und Co. weitermachen können, wie bisher.

Die richtigen Antworten auf den Klimawandel hingegen sind nicht neu, sondern altbekannt. Biogas "ja", aber nicht von extra dafür angebauten Pflanzen produziert, sondern aus unseren, sowieso täglich anfallenden Fäkalien und Pflanzenreststoffen. Wasserkraft "ja", aber nur in Form von Kleinstkraftwerken mit einem minimalen Einfluss auf die Flussökologie. Und natürlich die Nutzung von Wind und Sonne. Es gilt die Windkraft sowie die Solarenergie, den Einsatz der Sonne zur dezentralen Strom und Wärmeerzeugung weiter auszubauen - und Energie zu sparen durch Senkung des individuellen Stromverbrauchs beispielsweise und durch Nutzung des ÖPNV.

Norbert Suchanek


"Das Ziel des World Uranium Hearings war, einem ausgewählten Kreis von Menschen des öffentlichen Lebens die Chance zu geben, denen gegenüberzustehen, die die Leidtragenden unseres "Way of Live" sind. Man könnte auch ein Erdöl-Hearing, ein Kaffee-Hearing machen, man könnte viele Hearings machen, weil erst, wenn ich den Leuten in die Augen blicke, flicke ich wieder die Nabelschnur, die durchtrennt ist. Denn all dies, was wir tun funktioniert ja nur, weil ich nicht weiß, wer die Leidtragenden sind. Was sind die Konsequenzen meines Handelns. Sobald ich es wüsste, hätte ich Schwierigkeiten. Und als Journalist kommt eigentlich die Pflicht auf mich zu, diese Verbindung herzustellen."

Claus Biegert, Initiator des World Uranium Hearings und des Nuclear-Free Future Award, der alljährlich an Personen vergeben wird, die sich für eine Welt ohne Atomkraftwerke einsetzen.
Nuclear-Free Future Award, Schellingstraße 24 Rgb., D-80799 München,
Tel. 089 - 28659714, www.nuclear-free.com




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