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In der neuesten Ausgabe des Weltwasserentwicklungsberichts, den die UNO fristgerecht zum 4. Weltwasserforum publiziert hat, weist sie erneut auf die Dramatik der Situation hin: Noch immer hat über eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, verfügen über zweieinhalb Milliarden nicht über sanitäre Anlagen und sterben deshalb in jedem Jahr rund 1,6 Millionen Menschen. Die Hälfte aller Flüsse ist stark mit Schadstoffen belastet und die Vielfalt der Süßwasser-Ökosysteme verringert sich rapide. An Stoff für engagierte Debatten und mutige Beschlüsse hätte es dem Weltwasserforum in Mexiko-Stadt, an dem laut offiziellen Angaben 12.000 Fachleute und Politiker teilgenommen haben, also nicht gefehlt. Doch im Kontrast zur Realität verliefen die Debatten oft abgehoben. Wer sich neue Akzente in der globalen Wasserpolitik erhofft hatte, wurde enttäuscht. Die lange im Voraus ausgehandelte Ministererklärung begnügt sich mit alt bekannten Allgemeinplätzen und wiederholt lediglich die Millenniumsziele, wonach die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen bis 2015 halbiert werden soll. Wie sie dies erreichen wollen, haben die MinisterInnen offen gelassen. Ein Forum ohne Legitimität Dass griffige Beschlüsse ausgeblieben sind, liegt nicht nur am fehlenden politischen Willen, sondern auch am Charakter des Weltwasserforums. Selbiges ist eine Mischung aus Privatindustrie-Messe, globalem Diskussionsforum und internationaler Konferenz, die vom Ministertreffen halb offizielle Weihen erhält. Das Forum wird alle drei Jahre vom Weltwasserrat organisiert, der sich als Thinktank für globale Wasserfragen versteht. Zu seinen über 300 Mitgliedern zählen Entwicklungs- und UN-Agenturen, Ministerien, Wissenschaftsinstitute und Nichtregierungsorganisationen. Bestimmend aber sind multinationale Konzerne und die Weltbank, die für eine wirtschaftsfreundliche Ausrichtung sorgen. So ist der Präsident des Weltwasserats, Loic Fauchon, gleichzeitig auch Generaldirektor der Eaux de Marseille, eines Konzerns, der im internationalen Wassergeschäft mitmischt und den weltweit führenden Wassermultis Suez und Veolia gehört. Nicht nur NGOs, auch etliche Fachleute und einige Regierungsvertreter sprechen dem Weltwasserforum deshalb die Legitimation ab, die globale Wasserpolitik allein zu definieren. In ihren Augen sollte sich die UNO wieder prominenter und eigenständiger um die Wasserprobleme kümmern und sich aus der privatwirtschaftlichen Umgarnung lösen. Defensive Privatisierungsbefürworter Auffallend zurückhaltend haben sich beim 4. Weltwasserforum die Befürworter einer privatisierten Wasserversorgung verhalten. Noch vor drei Jahren, beim Forum von Kyoto, hatten der Weltwasserrat und die Weltbank diese als einzige Möglichkeit propagiert, um genügend Kapital und Know-how für die Umsetzung der Millenniumsziele zu generieren. Drei Jahre später herrscht Ernüchterung. In vielen Ländern des Südens haben sich die Wasserkonzerne als unfähig oder nicht willens erwiesen, die Wasserversorgung zu verbessern. Vielerorts kam es zu Protesten. In Argentinien, Bolivien und Tansania wurden Verträge mit Privatfirmen wieder rückgängig gemacht oder Firmen wie etwa RWE zogen sich mangels Rendite zurück. Die Arbeitsgruppe "Finanzierung von Wasser für alle" des Weltwasserrats klagt in einem in Mexiko-Stadt veröffentlichten Report, die privaten Investitionen hätten "dramatisch abgenommen" und würden sich hauptsächlich auf die Länder Chile, Mexiko und China konzentrieren. Die Privatisierung der Wasserversorgung sei, so die neue Sprachregelung beim Forum von Mexiko, "nur eine Option unter mehreren". Tatsächlich gewährt die Weltbank seit kurzem nationalen und lokalen Behörden bei der Gestaltung der Wasserversorgung etwas mehr Spielraum und knüpft neue Kredite nicht mehr in allen Fällen an Privatisierungen. Doch es wäre verfrüht dies bereits als Paradigmenwechsel zu betrachten: Eine Politik, die als Alternative zur Privatisierung konsequent die öffentlichen Wassersysteme zu stärken und verbessern versucht, ist nicht in Sicht. Wasser immer noch kein Menschenrecht Ein zweites wichtiges Thema, das auf Druck der NGOs das 4. Weltwasserforum dominiert hat, war das Recht auf Wasser. Seit Jahren fordern viele NGOs, dies offiziell anzuerkennen und völkerrechtlich verbindlich auszugestalten. Während das 3. Weltwasserforum 2003 dies abgelehnt hatte, nahm Loic Fauchon das Anliegen in seiner Eröffnungsrede auf. Wenige Tage später legte der Rat eine fünfzig Seitendicke Hochglanzbroschüre mit dem Titel "Das Recht auf Wasser - Vom Konzept zur Implementierung" nach. Mit Fug und Recht sehen dies viele NGOs als ersten Erfolg der "Wasserbewegungen", die in vielen Ländern entstanden sind. Gleichzeitig verweisen sie aber auf die immensen Differenzen. So behandelt das Konzept des Weltwasserrats Wasser als ein "wirtschaftliches Gut", das seinen Preis habe und auch von privaten Konzernen bereitgestellt und gehandelt werden solle. NGOs betonen demgegenüber den Charakter von Wasser als öffentliches Gut, das nicht zum Spielball privater Interessen werden dürfe. Alle Menschen hätten, unabhängig von ihrer Kaufkraft, Anrecht auf genügend Wasser, und die Ressource Wasser müsse ebenso wie die Verteilsysteme von der Öffentlichkeit demokratisch kontrolliert werden. Das Recht auf Wasser wurde in die Ministererklärung nicht aufgenommen, obwohl sich insbesondere Bolivien und andere lateinamerikanische Länder dafür eingesetzt hatten. Erstmals hat in Mexiko deshalb eine Handvoll Länder eine Zusatzerklärung zur Ministerresolution unterzeichnet, die dieses Recht bekräftigt. Gegenforum der NGOs Parallel zum offiziellen Forum haben NGOs in Mexiko-Stadt ein mehrtägiges Internationales Forum zur Verteidigung des Wassers organisiert. In der Schlusserklärung forderten sie, die globale Wasserpolitik grundsätzlich neu auszurichten. Statt weiterhin an Partnerschaften mit der Privatwirtschaft festzuhalten, sollten die Regierungen und Entwicklungsagenturen die öffentliche Wasserversorgung konsequent stärken und ausbauen, zum Beispiel über öffentlich-öffentliche Partnerschaften. Das Recht auf Wasser müsse als Menschenrecht bekräftigt und verbindlich ausgestaltet werden. In einer gemeinsamen Erklärung riefen NGOs aus verschiedenen Kontinenten, darunter Brot für die Welt, FIAN und die Heinrich-Böll-Stiftung aus Deutschland sowie die Alliance Sud aus der Schweiz ihre Regierungen auf, sich im neuen UNO-Menschenrechtsrat für das Recht auf Wasser stark zu machen und einen Sonderberichterstatter einzusetzen, der Verstöße untersucht. Der Antrag soll bereits im Sommer gestellt werden. Diese NGOs, die sich im Netzwerk "Friends of the Right to Water" zusammengeschlossen haben, fordern eine internationale Wasserkonvention im Rahmen der UNO: Sie soll Wasser als öffentliches Gut verbindlich schützen und allen Menschen den Zugang zu genügend Wasser sichern. Weitere Informationen: www.worldwatercouncil.org, www.alliance-sud.ch Erschienen in punkt.um 5/2006 www.oekom.de/nc/zeitschriften/punktum/aktuelles-heft.html
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