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Presse-Stelle:  Höpting Andreas, D-86441 Zusmarshausen
Rubrik:Politik & Gesellschaft    Datum: 18.05.2005
1. - 3. Juli: Rudolstadt zwischen Amazonas und Zuckerhut
Deutschlands großes Weltmusikfestival feiert mit Brasilien und der E-Gitarre
Feiernswerte Jubiläen stehen an. Das TFF, eines der bedeutendsten Weltmusikfestivals Europas, erlebt seine 15. Auflage und Rudolstadt blickt damit zugleich auf 50 Jahre Tanzfeste. 1955 lud die alte Fürstenresidenz zum damals vom Einheitspathos getragenen "1. Fest des deutschen Volkstanzes".
Während ob solcher Zahlen mancher in Erinnerungen schwelgen mag, blicken wir lieber nach vorn. Wohl findet der Stammgast - und der ist in Rudolstadt häufig, weil wiederkommt, wer einmal da war - aus früheren Jahren bekannte Gesichter, doch fast alle in neuen Projekten. Ausnahme ist der Löffel-spieler, nein -akrobat, Artis The Spoonman, der 1996 vom Geheimtip zum Star des 6. Tanz&FolkFests avanciert war und 2005 erneut diverse Essbestecke ihrer tieferen Bestimmung zuführen wird.

Brasilien, landschaftlich so überwältigend schön wie gesellschaftlich zerrissen und kulturell vielgestaltig, setzt den Länderschwerpunkt. Drei wesentliche Quellen prägen seine traditionellen Musiken: die indianischen Ureinwohner, die einst als Eroberer gekommenen Portugiesen und die als Sklaven ins Land gebrachten Afrikaner. Unmöglich alle Facetten zu berücksichtigen und so sind Spielarten der während früherer Festivals präsentierten Música Popular Brasileira eher am Rande zu hören.

Berlins brasilianische Community schickt ihre 15köpfige Banda Furiosa, ein Feuerwerk aus Trommeln und Tanz. Aus der Grenzregion zu Argentinien kommt mit Renato Borghetti ein Virtuose auf dem "Gaita ponto" dem Knopfakkordeon. Mit Instrumentalalben (!) holte er Gold und Platin und ist heute einer der populärsten Musiker Brasiliens. Silvério Pessoa aus Pernambuco präsentiert eine individuelle und sehr moderne Form des im Nordosten populären Forró, indem er dessen Trommelrhythmus mit regionalen Arbeiterballaden aber auch mit HipHop-Sounds kreuzt. Marlui Miranda kommt aus der Metropole Sao Paulo, doch ihre Leidenschaft gehört der Kultur der Indianer, der sie sich seit 25 Jahren widmet. In ihrer Musik mischt sie diese Kultur mit westlichen Einflüssen und verwandelt sie sich auf diese Weise an. Zu ihren Begleitern gehört der namhafte Perkussionist Caito Marcondes, den wir in Rudolstadt auch solo erleben können.
Eine andere Brücke gen Westen schlägt Marcelo D2. Den perfekten Beat, der schon über eine Million Käufer seiner aktuellen CD elektrisiert hat, findet er in der Synthese aus Samba und HipHop. Gespannt sind wir, ob ihm Berimbrown mit ihrer wilden Mischung aus traditioneller Perkussion und hartem Funk im Wettstreit um die größte tanzende Crowd noch den Rang ablaufen.

Magic eGuitar, das TFF-Instrumentenspecial, führt 10 Solisten von vier Kontinenten in einem temporären Projekt zusammen. In einer Woche Proben entsteht, was dann am 1.Juli auf dem Marktplatz der erwartungsfrohen Menge präsentiert wird. Beteiligt sind u.a. Oyster-Band-Gitarrist Alan Prosser, Deutschlands bester E-Bassist Hellmuth Hattler, der japanische Wanderer zwischen den Kulturen Takashi Hirayasu und der Blueser Lance Harrison (beim TFF auch im Duo mit Donna Howley) Dazu greift Bo Lindberg von den schwedischen Hoven Droven etwas härter in die Saiten, während der usbekische Tartare Enver Izmailov seine Gitarre bald zum Cembalo, bald zur türkischen Saz macht oder der Armenier leidenschaftliches Virtuosentum auf der Oud zelebriert.

Die Sieger des mit insgesamt 8000 € dotierten deutschen Weltmusikpreises kennen wir zwar seit einigen Monaten, doch die Konzerte der Preisträger zählen seit Jahren zu den Rudolstädter Höhepunkten. Am 2. Juli steht ab 20 Uhr Malbrook, ein ambitioniertes Projekt norddeutscher und schwedischer Musiker, auf der Heidecksburg-Bühne, um die drei Gewinner der Newcomer-RUTH zu repräsentieren Tango Crash und Nomad Sound System spielen an anderer Stelle auf dem TFF). Es folgt mit dem Sieger in der Kategorie Globale RUTH eine der großen Jazz- und Weltmusik-Persönlichkeiten der Gegenwart - Rabih Abou Khalil und schließlich mit den Biermösl Blosn die sprach- und klanggewaltigsten Protagonisten des bajuwarischen Anarchismus.
www.folkpreis.de

Aus ca. 30 Ländern kommen die Musiker und Tänzer des 15. TFF. Was uns erwartet, ist die ebenso verführerische wie bewährte Melange aus großen Namen und Geheimtips der Szene. Kostproben? Da wären zunächst zwei bedeutende Frauen: die auf verworrenen Wegen vom Glamourgirl zur veritablen Chanteuse gereifte Marianne Faithfull und die große argentinische Vokalistin Mariana Baraj. Des weiteren eine Reihe von Kultbands der unterschiedlichsten Provenienz: Die Anarchistische Abendunterhaltung aus Antwerpen, die Klassik mit Jazz, Folk und Punk vermählt und die global.kryner, die als Österreichs Vertreter für den European Song Contest mit Pophits im Krainer-Sound bei Jazzern wie Volksmusikern gleichermaßen punkten. Oder Giant Sand, die Erfinder des Desert Rock und Eläkeläiset, die "TFF-Finnen des Jahres" (O-Ton: "Wir spielen Humppa, Musik für alte Leute ...").
Zwei viel versprechende Acts kommen aus Europas Südwesten. Miquel Gil aus Valencia bedient sich für sein Flamenco-Rock-Gebräu beinahe sämtlicher mediterraner Rhythmen, während Sergent Garcia, Franzose mit spanischen Wurzeln, seine Latin-Grooves mit der rebellischen Attitüde des Punk würzt. Mit viel Vorschusslorbeer kommt die Vielvölker-Kapelle Kardes Türküler, die politisch unerschrocken und musikalisch anspruchsvoll in der Türkei als Vorreiter einer neuen Folk-Bewegung gilt.
In Rudolstadt aber ist auch Raum für die Intensität leiserer Töne, etwa für Namibias erfolgreichsten Musiker Jackson Kaujeua, dessen Lieder eine Einheit in der Vielfalt südafrikanischer Stile und Sprachen finden, oder für Singer/Songwriter Jim Page, dem der Ruf des bedeutendsten politischen Musikers unserer Tage vorauseilt. Auch die mediterrane Polyphonie des Marseiller Quintetts Lo Còr de la Plana, die Drehleier-Variationen von Pascal Lefeuvre & Germán Díaz oder die meisterhaft intonierte mittelalterliche Bläsermusik der Freiburger Les haulz et les bas dürften in erster Linie die feinen Nerven der Musik-Gourmets treffen.
Noch haben wir kein Wort verloren über Darko Rundeks fantastisches CARGO Orkestar, über die Gitarren-Zauberer Tri-Continental oder den taiwanesischen (!) Country-Act Sheng Xiang & Water 3. Doch Vollständigkeit ist an dieser Stelle nicht zu haben und sie erübrigt sich angesichts eines Festivals, dass sich die ca. 60.000 erwarteten Besucher ohnehin auf ihre jeweils eigene Weise zusammenstellen.

Schon am 30. Juni steigt das inzwischen obligatorische Sonderkonzert im Hof der Heidecksburg. Mit den Dubliner Chieftains um den Piper und Flötisten Paddy Moloney gastiert eine absolute Institution des Irish Folk seit vielen Jahren erstmals wieder in Deutschland. Den Support liefert kein Geringerer als Woodstock-Legende Country Joe McDonald!

Die Polka ist der TFF-Tanz des Jahres, dem sich eine Reihe von Tanzgruppen und Bands verschreibt. Unter ihnen dürften vor allem The Origianl Danish Polcalypso Orchestra und ihr 76-jähriger Gaststar Jamesie Brewster für Spaß und müde Beine sorgen.

Zum Rahmenprogramm des 15.TFF gehören ein Workshop-Programm, in dessen Mittelpunkt ein hochkarätig besetztes Symposium zum 100. Geburtstag des Volksliedsammlers Wolfgang Steinitz steht, das große Kinderfest ("RAD ab Festival") im Heinepark, ein ausgedehntes Instrumentenbauzentrum, Ausstellungen und das fast orientalische Basartreiben mit über 200 Händlern.

Tickets im Vvk. vom 09. - 25.06.: 45 € (erm. 22 €), AK: 60 € (erm. 30 €)
Infos und Onlinebestellungen (bis 21.06.05): www.tff-rudolstadt.de





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