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Presse-Stelle:  Dr. Franz Alt Journalist, D-76530 Baden-Baden
Rubrik:Mobilität & Reisen    Datum: 01.06.2004
Die programmierte Katastrophe
In jeder Sonntagsrede fordern Politiker der großen Parteien gebetsmühlenartig seit Jahrzehnten "die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene". Doch geändert hat sich faktisch nichts. Außer, dass der Güterverkehr auf der Schiene einen historischen Tiefstand erreicht. Das überrascht nur diejenigen, die nicht wissen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit des Schienengüterverkehrs in Deutschland zur Zeit bei 13 km/h liegt.

Der lahmste Lkw ist entschieden schneller. Selbst in den USA werden viermal mehr Güter auf der Schiene befördert als in Deutschland. Ist die erweiterte EU und ihr Zentrum Deutschland darauf vorbereitet, dass sowohl Güter- wie Personenverkehr in Deutschland sich in den nächsten 20 Jahren etwa verdoppeln werden? Durch die EU-Erweiterung wird Deutschland noch mehr als bisher zum Transitland.

Von Nord nach Süd war Deutschland schon bisher Europas Transitland Nummer eins. Jetzt aber bei 25 EU-Staaten wird Deutschland durch seine Lage im Zentrum der EU noch zusätzlich von Ost nach West und von West nach Ost zum Durchgangsland Nummer eins.

Doch in den Vorbereitungen zur EU-Erweiterung wurde diese Tatsache einfach ausgeklammert. Der verkehrspolitische Kollaps in Deutschland ist vorprogrammiert. Schon heute braucht ein Reisender mit der Bahn von Berlin in die lettische Hauptstadt Talin (1700 Kilometer) über 60 Stunden. Vor 70 Jahren benötigte die Dampflok für dieselbe Strecke 27 Stunden.

Diese Entwicklung zeigt eine doppelte Ignoranz: die Politik bedenkt gar nicht, dass die Menschen im größeren Europa auch reisen wollen - vor allem die Mittel- und Osteuropäer. Wenn aber der zunehmende Personen- und Güterverkehr ausschließlich per Autos auf Straßen funktionieren soll, folgt dem verkehrspolitischen Chaos die ökologische Katastrophe. Die Europäer können ihre Klimaschutzziele allesamt vergessen. Allein zwischen Deutschland und Polen wird sich der Güterverkehr bis 2020 etwa verdreifachen, sagen die Fachleute.

Es wird hohe Zeit, dass die von Berlin ausgehenden Bahnen nach Danzig, Warschau und in die baltischen Staaten sowie die von Dresden nach Prag, Budapest, Bratislava und Ljulbiana führenden ausgebaut und renoviert werden. Auch die Strecken München - Wien - Budapest sowie Nürnberg-Prag werden von großer Bedeutung.

Die Schienennetze von Paris nach Warschau, von London nach Athen und von Helsinki nach Madrid und Lissabon müssen rasch miteinander verknüpft werden. Der Führerschein gilt heute selbstverständlich EU-weit, aber an Landesgrenzen müssen meist noch die Lokführer ausgewechselt werden. Verkehrspolitisch, ökonomisch und ökologisch ein Anachronismus. So verschläft Europa seine Zukunft.

© Franz Alt - 2004


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