Allein im Tierbereich sind weltweit in den letzten hundert Jahren 1.000 der anerkannten 6.400 Nutztierrassen ausgestorben, 300 davon in den vergangenen 30 Jahren. Weitere 2000 Rassen sind in Gefahr. Tatsächlich genutzt werden die wenigsten der existierenden Rassen. "Folge dieser Entwicklung ist eine zunehmende genetische Verarmung", warnt Ulrich Petschow, Wissenschaftler am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und Projektleiter des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsverbundes "Agrobiodiversität entwickeln!". "Der Erhalt der Vielfalt der genutzen Sorten und Rassen in der Landwirtschaft, der Agrobiodiversität, ist wichtig als Schutz gegen Missernten, Schädlings- oder Krankheitsanfälligkeit sowie als Potenzial für die langfristige globale Ernährungssicherung". Als Hauptursache für den Verlust von Agrobiodiversität gilt die weltweite Durchsetzung moderner Landwirtschaft mit Hochleistungssorten und -rassen, in Verbindung mit der standardisierenden Wirkung von Lebensmittelverarbeitung und Handel. Zur diesjährigen Grünen Woche fordern Expertinnen und Experten aus fünf wissenschaftlichen und praxisnahen Institutionen eine Agrarpolitik, die den Schutz der Agrobiodiversität stärker berücksichtigt. "Neben den ökonomischen Bedingungen haben die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu der Verringerung der Vielfalt von Tierrassen und Pflanzensorten beigetragen", betont Franziska Wolff, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungsbereiches Umweltrecht im Öko-Institut e.V. "Die Fachprogramme zu pflanzen- und tiergenetischen Ressourcen zählen vielfältige Fördermaßnahmen auf - sie benötigen allerdings auch eigene Finanzmittel, um eine Wirkung zu erzielen", sagt Wolff. Dr. Anita Idel, Projektkoordination Tiergesundheit & Agrobiodiversität: "Die gegenwärtige Ausrichtung der Züchtungspraxis muss sich ändern: Die einseitige Orientierung auf Hochleistung führt zwar kurzfristig zu höheren Erträgen, beinhaltet aber mittel- bis langfristig erhebliche Risiken. Erfolge bei der heutigen Nutzung alter Kartoffelsorten, den Angler Sattelschweinen oder lange vernachlässigter Geflügelrassen wie der Diepholzer Gans zeigen, dass eine Nachfrage nach alten Sorten und Rassen wieder initiiert werden kann." Im Februar werden auf einer zweitägigen Projekttagung "Agrobiodiversität entwickeln: Handlungsstrategien und Impulse für eine nachhaltige Tier- und Pflanzenzucht" zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Zucht, Lebensmittelwirtschaft, Politik, Verbänden und Wissenschaft die Hintergründe dieser Entwicklung beleuchtet und Strategien für den Erhalt von Agrobiodiversität diskutiert. Weitere Informationen zur Tagung und zum Projekt Agrobiodiversität finden Sie unter www.agrobiodiversitaet.net Veranstaltungstermin und -ort: 4.-5. Februar 2004, von 10.00-19.00 Uhr, bzw. 9.00-16.00 Uhr Umweltforum Berlin, Pufendorfstraße 11, 10249 Berlin Veranstalter: · Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) gGmbH · Öko-Institut e.V. - Institut für angewandte Ökologie · Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) / Schweisfurth-Stiftung · Freie Universität Berlin - Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft · Landesanstalt für Großschutzgebiete Brandenburg Förderung: Der Projektverbund wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt "Sozial-ökologische Forschung". Kontakt: Franziska Wolff Öko-Institut e.V. - Institut für angewandte Ökologie Novalisstraße 10, 10115 Berlin Tel. 030-28 04 86 71; Fax 030-28 04 86 88 E-Mail: f.wolff@oeko.de; www.oeko.de Ulrich Petschow Institut für ökologische Wirtschaftsforschung gGmbH (IÖW) Potsdamer Str. 105, 10785 Berlin Tel. 030-884594-23, Fax 030-882543 E-Mail: ulrich.petschow@ioew.de; www.ioew.de Dr. Anita Idel Projektkoordination Tiergesundheit & Agrobiodiversität Monumentenstr. 3; 10829 Berlin Tel. 030-70509501 E-Mail: Anita.Idel@t-online.de Das Öko-Institut e.V. ist das führende Umweltforschungsinstitut im Bereich der angewandten Ökologie. Es erstellt wissenschaftliche Gutachten und berät PolitikerInnen, Umweltverbände, Institutionen und Unternehmen. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.
Artikel drucken Fenster schließen |