Wir leben schon in einer verrückten Zeit. Auf der einen Seite heißt es, dass wir immer älter werden. Andererseits werden wir von Werbung und Medien derart mit Bildern von jugendlichen, straffen, falten- und fleckfreien Gesichtern und Körpern bombardiert, dass man sich für seine vom Leben und natürlichen Altern gestalteten Falten, Fältchen, Runzeln, Ecken und Kanten fast schämen muss. Alt darf Frau oder Mann zwar werden, aber bitte schön nicht alt aussehen. Dabei sehen heute bereits die 40jährigen beim Arbeitsamt uralt aus, weil sie schlichtweg für den Arbeitsmarkt schon zu alt sind und nur noch schwer oder überhaupt nicht mehr an einen Arbeitgeber vermittelbar sind. Kein Wunder also, dass nach "Wellness" ein neues "denglisches" Zauberwort in aller Munde ist: das so genannte Anti-Ageing, was frei übersetzt in etwa "Gegen-das-Älter-werden" bedeutet und besonders der Kosmetikindustrie neue Umsätze bescheren soll. Auch die Naturkosmetikbranche schwimmt mit ihren Produkten in der Anti-Ageing-Welle mit. Jährlich geben die Deutschen über 10 Milliarden Euro für Körperpflegeprodukte aus. Mit über 450 Millionen Euro Umsatz hat sich dabei die Naturkosmetikbranche inzwischen nahe an die "Fünf-Prozent-Hürde" gepirscht, so die Zahlen des Bundesverband Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen (BDHI). Bereits rund 1500 Produkte tragen das Label "Kontrollierte Naturkosmetik" des BDHI. Und es werden jährlich mehr. Die auch an der Biobranche nicht vorbeikommende Anti-Ageing-Welle trägt fleißig dazu bei. "Im Trend bleiben Anti-Ageing-Konzepte für Gesichts- und Körperpflege: Moderne Wirkstoffe mit wissenschaftlich abgesicherten Straffungseffekt sind gefragt", meldete die PR-Abteilung der Biofach 2003 Anfang des Jahres. Es gibt ganze Anti-Ageing-Pflegeserien für die vom Älter werden bedrohte Frau ab 30. Spezielle Gel-Masken sollen der Haut ab 30 fehlende Energien zurückgeben. Dabei kommen in der Naturkosmetik natürliche Essenzen beispielsweise aus Papaya, Pfirsich und Passionsfrucht zum Einsatz. Diese, so der Hersteller, "sorgen für ein 100 Prozent sofortiges Wohlgefühl mit Anti-Stress-Effekt." Außerdem werde 20 Prozent mehr Spannkraft durch pflanzliche, effektive Feuchtigkeitsfaktoren und wertvolles Bio-Aloe Vera Gel erreicht. Die Werbung verspricht bereits nach ein- bis zweiwöchiger Anwendung "eine strahlende, energiereiche Haut." Ob dies Zutrifft, können nur die Kundinnen und Kunden selbst herausfinden. Doch so "strahlend und energiereich" die menschliche Haut auch durch Anti-Ageing-Mittel wird: Die strahlende, energiereiche Kraft der Sonne kann alle Anti-Ageing-Effekte zu Nichte machen. Seit langem wissen die Ärzte: Die Haut vergisst nichts, schon gar keinen Sonnenbrand. Vorzeitige Hautalterung ist nur eine der Folgen durch die schädlichen UVB-Strahlen der Sonne. Akut kann ein zuviel an Sonne auch das körpereigene Abwehrsystem, die Immunabwehr, erniedrigen. Langfristig kann Hautkrebs die Folge sein. Wer nicht frühzeitig im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen will, sollte deshalb auf Sonnenschutz achten. Dazu gibt es nicht nur allerlei Produkte der konventionellen Hautpflegeindustrie, bei denen mit unangenehmen Nebenwirkungen zu Rechnen ist. Auch die Naturkosmetikbranche bietet umwelt- und hautfreundlichere Sonnenschutz-Alternativen an, die ohne Zusatz von synthetischen Konservierungs-, Farb- und Duftstoffen auskommen. "Bio-Sonnencremes" gibt es selbst mit hohem Lichtschutzfaktor gegen UVA-B- und C-Strahlen. So manche Sonnenmilch der Naturkosmetikhersteller enthält gleichzeitig pflegende Wirkstoffe wie Aloe Vera-Saft und Jojoba-Öl. Diese Produkte sollen dann die Haut "schon während des Sonnenbadens mit vielen natürlichen Anti-Aging-Wirkstoffen versorgen", wie die Händler schreiben. Doch auch wer zu guten Bio-Sonnenschutzmitteln greift, sollte es mit dem Sonnenbaden nicht übertreiben. Aufgrund des tatsächlich weiter zunehmenden "Ozonlochs" - das heißt, die schützende Ozonschicht nimmt nicht nur verstärkt an den Polen sondern ebenso rund um den Globus ab - werden Sonnenstrahlen nämlich weltweit gefährlicher. Schon jetzt erkranken pro Jahr in Deutschland etwa 75.000 Menschen neu an Hautkrebs. Rund 3.000 Menschen jährlich sterben daran. "In den letzten Jahren hat die Zahl dieser Erkrankungen drastisch zugenommen", berichtet die Deutsche Krebshilfe. "Diese Entwicklung sollte uns um so mehr alarmieren, als sich das Hauptrisiko, an eben dieser Krebsart zu erkranken, oft genug vermeiden ließe - Übermäßige Sonnenbestrahlung gehört zu den Risikofaktoren für die Entstehung von Hautkrebs." Eigentlich sollte man besser im Schatten bleiben. Aber die früher so noble Blässe gilt leider immer noch nicht als schick, womit wir auf ein weiteres Paradoxon unserer Gesellschaft treffen. Von der Sonne auf beiden Seiten angebräunt ist weiterhin das Schönheitsideal. Nur wer braungebrannt ist gilt als "dynamisch", "gesund", "durchsetzungsfähig", "erfolgreich", "anziehend". Doch die Sonnenstrahlen wiederum lassen im harmlosen Fall unsere Haut schneller altern, was uns auch wieder im alltäglichen Konkurrenzkampf um Jobs und Aufträge alt aussehen lässt. Wie schafft man oder frau es also nun braun zu werden, ohne sich den gefährlichen UV-Strahlen der Sonne oder des Solariums auszusetzen? Die Alternative heißt Selbstbräuner. So wird auch klar, warum auf der vergangenen Bio-Fach der erste Öko-Selbstbräuner zum Naturkosmetik-Produkt des Jahres 2003 auserkoren wurde. < Weitere Infos: www.kontrollierte-naturkosmetik.de www.naturalbeauty.de www2.krebshilfe.de/ratgeber Deutsche Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn Aus den Richtlinien des BDIH "Produkte mit dem Prüfzeichen "kontrollierte Naturkosmetik" verwenden natürliche Rohstoffe wie pflanzliche öle, Fette und Wachse, Kräuterextrakte und Blütenwässer, oder ätherische Öle und Aromen aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) oder Wildsammlung. Neben der sorgfältigen Auswahl der eingesetzten pflanzlichem Rohstoffe spielen die ökologische Verträglichkeit jedes Produktes, also umwelt- und ressourcenschonende Herstellungsverfahren, die optimale Abbaubarkeit von Rohstoffen sowie der sparsame Einsatz wieder verwertbarer Verpackungsmaterialien eine wichtige Rolle." So entsteht Hautkrebs: "Durch die Aufnahme von UVB-Strahlen wird das Erbgut in den Zellkernen der Haut erheblich beschädigt. Entweder sterben die betroffenen Zellen ab oder sie werden durch den zelleigenen Reparaturdienst instand gesetzt. Kommt die Haut allerdings mit der Heilung nicht mehr nach, können sich die angegriffenen Zellen zu Krebs verändern." Info der Deutschen Krebshilfe e.v. Weiterverwendung nur mit Genehmigung des Autors
Artikel drucken Fenster schließen |