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Land und Gartenbau   
Öko-Samen für den Bio-Garten schaffen Arbeitsplätze und gesunde Nahrungsmittel
Natürlich Gärtnern ohne Gen-Technik und ohne Chemie
Von Norbert Suchanek

Das Frühjahr steht vor der Tür. Ein neues Gartenjahr beginnt. Doch was soll man nur anpflanzen? Was soll man säen? Etliche Supermärkte und Gartencenter werben mit allerlei Saatgut und Setzlingen. Nicht nur Deutschlands Bauern auch die Hobbygärtner sind schon lange ein gutes Geschäft für die zunehmende globalisiertere Saatgut- und Agrargift-Industrie. Doch Vorsicht! Wer einen wirklich ökologischen Garten haben und gesundes Gemüse, Kräuter oder Obst ernten will, sollte besser um konventionelles Saatgut, um konventionelle Setzlinge und Pflanzen einen großen Bogen machen. Dies schont auch Böden und Trinkwasser und schützt unsere Kulturpflanzenvielfalt.

Zum einen dürfen in der konventionellen Pflanzenzucht laut Gesetzgeber noch höhere Mengen an Pestiziden und Kunstdünger eingesetzt werden, als in der konventionellen Nahrungsmittelproduktion. Saatgut gilt nämlich nicht als Lebensmittel. Das gleiche trifft auf Blumen und Zierpflanzen zu. Konventionelle Gärtnereien können hier besonders hohe Chemiebeigaben einsetzen, obwohl viele Blumenarten im Grunde genommen auch köstliche, gesunde Lebensmittel sein könnten. Daneben ist konventionelles Saatgut in der Regel mit Pestiziden gebeizt und häufig in Billiglohnländern hergestellt.

Gesunde und umweltfreundliche Alternativen bieten die biologischen Pflanzenzüchter, von denen es wieder Jahr für Jahr mehr gibt. Sie setzen keinerlei chemische Pflanzenschutzmittel und auch keine chemische Beize ein. Außerdem vermehren die Öko-Betriebe die Pflanzen hier bei uns und nicht in fernen Ländern, was nicht nur unserem Arbeitsmarkt zu gute kommt. "Geht man davon aus, daß äußere Umstände wie Boden und Klima einen Einfluß auf das Saatgut haben, es prägen, ist eine Vermehrung in europäischen Ländern zu bevorzugen", erläutert Karin Heinze von Kultursaat, dem Verein zur Förderung der biologisch-dynamischen Gemüsesaatzucht mit Sitz in Bad Nauheim. Das Motto von Kultursaat lautet: "Wir züchten nicht für uns selbst, sondern für zukünftige Generationen."

Damit kann sich die Saatgut-Industrie, die schon seit einigen Jahren zunehmend von Chemie- und Agrarkonzernen bestimmt wird, freilich nicht identifizieren. Gewinnmaximierung lautet ihr simples wie für das Überleben der Menschheit gefährliches Credo. Deshalb vor allem setzen Konzerne wie Monsanto, Bayer und Syngenta weiterhin auf Gen-Manipulation -obwohl die Mehrheit der Weltbevölkerung Gen-Food ablehnt - und verkaufen ihren Kunden ansonsten in erster Linie Hybrid-Saatgut.

Die Saatgut-Industrie profitiert nämlich "doppelt" an ihren Hybridzüchtungen, weil sie faktisch einen eingebauten Patentschutz haben. Hybridpflanzen bringen den Bauern und Gärtnern nämlich nur einmal ausreichend Ertrag. Die nächste Generation dieser Hybridsorten ist aus genetischen Gründen praktisch unbrauchbar. "Hybridzüchtung und neuerdings die genetisch fixierte Unfruchtbarkeit in der folgenden Generation verhindern den Nachbau von einigen Pflanzen, wie er noch vor wenigen Jahrzehnten üblich war", kritisieren die Experten von Kultursaat. Hybridsorten müssen deshalb jedes Jahr neu von den Saatgutkonzernen gekauft werden. Die Bauern werden Abhängig von den Konzernen, die sich immer stärker den Saatgut-Markt und die gesamte Nahrungsmittelindustrie bestimmen. "Die großen Chemiekonzerne haben inzwischen fast alle Saatgutfirmen aufgekauft", warnte 1999 der Biologe und Genforscher, Michel Haring, von der Universität Amsterdam. "Es gibt nur noch ganz wenige unabhängige Saatgutfirmen in der Welt. Der Antrieb für Firmen ist dabei vor allem, daß man die Ergebnisse patentieren und damit andere von dem Nutzen der Forschungsergebnisse ausschließen kann." Das Hybridsaatgut birgt nach Meinung ökologischer Pflanzenzüchter durch seine unnatürliche, labortechnische Herstellung noch weitere, bisher unbekannte Gefahren. "Die biotechnologischen Methoden, die angewendet werden müssen, um die natürlichen Grenzen der Blütenbiologie zu überlisten, sind teilweise haarsträubende und mit dem biologischen Anbau unvereinbar. Pointiert ausgedrückt ist die Erstellung von (fast allen) F1-Hybriden der noch unentdeckte BSE-Skandal im Pflanzenbereich", sagt beispielsweise die Pflanzenzüchterin Marina Geith von Kultursaat. Sie lehnt, genauso wie alle anderen ökologischen Pflanzenzüchter deshalb die Hybridzüchtung aus Prinzip ab, zumal diese Biotech-Pflanzen in der Regel geschmacklich und gesundheitlich den natürlichen Züchtungen unterlegen sind. "Im Zuge der Hybridzüchtung wird der Schwerpunkt fast ausschließlich auf Ertrag, Uniformität und Resistenzen gelegt", so Karin Heinze, "die Inhaltsstoffe unserer Nahrungspflanzen sowie der Geschmack jedoch werden vernachlässigt. Wichtig Spurenelemente nehmen drastisch ab." Öko-Saatgutbetriebe und Vereine wie Kultursaat hingegen bemühen sich gerade um Nahrungsqualität und Geschmack sowie um die natürliche Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit der Pflanzen.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ökologischer Pflanzenzüchter ist die Erhaltung alter Sorten und damit die Bewahrung der biologischen Vielfalt an Kulturpflanzen. Sie sind ein Schatz unserer Vorfahren. Anders als die nach Patenten, Alleinherrschaft und Monopolen "süchtige", sogenannte Life Science-Unternehmen, die Arten oder Gene lediglich als Wirtschaftsgut sehen, halten Ökologen, Naturschützer, Öko- und traditionelle Bauern sowie die biologischen Saatguthersteller die seit Jahrtausenden von Millionen von Landwirten und Gärtnern gezüchteten und weiterverbesserten Nutzpflanzen als ein Kulturgut, ein Erbe der Menschheit, das nicht patentierfähig ist und allen Menschen zur Verfügung stehen sollte. Doch im Zuge der weltweiten Industrialisierung der Landwirtschaft gehen jährlich Tausende von alten Sorten verloren. Allein in den sechs Kernländern der Europäischen Union ging die Zahl der selbständigen Bauern von 22 Millionen auf 7 Millionen zurück. Aber kaum jemand ist sich bewußt, daß jeder Bauer, der aufgibt, daß jede Hofaufgabe ein Verlust an Kultur, ein Verlust an Kulturpflanzenvielfalt bedeutet. Die Welternährungsorganisation (FAO) spricht von jährlich etwa 50.000 Kulturpflanzensorten, die einfach nicht mehr angebaut werden und damit unwiederbringlich verschwinden.

Dieser sogenannten genetischen Erosion wollte Ludwig Watschong etwas entgegensetzen, als er 1986 den Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) gründete. Zwar gibt es in einigen Ländern schon seit langem private und staatliche Genbanken, in denen ein Teil der Pflanzenvielfalt sprichtwörtlich auf Eis liegt. Doch nicht alle Arten lassen sich in Kühlschränken vor dem Aussterben bewahren. "Alte Sorten sind ein wertvolles Kulturerbe, das wir verlieren, wenn es uns beim Säen nicht mehr durch die Finger rinnt", bringt es VEN auf den Punkt.

Jetzt zu Anfang des dritten Jahrtausends können wir uns zwar rühmen zwischen Dutzenden von Fernsehsendern wählen zu können, die jedoch meist immer dieselben Hollywoodfilme bringen. Doch gleichzeitig merken wir gar nicht, wie die Vielfalt unserer Lebensmittel in den vergangenen vier Jahrzehnten drastisch verarmt ist. Wer kennt noch die "Eckendorfer Rotsprengel-Bohne" oder die "Ostfriesische Speck-Bohne"? Wer kennt noch die "Stockerauer Felderbse" oder "Haubners Frühwunder-Radieschen", die "Gelbe Wadelbirne" oder den Wirsing namens "Eiflers Liebling"? Bereits dreiviertel aller Kulturpflanzenarten, die noch im 19. Jahrhundert genutzt wurden, sind heute von unseren Äckern und aus unseren Gärten auf nimmerwiedersehen verschwunden.

Noch ist es aber nicht zu spät für viele andere Sorten. Noch gibt es eine stattliche Anzahl von Kultursorten und Arten, die wir nutzen und damit vor dem Aussterben schützen können. "Damit die Kenntnisse um die einzelnen alten Sorten bewahrt und erweitert werden können, müssen die traditionellen Sorten in ihre angestammten Lebensbereiche, die Äcker und Gärten aber zurückkehren", so VEN. Die Bewahrung alter Sorten, an der jeder, der einen eigenen oder gemieteten Garten hat, selbst praktisch mitarbeiten kann, bewahrt uns noch vor einer weiteren Gefahr. Nämlich der Gefahr, unsere Freiheit und unser Recht auf gesunde Nahrungsmittel zu verlieren. Erhalten wir die Artenvielfalt und damit auch die Konzern-Unabhängigkeit selbständiger Bauern und Gärtner nicht, werden wir eines Tages nicht mehr zwischen patentierten, genmanipulierten Sorten und Gen-Essen Marke Monsanto oder Aventis und echten, gesunden Lebensmitteln wählen können.<


Ab 2004 ist nur noch Öko-Saatgut im Bio-Anbau erlaubt

Bislang dürfen Bio-Betriebe laut EG-Bio-Verordnung auch konventionelles Saatgut für den Bio-Gemüseanbau einsetzen. Doch diese Ausnahmeregelung läuft Ende 2003 aus. Dann müssen alle Bio-Gärtner und Bio-Bauern auf Öko-Saatgut umstellen. Nur wenn eine geeignete Pflanzensorte nachgewiesenermaßen nicht als Öko-Saatgut erhältlich ist, darf noch auf konventionelle Sorten ausgewichen werden.<

Gen-Saatgut bedroht EU durch Hintertür

Setzen auch Sie sich dafür ein, daß unsere Kulturpflanzen nicht durch Gen-Pflanzen schleichend verändert werden. Die von der Industrie-Lobby beeinflußte Europäische Kommission hat nämlich im vergangenen Jahr einen Richtlinienentwurf zur Gentechnik vorgelegt, der langfristig zum Abschied von echter, gentech-freier Landwirtschaft in Europa führen könnte. Denn der Entwurf erlaubt die "Verunreinigung" von Saatgut mit genetisch veränderten Organismen von 0,3 bis 0,7 Prozent, ohne dies Kennzeichnen zu müssen. Bisher ist eine Verunreinigung von lediglich maximal 0,1 Prozent erlaubt. Dieser Versuch der EU-Kommission, die Gentechnik durch das Hintertürchen den Europäern aufzuzwingen, muß gestoppt werden. Helfen Sie dabei mit. Bereits über 60.000 Unterschriften wurden gegen die Erlaubnis von gentechnisch verunreinigtem Saatgut gesammelt. Wie überlebenswichtig die Abwehr der Gen-Pflanzen gerade für die Biobauern und Biobranche insgesamt ist, zeigt ein Beispiel aus Kanada. Dort bauen konventionelle Raps-Bauern inzwischen praktisch nur noch genmanipulierte Sorten an, mit der Folge, daß jetzt auch der kanadische Bio-Raps mit den "Frankenstein-Genen" des Gen-Rapses "verseucht" ist. Dieser "Gen-verunreinigte" Bio-Raps ist dadurch in Europa unverkäuflich. Selbst die Bio-Imker Kanadas haben inzwischen Probleme, weil sich Spuren des genveränderten Rapses auch in ihrem Honig wiederfinden, weshalb er nicht mehr als gentechnikfrei gelten kann. Weitere Informationen unter: www.saveourseeds.org / www.zs-l.de<

Sind Ratten intelligenter als Menschen?

Die Nahrungsmittelskandale der letzten Jahre und Monate scheinen wieder vergessen. Aus kurzzeitig gesundheitsbewußten Menschen sind wieder "Schnäppchenjäger" und "Schnäppchenjägerinnen" geworden, die sich in Deutschland wieder massenhaft auf die Billigstwaren der konventionellen Food-Industrie und Einzelhandelskonzerne stürzen. "Bio" scheint wieder out zu sein. Nicht so bei den Ratten. Bei Fütterungsversuchen am Boltzmann-Institut in Wien zeigten sich Ratten als ökologische Feinschmecker. Sie bevorzugten Futter aus dem Bio-Anbau und ließen die konventionellen Möhren und Rote Bete links liegen.<

Drastischer Artenschwund im Garten auf dem Acker

Bereits dreiviertel aller Kulturpflanzenarten, die noch im 19. Jahrhundert genutzt wurden, sind von unseren Äckern und aus unseren Gärten auf nimmerwiedersehen verschwunden. Nach weiteren Schätzungen der Welternährungsorganisation (FAO) gehen jährlich weitere 50.000 Sorten verloren.<

Rot-Grün erlaubt Gentech-Mais in Deutschland

Im vergangenen Jahr erlaubte das Bundessortenamt den Verkauf und Anbau von 50 Tonnen von zehn gentechnisch veränderte Mais-Sorten in Deutschland. Bauern, die diese Gentech-Sorten wie Bt-Mais oder den Basta-resistenten Aventis-Mais anbauen, müssen dabei weder ihre Anbauflächen kennzeichnen, noch müssen sie den geernteten Gen-Mais gesondert vermarkten. Sie dürfen ihn mit herkömmlichen Mais vermischen und so verkaufen.<

Die Kartoffel ist Gemüse des Jahres 2003

Lateinisch heißt sie Solanum tuberosum L. Die Rede ist von der Kartoffel, die nun zum Gemüse des Jahres 2003 ausgerufen wurde. Da die konventionelle Landwirtschaft weltweit immer mehr Flächen beansprucht und nur sehr wenige Kartoffelsorten anbaut, ist die Vielfalt dieser alten Kulturpflanze. Deshalb ruft der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) dazu auf, die noch vorhandenen alten Kartoffelsorten zu bewahren und weiter anzubauen. Jeder kann mitmachen. Retten Sie alte Kartoffelsorten wie die 1880 gezüchtete Kartoffel namens Vitelotte, die eine schwarzblaue Schale und ein blau-weiß marmoriertes Fleisch hat. Weitere Infos bei VEN, Tel. 05306-1402, www.nutzpflanzenvielfalt.de.<

Wem gehört die Gen-Bank der DDR?

Wußten Sie, daß die ehemalige DDR eine größere "Gen-Bank" als die Bundesrepublik Deutschland aufgebaut hatte. Die pflanzengenetische Sammlung der Akademie der Wissenschaften der DDR umfaßte mit 95.936 Mustern fast doppelt soviel Gen-Ressourcen als die westdeutsche Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft. Nun kümmert sich das "Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzensorten" um diesen ostdeutchen Gen-Schatz.<

Weitere Informationen:

Kultursaat - Verein zur Förderung der biologisch-dynamischen Gemüseanzucht, Auguste-Viktoria-Str. 4, 61231 Bad Nauheim, Tel. 060-32-918617, www.kultursaat.org/verein.html

Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN), Sandbachstr. 5, 38162 Schandelah, Tel. 05306 - 1402, www.nutzpflanzenvielfalt.de

Naturgarten e.V. - Verein für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung, München, Tel. 089-5234770, Email: naturgarten@yahoo.com

Bestelladressen von ökologischen und alten Saatgut und Pflanzensorten

Bingenheimer Saatgut AG, Kronstr. 24, 61209 Echzell, Tel. 06035-1899-0, Email: info@oekoseeds.de / www.oekoseeds.de

Versandgärtnerei Strickler, Lochgasse 1, 55232 Alzey-Heimersheim, Tel. 06731-3831, www.gaertnerei-Strickler.de

Dreschflegel-Versand, Postfach 1213, 37202 Witzenhausen, Tel. 05542-502744, www.dreschflegel-saatgut.de

Naturwuchs-Gärtnerei, Bardenhorst 15, 33739 Bielefeld, Tel. 0521-8751500, www.naturwuchs.de

Syringa Samen, Postfach 1147, 78245 Hitzingen-Binningen, Tel. 07739 - 1452, www.syringa-samen.de

Lesetipps

"Saatgut", BUKO Agrar Koordination, Forum für Internationale Agrarpolitik, Schmetterling-Verlag, 1998, ISBN 3-89657-002-1

"Nutzpflanzenvielfalt erhalten - Ein Leitfaden für den Anbau von alten Gemüsesorten, Kräutern und Färbepflanzen", 2002 herausgegeben u.a. vom in München ansässigen Internationalen Netzwerk für Kultur und Artenvielfalt (INKA) und vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) in Schandelah. Der Leitfaden kostet 7 Euro. Bestelladresse: INKA, Telefon 089-45911919, Fax 45911920, Email info@inka-ev.de

 
Quelle: Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
http://www.derspatz.de/
derSpatz@t-online.de
    

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