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Umweltschutz   
Anschlag auf Kompost
von Norbert Suchanek
Unausgegorene Novellierung der Bodenschutzverordnung schützt vor allem Kunstdüngerindustrie und fördert Müllverbrennungsanlagen

"Der Boden ist für uns Lebenswichtig", sagt die Umweltkommissarin der Europäischen Union Margit Wallström. Ohne die relativ dünne Schicht an fruchtbarem Boden gibt es weder bio- noch konventionelle Landwirtschaft. Doch jährlich gehen allein in Deutschland durchschnittlich etwa 20 Tonnen Mutterboden je Hektar verloren. Laut EU-Kommission sind 157 Millionen Hektar europäische Böden bereits von Erosion bedroht. Weltweit verlieren wir 16 bis 300 mal mehr Mutterboden als nachgebildet wird. Bereits 15 Prozent der Landoberfläche unseres Planeten, so die Zahlen der UN-Umweltbehörde (UNEP), sind degradiert. Bodenschutz ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben eines jeden Landes. Nun hat die deutsche Bundesregierung eine Novellierung der Bodenschutzverordnung vorgelegt, die allerdings im schlimmsten Fall das Gegenteil zur Folge hat, weil sie die Verwendung von Kompost zur Verbesserung der Böden deutlich einschränkt. Bodenschutz und Bodenverbesserung gehen jedoch schon seit Jahrtausenden Hand in Hand wie ein Beispiel aus Brasilien zeigt.

Im brasilianischen Amazonasgebiet wächst nicht nur tropischer Regenwald. Besonders in Südamazonien gibt es auch weite Savannengebiete, die allerdings mit artenreichen Waldinseln gespickt sind. Lange Zeit dachten westliche Forscher, diese vor pflanzlichem und tierischem Leben sprühenden Waldinseln seien natürlichen Ursprungs, seien von Menschen unangetastete Wildnis. Erst der Ethnobiologe Darrell Posey fand in den 1980er Jahren heraus, daß diese Waldstücke menschengemacht sind. Amazonasindianer wie die zu den Kayapó gehörenden Mebengokre haben die Waldinseln, die sie selbst Apete nennen, in der Savanne angelegt. Und das obwohl der Savannenboden so gut wie unfruchtbar und fast ohne verwertbare Pflanzennährstoffe ist. Posey: "Die Erschaffung von Waldinseln in tropischen Savannen zeigt, in welchem Ausmaß die Mebengokre ein Ökosystem verändern können, um dessen biologische Vielfalt zu erhöhen." Wichtigste Basis für diese Meisterleistung sei ein detailliertes Wissen der ursprünglichen Amazonasbevölkerung über Bodenfruchtbarkeit und wie diese erhöht werden kann. Denn um eine Waldinsel anzulegen, müssen die Mebengokre zuerst den an Nährstoffen armen Boden verändern. Die Indianer nutzen dazu zum Beispiel die nährstoffreiche Erde von Termitenhügeln und Teile spezieller Ameisennester. Durch Zugabe weiteren organischen Materials und verschiedenster, aus Pflanzenresten hergestellter Aschen verändern die Mebengokre schließlich konsequent die Bodenbeschaffenheit, bis er Nährstoff- und Humusreich ist, um die von ihnen gewünschten Pflanzenarten und Bäume zu tragen und zu ernähren. Die Indianer verbessern aber nicht nur die Böden der Savanne. In ganz Amazonien, so Posey, "gibt es zahlreiche Indianergruppen, die wie die Mebengokre bis heute Bodenmanagement betreiben und die Fruchtbarkeit und Produktivität der Böden erhöhen."

Ähnliche Beispiele von traditionellen Völkern und bäuerlichen Kulturen, die gezielt die Fruchtbarkeit der verschiedensten Bodenarten zum Vorteil für Bodenschutz, Landwirtschaft und Artenvielfalt seit Jahrhunderte oder Jahrtausenden verbessern, lassen sich auf allen Kontinenten finden. Doch in Deutschland wird dies schon bald wahrscheinlich nicht mehr möglich sein, wenn es nach dem Willen der rot-grünen Regierung geht. Denn sie hat eine neue Bodenschutzverordnung ausgebrütet, die als Konsequenz die Verbesserung von nährstoffarmen Böden mittels organischem Dünger wie Kompost faktisch unmöglich macht. So kritisiert das in Hamburg ansässige und privat finanzierte Umweltinstitut EPEA (Environmental Protection Encouragement Agency): Die geplante Novellierung der Bodenschutzverordnung werde statt den Boden zu schützen, die Neubildung von Boden gefährden, die Bodenerosion und den Eintrag von schwermetallhaltigem Kunstdünger fördern sowie zur Vernichtung von wertvollen Nährstoffen führen. Ein Großteil der mühsam von den Bundesbürgern in der Biotonne getrennt gesammelten und zu Kompost verarbeiteten Abfälle von jährlich rund 9 Millionen Tonnen würden statt in den Gärten oder auf dem Acker in den Müllheizkraftwerken landen.

Doch um was geht es bei den von den Bundesministerien für Umwelt (BMU) und Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) vorgelegten Bodenschutzplänen?

Kern des unter dem Titel "Gute Qualität und sichere Erträge" vorgestellten Regierungskonzeptes ist die Festlegung neuer Grenzwerte für den Schwermetallgehalt von organischen Düngemitteln, die deutlich unter den derzeit gültigen Werten liegen sollen. Strengere Grenzwerte klingen zunächst nach einem besseren Verbraucher- und Umweltschutz. Doch wird im vorliegenden Fall das Kind offensichtlich mit dem Badewasser ausgeschüttet. Denn das Konzept basiert auf dem neuen ministeriellen Denkmodel, das "Gleiches zu Gleichem" lautet. Nährstoff- und relativ Schwermetallreiche Tonböden dürfen demnach mit Kompost gedüngt werden, der ähnlich hoch mit Schadstoffen belastet ist. Auf nährstoffarmen Sandböden hingegen darf nur noch organischer Dünger ausgebracht werden, der extrem arm an Schwermetallen ist. Doch weil es einen solchen Kompost praktisch kaum gibt, habe dies nach Meinung der Bundesgütegemeinschaft Kompost zur Folge, daß bis zu 90 Prozent der erzeugten Komposte nicht mehr auf landwirtschaftlich genutzte Flächen aus Sandböden gelangen dürften. Dies wäre ein potentieller Rückschritt, wenn nicht sogar der Ausstieg aus der biologischen Kreislaufwirtschaft, befürchtet des EPEA, das sich in ihrer aktuellen Studie "Die Rolle der Bioabfallkompostierung in der Kreislaufwirtschaft" mit den Folgen des rotgrünen Bodenschutzkonzepts beschäftigt hat.

"Kompost ist als erneuerbare Ressource nicht nur Nährstofflieferant, sondern leistet als Humusbildner einen zentralen Beitrag zur Bodenverbesserung und vermindert darüberhinaus den weltweit problematischen Verlust fruchtbarer Böden durch Erosion", erläutert die EPEA-Wissenschaftlerin Karina Nikov. Die Bundesregierung mache mit ihrem Ansatz, den organischen Dünger als Schadstoffquelle zu behandeln, einen fatalen Fehler. Kompost sei ein Produkt des biologischen Kreislaufes und keine Quelle für Schwermetalle, sondern ein Abbild, das lediglich die Schadstoffbelastung der Böden wiedergebe. Wenn die Bundesregierung wirklich effektiv den Schwermetalleintrag auf unsere Böden verringern wolle, müsse sie die tatsächlichen Schwermetallquellen wie die Schadstoffemissionen der Industrie oder die mit Schwermetallen und radioaktiven Substanzen belasteten mineralischen Düngemittel beseitigen. Noch immer dürfe beispielsweise das gefährliche Schwermetall Cadmium in der Industrie und selbst im Kinderspielzeug verwendet werden. Schließlich sei es überhauptnicht nachvollziehbar, daß nach den Regierungsplänen zwar organischer Dünger strenge Schwermetallgrenzwerte einhalten muß, der teilweise stark mit Cadmium belastete mineralische Phosphatdünger aber auch künftig ungeregelt auf die Äcker ausgebracht werden dürfe. Schon allein deshalb fordern nicht nur das EPEA sondern auch der Deutsche Städtetag, der Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten sowie die Umweltschutzverbände BUND und NABU zumindest die Gleichbehandlung aller Düngemittel. Doch diese ist wahrscheinlich gar nicht im Sinne der Bundesregierung. Wie das EPEA mutmaßt, entstand das Regierungskonzept "Gute Qualität und sichere Erträge - Wie sichern wir die langfristige Nutzbarkeit unserer landwirtschaftlichen Böden?" womöglich sowieso weniger aus Sorge um die Gesundheit unserer Böden und Grundnahrungsmittel, sondern mehr aus Sorge um die Überkapazitäten der vielen Müllverbrennungsanlagen in Deutschland.

Fazit des EPEA: Nicht Kompost, sondern die geplante Novellierung der Bodenschutzverordnung gehört in die Müllverbrennung. "Konsequente Kreislaufschließung ist Voraussetzung für nachhaltigen Bodenschutz", so Karina Nikov. "Um auch die Ernährung zukünftiger Generationen zu sichern, muß Kompost den Weg zurück auf die Felder finden." Dies wäre übrigens auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Denn Kompost ist - wie Holz - ein Kohlendioxid-Speicher und verstärkt die Speicherfunktion des Bodens für Kohlenstoff.<


Weitere Informationen zum Thema im Internet unter:
www.epea.com
www.verbraucherministerium.de
www.bmu.de


(Foto auf Anfrage: Bodenerosion wie hier in Brasilien ist ein globales und nationales Problem. Doch ohne Kompost läßt sich die Degradierung der Böden kaum verhindern. Die von der Bundesregierung geplante Neufassung des Bodenschutzes könnte paradoxerweise den Einsatz von Kompost in Deutschland teilweise unmöglich machen./ Foto von Norbert Suchanek)


Autor: Norbert Suchanek, Siemensstr. 13, D-84513 Töging am Inn, Tel. 08631-928 632
 
Quelle: Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
http://www.derspatz.de/
derSpatz@t-online.de
    

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