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Politik   
Expertentagung fordert Entkriminalisierung von Cannabis
Christa Nickels, Koordinatorin der AG Drogenpolitik, zieht eine Bilanz der Fachtagung "Cannabispolitik im europäischen Vergleich":

Eine vernünftige und wirklichkeitsnahe Drogenpolitik muss die Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten beenden. Darin waren sich die Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis einig, die sich zur Fachtagung der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen eingefunden hatten.

Der Umgang mit Cannabisdelikten in Deutschland ist juristisch höchst widersprüchlich: Den Erwerb und Besitz von Cannabis muss die Polizei verfolgen, obwohl der Konsum geringfügiger Mengen nach einem Verfassungsgerichtsurteil von 1994 straffrei gestellt worden ist. Das hat in der Praxis zu großen Problemen geführt, wie der Münsteraner Polizeipräsident Hubert Wimber eindrucksvoll dargestellte: Die Polizisten arbeiten entweder für den Papierkorb - oder sie riskieren eine Anklage wegen "Strafvereitelung im Amt", wenn sie darauf verzichten, geringfügige Delikte zur Anzeige zu bringen.

Die Kriminalisierung von Cannabis ändert kaum etwas am Konsumverhalten. Sie bindet aber die Kapazitäten der Polizei in unverhältnismäßiger Weise und bringt hunderttausende vor allem junger Menschen in Konflikt mit dem Rechtsstaat. Es gibt jährlich 40 000 Alkoholtoten, aber keinen einzigen Cannabistoten. Angesichts dessen ist die Kriminalisierung von Cannabis auch nicht mit Verweis auf den Schutz der Volksgesundheit zu begründen. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass die ältere Generation ihre Lieblingsdroge Alkohol hier auf Kosten der jungen Generation verteidigt. Wir müssen Cannabispolitik endlich auf dem Boden der gesellschaftlichen Wirklichkeit betreiben.

In England werden Cannabisbesitz und -konsum demnächst nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet, wie Mike Trace von der Europäischen Beobachtungsstelle Drogen und Drogensucht berichtete. Dies wäre auch in Deutschland möglich, wenn das bisherige Legalitätsprinzip, das die Ordnungsbehörden zur Strafverfolgung zwingt, zu einem Opportunitätsprinzip herabgestuft würde. Die Einbindung in internationale Suchtstoff-Abkommen ist dabei nach Ansicht der Experten kein Hindernis: Diese Abkommen richten sich in erster Linie gegen den Handel, nicht gegen den Konsum.

Vordringlich ist jetzt die Entkriminalisierung der Konsumenten sowie die Novellierung der Fahrerlaubnisverordnung, auf deren Grundlage derzeit bereits der bloße Besitz von Cannabis zum Führerscheinentzug führen kann. Zudem brauchen wir mehr evidenzbasierte, suchtstoffübergreifende Präventionsforschung. Langfristig muss allerdings auch das Problem des Eigenanbaus und Handels angegangen werden: Wir wollen keine unkontrollierte Freigabe, aber eine geregelte Abgabe. Nur auf diese Weise können wir sowohl Jugend- als auch Verbraucherschutz und einen vorbeugenden Gesundheitsschutz sicherstellen.


 
Quelle: Bündnis 90/ Die Grünen Bundesvorstand, D-10115 Berlin
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