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Presse-Stelle:  Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
Rubrik:Familie, Reise, Erholung    Datum: 05.04.2002
Ökotourismus auf Kosten des Südens
Das Internationale UN-Jahr des Ökotourismus - Heftige Kritik aus dem Süden von Norbert Suchanek
Das internationale Jahr des Ökotourismus hat begonnen. Haben Sie es bemerkt? Nein? Macht nichts. Die meisten Menschen der westlichen Industriestaaten werden nichts davon bemerkt haben. Denn das von den Vereinten Nationen (UN) ausgerufene und nun eingeläutete "Jahr des Ökotourismus" betrifft in erster Linie die Bewohner der südlichen und östlichen Hemisphäre, wo vom Massentourismus noch unberührte Gebiete als neue Destinationen für die Spezies der Devisen bringenden Natururlauber aus dem Westen verstärkt entwickelt werden sollen.

"Der Ökotourismus ist ein Wirtschaftszweig, der sich auf Ökosysteme mit reicher biologischer Vielfalt abstützt", schreibt die International Support Group for Sustainable Tourism. Die längst überfällige Ökologisierung des Tourismus hingegen ist nicht Thema des International Year of Ecotourism (IYE).

Die Veranstalter des IYE - die von Reisekonzernen mitbestimmte Welttourismusorganisation (WTO) und die UN-Umweltbehörde (UNEP) - verstehen unter "Ecotourism" lediglich die touristische Nutzung von Naturräumen nach westlichem Modell. Dabei redet die Branche gerne von "nachhaltigen", "sanften", "verantwortungsbewußten" und "umweltfreundlichen" Tourismus, doch mehr als leere Floskeln sind diese Attribute nicht. Obwohl die WTO behauptet: Ökotourismus schütze die "schnell verschwindenden Ökosystem, die die größte Artenvielfalt der Erde beherbergen." Ökotourismus stelle sicher, daß einheimische Gemeinden eine Stimme in der nachhaltigen Entwicklung haben und daß sie positiv davon profitieren. Dies sind aber höchstens zu Papier gebrachte Wünschträume, die die Realität verschleiern sollen. Denn der real existierende Ökotourismus hatte für viele Menschen der sogenannten Dritten Welt bisher faktisch nur negative Folgen - Ausnahmen bestätigen die Regel.

Da die überwiegende Mehrheit der letzten noch intakten, ökologisch reichhaltigen Gebiete gleichzeitig Heimat von relativ traditionell lebenden Bevölkerungsgruppen und Ureinwohnern sind, sind sie auch vom internationalen Ökotourismusboom besonders betroffen. Vor allem die Schaffung von Nationalparks als Abenteuerspielplatz für Urlauber brachten viele indigene Völker um Land und Existenz und machte die Einheimischen zu "Zaungästen" im eigenen Land. In der Regel wurden die Ureinwohner auch gar nicht vorher gefragt, ob sie ihr Land für westliche Urlauber und westlich-orientierte Naturschützer hergeben wollen.

"Die Mitbestimmung der ansässigen Bevölkerung und ihre wirtschaftliche Teilhabe an der Tourismusentwicklung liegen nicht nur in den philippinischen Kordilleren im argen, sondern sind weithin ungelöste Probleme der verschiedensten Ökotourismusprojekte in naturnahen Gebieten des Südens", schreibt Marianne Frei vom Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung (akte) in der Schweiz. Dies bestätigt ein vom amerikanisch-indianischen Rethinking Tourism Project (RTP) und mehreren indigenen Organisationen nun unterzeichneter Brief an die UN, in dem es heißt: "Die meisten Formen von Ökotourismus sind simpler Massentourismus und dafür bekannt, daß sie verheerende Einflüsse auf die biologische Vielfalt der Ökosysteme haben". Ökotourismus schädige insbesondere Indigene Völker, die seit Generationen und Jahrtausenden die biologische Vielfalt ihrer Heimatgebiete erhalten haben. Trotzdem seien diese Gebiete und traditionellen Kulturen nun das Hauptziel der globalen Ökotourismus-Industrie.

Wenig angetan vom IYE sind gleichfalls indigene Nichtregierungsorganisationen aus Asien. Gemeinsam mit dem World Council of Churches (WCC) und der Ecumenical Coalition on Third World Tourism (ECTWT) zeigen sie sich beispielsweise besorgt über die Zunahme der Naturschutzreservate und die Ausweitung des Tourismus in diesen und anderen natürlichen Gebieten, was zur Vertreibung indigener Völker geführt habe. "Wir sehen das IYE-2002 als Teil dieses Vertreibungsprozesses durch verstärkter Privatisierung und Globalisierung", schreiben sie in ihrem aktuellen Statement an die UN. Sie fordern darin, daß alle im Namen des IYE geplanten und durchgeführten Ökotourismusprojekte gestoppt werden.

Das Tourism Investigation and Monitoring Team (Tim-Team) könnte diese Forderung bestimmt unterschreiben. Die in Thailand ansässige und zum Third World Network gehörende Organisation verfolgt seit Jahren die Entwicklung des Ökotourismus in Südostasien und kommt zum Schluß: "Ökotourismus ist ein aggressives Entwicklungsinstrument, das oft zu Umweltzerstörungen, zur Plünderung der biologischen Vielfalt, zum Zerbrechen der Gemeinden, zur Zwangsumsiedlung und Diskriminierung von Einheimischen, insbesondere von traditionellen, indigenen Völkern führt." Gerade im Hinblick auf die Globalisierung mit ihrer Strategie des "Freien Marktes" habe die Ökotourismusentwicklung weltweit nicht nur die Umweltprobleme verschärft, sondern ebenso den Ausverkauf und die Übernahme von Natur und Kultur durch Unternehmen gefördert, kritisiert Anita Pleumarom vom Tim-Team weiter. Ihrer Meinung nach ist der Ökotourismus eher eine Barriere, als ein sinnvolles Instrument zur Armutsbekämpfung und zur Nachhaltigen Entwicklung.

Diese durch wissenschaftliche Studien und jahrelangen Erfahrungen unterstützte Kritik am Ökotourismus findet allerdings kaum Eingang in die Vorstandsetagen von Weltbank, WTO und staatlichen Entwicklungsbehörden. Auch die westlichen Naturschutz- und Tourismusorganisationen wie WWF, Conservation International oder der International Ecotourism Society möchten eher nichts davon wissen. Deshalb wurden die kritischen Stimmen bei den Vorbereitungskonferenzen zum UN-Ökotourismus-Jahr weitestgehend ausgeklammert und südliche Nichtregierungsorganisationen (NGO) sowie indigene Völker von den Entscheidungsprozessen fern gehalten. Die Mechanismen dazu sind so einfach wie wirkungsvoll. Die Internationalen Ökotourismuskonferenzen finden einfach rund um den Globus verteilt in irgendwelchen x-Sterne-Hotels, Urlaubsresorts und Kongreßzentren statt und kosten obendrein noch eine satte Teilnahmegebühr. Eingeladen sind natürlich alle, die Tourismuswirtschaft wie die Vertreter von Regierungen, NGOs und Ureinwohnern. Doch welche unabhängige Dritte-Welt-NGO, welches indigene Volk hat das Geld, die Flugkosten, Unterbringung, Spesen und die Teilnahmegebühr für auch nur einen Vertreter zu bezahlen? WTO und UNEP haben zwar genug Finanzmittel, um ihren höheren Angestellten tolle Spitzengehälter und während der Konferenzen Top-Hotels zu bezahlen. Für die Reise- und Unterbringungskosten wenig betuchter Ureinwohner und südlicher Tourismuskritiker ist aber so gut wie nichts übrig. So blieben die globalen Ökotourismus-Konferenzen bisher weitestgehend geschlossene Gesellschaften, dominiert von gut bezahlten Experten der Tourismuswirtschaft, von Regierungsbeamten und lokalen Eliten sowie von westlichen NGOs, die sich diesen Konferenztourismus - dank hoher Spendenaufkommen und Sponsoren aus der Wirtschaft - leisten können. Kein Wunder also, daß sich die ethnischen Minderheiten und die große sprachlose Mehrheit in der "Dritten Welt" wieder einmal betrogen fühlen. Für das Tim-Team steht fest: "Das Internationale Jahr des Ökotourismus war von Beginn an inakzeptabel. Also laßt es uns verschrotten."

Das gleiche läßt sich wahrscheinlich auch zum deutschen Beitrag zum Ökotourismus-Jahr sagen, dem neuen Ökotourismus-Zeichen "Viabono".
Ein Zeichen ist so gut wie die Mitglieder, die dessen Inhalt bestimmen. Öko-Bauern, die tatsächlich umweltfreundlichen Urlaub auf dem Bauernhof inclusive Bio-Verpflegung anbieten, sind bei Viabono jedoch nicht vertreten. Dafür aber der ADAC, der größte deutsche Automobilclub. Die von ihm mitverantworteten Blechlawinen, die seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts alljährlich in den Ferien von Nord nach Süd die Alpen durchqueren, machen ihn nicht unbedingt zu einem idealen Partner für "umweltfreundlichen Tourismus." Auch der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), dessen Chef noch im vergangenen Jahr vehement den Ausbau von Flughäfen forderte, ist selbstverständlich bei Viabono mit dabei. Doch vielleicht ist "grüner" Pessimismus gar nicht angebracht, und Viabono ist mehr als nur eine "Grün-Waschanlage" oder ein "Grünes Mäntelchen". Vielleicht will der ADAC tatsächlich künftig seinen PS-starken Mitgliedern und flotten Mitgliederinnen die Urlaubsreise in den Süden per Auto verbieten? Und vielleicht wird auch der BTW künftig seinen Verbandsmitgliedern mit Ausschluß drohen, wenn sie weiterhin extrem umweltschädliche Städtekurzreisen per Flugzeug und die sozial sowie ökologisch besonders fragwürdigen ein- bis zweiwöchigen All-Inclusive-Trips in die Tropen anbieten? Mal sehen!<



Das Thema "Nationalparks und (Natur-)Ökotourismus" wird auch in "Mythos Wildnis", dem neuen Buch von Norbert Suchanek kritisch behandelt.
"Mythos Wildnis", erschienen im Schmetterling-Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-89657-574-0,
Bestellung: info@schmetterling-verlag.de.
Internet: www.schmetterling-verlag.de


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