Newsletter Juli 2001
Übersicht:
Das 30. Bundes-Ökologie-Treffen hat eine Resolution
verabschiedet mit dem Titel "Kyoto-Protokoll wegschmelzen! Klimakonferenz
verhindern". Darin sprechen sich die TeilnehmerInnen deutlich gegen jegliche
weitere Verhandlung über die auf der Bonner Konferenz im Juli anstehenden
Fragen zum Klimaschutz aus. "Das Protokoll ist eindeutig
auf die Interessen der Wirtschaft ausgerichtet, und trägt keineswegs
zum Klimaschutz bei", heißt es bereits in der Einleitung. Kritisiert
werden der Emissionshandel sowie etliche weitere Mechanismen des Klimaschutzes,
die nur dem Profit von Konzernen und einer Verschärfung der Ungerechtigkeiten
weltweit dienen, nicht aber dem Schutz von Mensch und Umwelt (Infoseite
zu Klima unter www.projektwerkstatt.de/aktuell/klimak.htm).
Die Resolution gegen das Kyoto-Protokoll ist nicht die
einzige Stimme gegen die Bonner Klimakonferenz. Österreichische Umweltverbände
(unter anderem der WWF und das Ökologie-Institut in Wien) veröffentlichten
in der aktuellen Zeitschrift "Energiewende" einen Text gegen das Kyoto-Protokoll.
Dieser stammt aus dem Klimabündnis der Städte. Gegen das Kyoto-Protokoll
und die Klimakonferenz in Bonn sprach sich inzwischen auch Hermann Scheer,
SPD-Bundestagsabgeordneter und Präsident von Eurosolar aus (FR vom
13.6.2001).
Kontakte für Interviews, Nachfragen usw. - Institut für Ökologie, Fachbereich Politik & Wirtschaft: Jörg Bergstedt, 06401/903283 - Hintergrundkritik an Rio-Prozessen, Agenda 21 usw.: Jörn Hartje, 04533/792259 - BUNDjugend Tübingen: Jasmin Dean, 07071/552517
Kurzmeldungen: Die Aktion des Monats: Von Bonn nach Genau am 19.7 ¹ der Gratiszug Am Donnerstag, den 19.7., startet abends aus den Aktionen
gegen die Klimakonferenz heraus der Gratiszug zum G8-Gipfel nach Genua.
Die Planungen stehen, die konkreten Aktionen sind Sache von Basisgruppen
und regionaler Vernetzung. Der Gratiszug soll Klimakonferenz und G8-Gipfel
als Symbole angreifen und selbst Aktionsform gegen die Vermarktwirtschaftlichung
der Welt sein.
Der ausgewählte Zug Er startet am Donnerstag, den 19.7. abends, in Bonn Richtung Italien. Dieser Tag ist einer der Aktionstage gegen die Klimakonferenz in Bonn und das dort verhandelte Kyoto-Protokoll, nach dem das Recht auf Luftverschmutzung auf Staaten und Konzerne verteilt werden soll, diese dann handelbar sind und sich so bei den reicheren Ländern und Konzernen sammeln werden ¹ Ungerechtigkeiten und Ausbeutungsverhältnisse steigen. Kyoto wird zudem den Weg freimachen für eine rechtlich abgesicherte Form der Umweltverschmutzung (Atomkonsens läßt grüßen ...) und soll neue Atomkraftwerke als Klimaschutzmaßnahme populär machen. Aus einem druckvollen Aktionstag heraus soll dann der Zug bestiegen werden. Wer nicht zu den Aktionen kommt, sollte spätestens
gegen 20 Uhr in Bonn sein.
Politische Ziele Der Zug soll mindestens zweierlei bewirken: Die Forderung nach einem Leben ohne den Zwang zur marktwirtschaftlichen Reproduktion, d.h. freie Befriedigung der Grundbedürfnisse nach Essen, Kultur, Wissen, Mobilität usw. Und der Protest gegen Kapitalismus und Herrschaft, symbolisiert durch die Klimakonferenz in Bonn (Abfahrtsort) und den G8-Gipfel in Genua (Ankunftsort ... hoffentlich ...). Der Zug ist Aktion an sich, also nicht nur Transportvehikel. Diese Aktion gelingt, wenn sich nicht nur viele beteiligen, sondern auch vorbereiten ¹ Blockaden, inhaltliche Beiträge, Transparente, Flugblätter, Pressearbeit, Gespräche mit den Fahrgästen im Zug und auf den Bahnsteigen, Aktionen an den weiteren Zustiegsorten Koblenz, Mainz, Frankfurt-Flughafen (Abschiebe-Flughafen!!!), Mannheim und Karlsruhe. Und vieles mehr. Je bunter, desto besser. Und druckvoll! Infos: www.projektwerkstatt.de/gratiszug
Großer Internetbereich für politische Aktionen: Die "Virtuelle Projektwerkstatt" Neu entstanden ist in den vergangenen Monaten ein umfassendes Internetangebot für politisch Aktive, in dem die Vielfalt von Gruppen, Angeboten, Informationen usw. voll zu Geltung kommen. Die "Virtuelle Projektwerkstatt" und der einprägsamen Internetadresse "www.projektwerkstatt.de" schafft auf vielen Hundert Webseiten, gut sortierten Link-, Termin- und Adressenseiten sowie über vielfältige thematische Seiten einen Überblick über das aktuelle Geschehen. Dabei werden die technischen Möglichkeiten des Internets, durch Verlinkungen mit Internetangeboten anderer Gruppen noch mehr Transparenz zu schaffen, intensiv genutzt. Die "Virtuelle Projektwerkstatt" ist eine der wenigen politischen Internetseiten, wo nicht nur die Angebote einzelner Organisationen zu finden sind, sondern ganz unterschiedliche Informationen zusammengestellt sind. Wer auf der Suche ist nach Aktionsberichten, Ankündigungen, Diskussionen usw. über politische Vernetzung oder ganz konkrete Aktionen vom Castor bis zum Weltwirtschaftsgipfel, findet in der www.projektwerkstatt.de einen optimalen Einstieg. Auf der Seite, die die Idee der "Virtuellen Projektwerkstatt"
beschreibt, heißt es zur Idee der Seite: "Die "virtuelle Projektwerkstatt"
begreift sich als Teil politischer Bewegung, deren Strategien uns oft fremd
sind. Wir streiten für eine offene Bewegung von unten, in der die
Vielfalt zählt, in der die einzelnen Teile zwar streiten, aber in
Anerkenntnis der Autonomie der Teile. Zu unsere Ideologie gehört die
"Freie Kooperation" (siehe die grundlegende Beschreibung bei Christoph
Spehr) und die Idee der "Freien Menschen in Freien Vereinbarungen" (beschrieben
von der Gruppe Gegenbilder, siehe Diskussionsforum dazu). Diese gesellschaftlichen
Entwürfe wollen wir auch in der politischen Arbeit verwirklichen.
Wir sind FreundInnen der horizontalen Vernetzung, also des gleichberechtigen,
kritisch-solidarischen Miteinanders selbstorganisierter Basisgruppen, Vernetzungen
und Projekte."
Neuerscheinung: Die Junior Regenbogenkämpfer Mappe Die neueste Publikation der JUP (Jugend-Umwelt-Projektwerkstatt) Bad Oldesloe ist da: Die Junior Regenbogenkämpfer Mappe. Sie wird gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk herausgegeben. 125 Seiten spannende Umweltschutzaktionsideen, reich illustriert, warten in dem praktischen Ringordner auf tatenlustige Kinder und Jugendliche. Die 4 Freunde Finn, Franzi, Jana und Lennart, die eine Umweltgruppe gründen wollen, werden im ersten Kapitel erstmal vom Leser durch eine brenzlige Geschichte bugsiert, deren Verlauf der Leser selbst anhand von nummerierten Abschnitten bestimmen kann. Nachdem das erste Hindernis der Gruppengründung überwunden ist, geht es auch schon los ins Abenteuer Umweltschutz. Die Kinder spielen Umweltdetektive, sammeln Infos, machen Berichte für die Presse, sie verbringen auch einfach mal so einen Tag im Wald zum Genießen und Tiere beobachten, sie basteln eigene Naturstromanlagen, und müssen sich auch mit schwierigen Themen wie Geld beantragen und Gesprächen mit Politikern herumschlagen. Die flotte Aufmachung der Mappe und die kindergerechten Formulierungen bringen die in vielen Jahren Kinder- und Jugendarbeit gesammelten Erfahrungen der Autorin Jutta Sundermann gut rüber und motivieren zum Nachmachen und selber-Ideen-entwickeln. Die Mappe ist in der neuen Rechtschreibung verfasst und
auf 100% Recyclingpapier gedruckt. Anzufordern ist sie für 24,80 DM
zuzüglich 6,- DM für Porto und Verpackung (für Sammelbestellungen
und Weiterverkäufer gelten Sonderkonditionen) bei der JUP!, Turmstr.
14a, 23843 Bad Oldesloe, Tel.: 04531/792259, Fax: 04531/7116, eMail: jup@inihaus.de
oder Infostelle Kinderpolitik beim Deutschen Kinderhilfswerk e.V., Rungestr.
20, 10179 Berlin, Tel.: 030 275 60 231, Fax: 030 279 56 34, http://www.kinderpolitik.de,
http://www.kindersache.de
Termine Ende Juni bis Ende Juli: Fahrradkarawane zum G8 nach Genua. Abfahrt am Hüttendorf A33 bei Bielefeld. Infos: http://www.huettendorf.de/ Vorträge zur Kritik am Kyoto-Protokoll und Aktionen gegen die Klimakonferenz: Montag, 9. Juli, 19.30 Uhr in dem griech. lokal philoxenia
(clemens-auguststrasse 38, bonn)
Ab 16.7.: Klima-Konferenz und Aktionen dazu in Bonn. Infos: www.risingtide.de und www.projektwerkstatt.de/aktuell/klimak.htm Ab 16. Juli in Bonn
Genauer:
19.7. von Bonn nach Genua: Gratiszug gegen Markt und Macht.
Infos: www.projektwerkstatt.de/gratiszug
20.-29.7. auf der Burg Lutter am Barenberge: A-Camp 2001 (Info: a-camp2001@gmx.net bzw. unter www.a-camp.de) 20.-22.7.: G8-Gipfel in Genua (Infos: www.menschenstattprofite.de/genua
und www.genoa-g8.org)
27.7.-5.8. bei Frankfurt: Grenz-Camp ... diesmal gegen die Abschiebegrenze am Frankfurter Flughafen 28.7.-5.8. Wendlandcamp Vorschau:
5.-24. August: Politische Werkeltage in der Projektwerkstatt Saasen. Infos: www.projektwerkstatt.de/saasen September
Hintergrund: Klimaschutz von unten
Grundlagen
Der Gegenentwurf lautet: Umweltschutz von unten! Grundlegende Überlegung ist, daß die Möglichkeit der Ausbeutung von Rohstoffen und der Verlagerung der Folgen in die Peripherien und entfernten Länder zu einem zerstörerischen Umgang mit der Umwelt geführt haben. Menschen, die frei entscheiden können, werden dagegen in der Regel nicht Maßnahmen ergreifen, die ihre eigene direkte Lebensqualität senken. Der Egoismus als Drang des Menschen zu einem subjektiv besseren Leben wird dann zum Antrieb, die Umwelt zu schützen, wenn der Mensch tatsächlich ...
Schon seit einigen Jahren bestehen die technischen Möglichkeiten, in der Energieerzeugung vollständig regenerative (und damit CO2-neutrale!) Quellen zu nutzen sowie in vielen anderen Bereichen den Ausstoß von Treibhausgasen wesentlich zu minimieren. Dazu ist der schrankenlose Transfer der Technik nötig:
Quellen:
Aus folgenden Gründen ist das Kyoto-Protokoll zu verhindern: 2. Kyoto dehnt marktwirtschaftliche Verwertungslogiken aus Im Kyoto-Protokoll geht es um verschiedene treibhauswirksame
Gase, allen voran das CO2. Gemessen wird alles in CO2-Äquivalenten.
Damit werden die Voraussetzungen für eine Vermarktung der Luft geschaffen,
das bedeutet Profit statt den Klimaschutz zu fördern. Luft wird nicht
mehr länger allen gehören, sondern das Recht, sie zu belasten,
wird kauf- und verkaufbar ¹ und damit z.B. akkumulierbar, d.h. das Recht
auf Luftbelastung wird Stück für Stück in die Hand weniger
übergehen, eben der zahlungskräftigsten und durchsetzungsstärksten
Konzerne. Kyoto bedeutet daher eine Ausdehnung der Vermarktungslogik ¹
und ist somit eine klassische Form des Neoliberalismus.
3. Die Debatte um Kyoto verhindert eine wirkungsvolle Klimaschutzdebatte Die Klimadebatte der Vereinten Nationen verschlingt gigantisches
Potential ¹ zeitlich, materiell sowie finanziell und zerstört die
Hoffnungen von vielen Menschen, denen der Klimaschutz wichtig ist. Das
geht soweit, dass inzwischen sogar die meisten Umweltverbände (zumindest
in Deutschland) auf Kyoto und immer mehr auch auf die verantwortlichen
PolitikerInnen in der Bundesregierung und EU setzen ¹ eine absurde Situation
angesichts dessen, wer eigentlich weltweit die Scharfmacher in Sachen neoliberaler
Verschärfung, Erhöhung sozialer Ungerechtigkeiten usw. sind.
4. Kyoto schafft eine rechtliche Absicherung für den Ausstoß von Treibhausgasen Mit dem Kyoto-Protokoll wird eine Vermarktungslogik von
Luftverschmutzungsrechten eingeführt. Es ist zu erwarten, daß
auch für sog. Entwicklungsländer in weiteren Phasen des Kyoto-Prozesses
Obergrenzen definiert werden. Dann wird vollendet, was jetzt beginnt: Stück
für Stück werden sich die Reichen die Emissionsrechte sichern
¹ und damit nicht nur das Recht, Umwelt weiter zu zerstören, sondern
auch die Chance, sich weiter zu industrialisieren. Die globale Ungerechtigkeit
könnte steigen. Die Industrienationen legalisieren ihre Umweltzerstörung
mit Hilfe von neuen Gesetzen ¹ Kyoto ist die rechtliche Absicherung des
Weiterbetriebs der Verschmutzungsanlagen. Eine Parallele zum "Atomkonsens"
ist unübersehbar.
Kyoto verhindern! Daraus folgt: Kyoto verhindern. Endlich wieder Umweltschutz
einfordern und verwirklichen! Staaten und Konzerne sind Verursacher von
Umweltzerstörung und sozialen Ausbeutungsverhältnissen. Die Vereinten
Nationen sind bedauerlicherweise zur Zeit von neoliberalen Staaten dominiert,
die mit ökonomischen und militärischen Mitteln ihre Interessen
durchsetzen. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass eine Kooperation
mit diesen Partnern zum Ziel führt.
Wir fordern als kurzfristige und langfristige Ziele: Wenn überhaupt in CO2-Äquivalenten gedacht werden soll, dann muß das "Recht auf Verschmutzung" den Menschen selbst übergeben werden, die diese verleihen oder in kooperative Strukturen (z.B. Energiegewinnung, Produktion) einbringen, nicht aber verkaufen können. Damit liegt die Gestaltungsmacht und die Entscheidungsfrage über den Klimaschutz bei den Menschen. Sie sind diejenigen, die unmittelbar ein Interesse an einer lebenswerten Umwelt haben ¹ nicht die Regierungen und Unternehmen, die nach dem Kyoto-Protokoll Inhaber der Verschmutzungsrechte sein sollen. Die Festlegung von CO2-Äquivalenten kann nur für eine begrenzte Zeit als Notmaßnahme gelten, weil sie immer mit Kontrolle und Festlegung von Bewertungsmaßstäben verbunden sind, die über Machtstrukturen durchgesetzt werden müssen. Langfristig fordern wir daher gesellschaftliche Strukturen ein, in denen die Menschen gleichberechtigt und unmittelbar ihre Umwelt selbst gestalten können. Wir rufen alle Menschen auf, die Weltklimakonferenz in
Bonn zu verhindern und mit lokalen Aktionen die Proteste zu unterstützen.
Diese Resolution wurde vom 30. BundesÖkologieTreffen
in Augsburg verabschiedet.
Der Umweltschutz von unten Zusammenhang ist keine feste Gruppe oder Organisation, sondern besteht aus vielen Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen, die einen anderen Umweltschutz wollen. Der Umweltschutz der letzten Jahre ist gescheitert. Der für viele zunächst hoffnungsvoll erscheinende Versuch, Konzerne und Regierungen als PartnerInnen zu begreifen, hat die Debatte um den Umweltschutz weggetragen von den konkreten Interessen und Lebenszusammenhängen der Menschen. Sie sind heute außen vorgelassen. Die Folge: Die Akzeptanz von Umweltschutzmaßnahmen ist niedrig, Windräder, Naturschutzgebiete, Verkehrsberuhigungen und vieles mehr sind angefeindeter als zehn Jahre zuvor. Die Strategie war falsch. Die geeignete Antwort ist ein Umweltschutz von unten. "Umweltschutz von unten" bezeichnet eine Art von Umweltschutz,
bei der die Menschen zu den AkteurInnen werden: Die Straßen, Häuserblöcke
und Landschaften werden von den Menschen gestaltet, die in ihnen leben.
"Demokratisierung von Flächen- und Rohstoffverbrauch" heißt
das Gegenkonzept zu Ordnungsrecht, Planung von oben, Durchsetzung ökologischer
Ziele durch Behörden oder über Eigentumsrecht sowie den marktkonformen
Instrumentarien wie Abgaben oder Ökosteuer.
Weitere Informationen: Zur Zeit weitet sich die Debatte um den "Umweltschutz von unten" immer mehr aus: Vorträge, Workshops auf Kongressen und Seminare befassen sich mit dem Thema. Für Neu-EinsteigerInnen gibt es ein Infopaket (6 DM) sowie die Bücher "Agenda, Expo, Sponsoring", Band 1 und Quellen-CD zu "Recherchen im Naturschutzfilz, Band 2 zu "Perspektiven radikaler, emanzipatorischer Umweltschutzarbeit" (je 39,80 DM pro Buch, 49,80 DM für CD, IKO-Verlag). Infos im Internet Internet: http://go.to/umwelt, Termine unter: www.aktionsinfo.de
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