Die meisten Seen in Deutschland befinden sich nicht in dem guten ökologischen Zustand, wie er von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bis 2027 gefordert wird: Die vielfältigen Ursachen dafür gehen laut den Forschenden hauptsächlich auf menschliche Einflüsse zurück. Auch der Wassersport wirke sich schädlich auf die besonders empfindlichen Uferzonen von Seen aus, etwa durch Wellenschlag, Uferverbauungen und infrastrukturellen Flächenverbrauch. Schiffswellen schaden den Uferzonen "Der Verkehr von großen Fahrgastschiffen und Motorbooten belastet das Seeufer. Denn die Schiffswellen wirken sich auf Tiere und Pflanzen in der Flachwasserzone aus und können zu Aufwirbelung und Verfrachtung der Sedimente führen", erläutert Frank Peeters, Professor für Umweltphysik an der Universität Konstanz. Peeters, der das Projekt leitete, führte Messungen der Schiffswellen durch und modellierte ihre Ausbreitung im See. So stellte er fest, dass die ökologische Belastung von der Häufigkeit von Schiffspassagen einer Uferstelle und der Höhe und Wellenlänge der Schiffswellen abhängt. Kleinere Schiffe erzeugen niedrigere Wellen als große. Und je langsamer das wellenerzeugende Schiff fährt, desto kleiner sind Höhe und Wellenlänge der Schiffswellen. Außerdem nimmt die Höhe der Welle mit ihrer Laufdistanz ab. Peeters empfiehlt deshalb, die Intensität der Schifffahrt und die zulässige Größe von Freizeitschiffen zu begrenzen und minimale Uferabstände für Uferparallelfahrten in Seen sowie maximale Fahrtgeschwindigkeiten vorzugeben, die den Abstandsregeln angepasst sind. "Im Bereich besonders schützenswerter Flächen sollten zudem spezifische Fahrtrouten und maximale Fahrgeschwindigkeiten vorgeschrieben werden", rät der Wissenschaftler, "und Schiffe sollten ihre Geschwindigkeit deutlich vor Erreichen einer Schutzzone verringern müssen." Besonders kritisch bei niedrigem Wasserstand Welche Flächen in der Uferzone durch Schiffswellen betroffen sind, hängt auch vom Wasserstand ab. Daher warnen die Wissenschaftler davor, die Freizeit- und Fahrgastschifffahrt auf Zeiten mit Niedrigwasser auszuweiten, wie beispielsweise im Bodensee auf das Winterhalbjahr. Sie raten dazu, zukünftig häufiger auftretende Niedrigwasserphasen bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten für eine nachhaltige Freizeitschifffahrt zu berücksichtigen. Verbaute Uferzonen Doch auch wenn die Sportboote und Fahrgastschiffe nur still im Hafen liegen, erzeugen sie Umweltprobleme. Nicht nur werden Schadstoffe wie z. B. aus herkömmlichen Antifouling-Anstrichen ins Seewasser eingetragen. Vor allem werden ökologisch wertvolle Lebensräume in der Uferzone verbraucht. Der Bodensee besitzt mit 112 Wasserfahrzeugen je qkm Seefläche bzw. etwa einem Boot pro 5m Uferlänge eine sehr hohe Bootsdichte. Verglichen mit den Bootszahlen in Deutschland und der Schweiz fallen auf den See bereits rund 10 % der gesamten Sportbootflotte dieser Länder. Allein am Bodensee nehmen etwa 618 einzelne Bojenfelder, Stege, Häfen und andere Bootsstationierungsanlagen eine Fläche von mehr als 4,4 qkm ein (Abbildung). Jeder genehmigte Liegeplatz verbraucht im Mittel 150 qm Ufer- und Wasserfläche.
Appell an politische Entscheidungsträger "Insgesamt sind die vorhandenen Daten- und Planungsgrundlagen im motorisierten Wassersport ungenügend", betont Ralf Köhler, der das Projekt für das Landesamt für Umwelt Brandenburg betreute. "Eine umwelt- und naturschutzverträgliche Entwicklung ist damit nicht zu gewährleisten." Die Autoren der Studie befürchten, dass eine Intensivierung der Fahrgast- und Sportschifffahrt auf Seen in Deutschland ("Wassertourismus") die Belastungen der Uferzonen erheblich steigern wird, wenn man keine Maßnahmen zur Lenkung des Bootsverkehrs ergreift. "Lokale Maßnahmen sind notwendig, um akuten Problemen zu begegnen und lokale Belastungszonen bestmöglich schützen zu können. Darüber hinaus sollte jedoch eine bundesweite Strategie zur Entwicklung von nachhaltigem Motorbootsport auf Seen erstellt werden, in der Gewässer- und Naturschutz angemessen berücksichtigt werden", so Ralf Köhler. Adressaten sind keineswegs nur die Behörden. "Selbstverständlich sollen auch die Skipper, die Raumplanung und die Tourismuswirtschaft in die Diskussion einbezogen werden", betont Projektleiter Peeters. Der Forschungsbericht ist auf dieser Website frei zugänglich. Projektwebsite Faktenübersicht:
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